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Der Prinz von Atrithau

Der Prinz von Atrithau

Titel: Der Prinz von Atrithau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. Scott Bakker
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Male.«
    Rechnete sie tatsächlich damit, Silber von ihm zu bekommen? Offenbar hielt sie seine Verlegenheit für Unerfahrenheit. Aber was bedeutete Geld schon an so einem Abend? Schließlich feierte er doch, oder?
    Er zuckte die Achseln und meinte: »Ein alter Mann wie ich?«
    In der Sprache dieses Metiers war der Freier gezwungen, seine Manneskraft zu verhöhnen, um einen fairen Preis auszuhandeln. Wenn er arm war, klagte er darüber, alt und gebrechlich zu sein. Esmenet hatte ihm mal erzählt, arrogante Männer würden bei diesen Verhandlungen für gewöhnlich schlecht fahren – und das war natürlich der Sinn der Sache. Huren nämlich hassen nichts mehr als Männer, die schon im Vorhinein all die Schmeicheleien glauben, die sie ihnen allererst in die Ohren streuen wollen.
    Das Mädchen aus Galeoth betrachtete ihn mit verschwommenem Blick und hatte im Dunkeln begonnen, an sich herumzuspielen. »Du bist so stark«, sagte sie mit plötzlich belegter Stimme. »Stark wie Baswutt… Zwei silberne Male, was meinst du?«
    Achamian lachte und gab sich alle Mühe, ihr nicht auf die Finger zu sehen. Der Boden hatte langsam zu kreisen begonnen. Einen Moment lang wirkte sie im Dunkeln blass, dünn und wie eine missbrauchte Sklavin. Die Matte unter ihr sah rau genug aus, um ihr ins Fleisch zu schneiden… Er hatte zu viel getrunken.
    Nicht zu viel! Gerade genug…
    Das Kreisen hörte auf. Er schluckte, nickte und nahm zwei Münzen aus der Börse. »Was heißt Baswutt überhaupt?«, fragte er und ließ das Silber in ihre kleine, wartend ausgestreckte Hand gleiten.
    »Hmmm?«, fragte sie nur, lächelte triumphierend und sackte die funkelnden Münzen ungemein rasch ein. Als er noch überlegte, was sie sich wohl davon kaufen mochte, sah sie ihn schon mit großen, fragenden Augen an.
    »Was bedeutet das?«, wiederholte er langsamer. »Baswutt…«
    Sie runzelte die Stirn, kicherte und sagte: »Großer Bär.«
    Trotz ihrer sehr weiblichen Statur erinnerte ihr Verhalten an ein kleines Mädchen: das arglose Lächeln, die rollenden Augen, ihre Knie, die sich wie Schmetterlingsflügel öffneten und schlossen. Achamian rechnete beinahe damit, dass gleich eine schimpfende Mutter hereingeplatzt käme. Gehörte das auch zur Inszenierung? Genau wie das schamlose Gerede?
    Sein Herz hämmerte wie wild, und er schwankte, fing sich aber wieder, kicherte und begann, sein Gewand hochzuschieben. Dabei warf er einen kurzen, nervösen Blick durch den Vorhang auf die schattenhaften Passanten. Sie waren so nah, dass er ihnen auf die Schienbeine hätte spucken können.
    »So ein großer Bär«, flötete sie und strich ihm über den Leib.
    Plötzlich löste sich seine Besorgnis in Luft auf, und etwas in ihm frohlockte sogar bei dem Gedanken, andere könnten zusehen. Sollen sie doch. Da können sie was lernen!
    Einmal Lehrer, immer Lehrer…
    Wie sehr hatte er sich danach gesehnt, mit einer Fremden herumzumachen!
    Sie stöhnte Silber und schrie Gold. Einige Passanten wandten den Kopf in ihre Richtung.
    Durch die Lumpen hindurch erkannte Achamian Esmenet.
     
     
    »Esmi!«, schrie er und kämpfte sich durch die Menge. Das Mädchen aus Galeoth rief ihm irgendein Kauderwelsch nach.
    Wieder sah er Esmenet. Diesmal eilte sie an einer Fackelreihe, entlang, die vor einem Lazarett der Yatwer-Priester brannte. Ein Hüne mit den verfilzten Zöpfen eines Thunyeri hielt sie am Arm, doch sie schien den Weg zu bestimmen.
    »Esmi!«, schrie er und sprang hoch, um sich zwischen all den Leuten bemerkbar zu machen. Sie drehte sich nicht um. »Esmi! Halt an!«
    Warum rannte sie weg? Hatte sie ihn mit der Schlampe gesehen?
    Was trieb sie hier überhaupt?
    »Verdammt, Esmenet! Ich bin’s!«
    Hatte sie kurz zurückgeblickt? Es war einfach zu dunkel!
    Er erwog, Hexenkunst anzuwenden. Wenn er wollte, konnte er alles ringsum blenden. Aber wie stets spürte er überall kleine tödliche Punkte: Viele Männer des Stoßzahns hatten ihr ererbtes Chorum dabei.
    Er verdoppelte seine Anstrengungen und boxte sich durch die Menge. Jemand verpasste ihm einen Schlag, der seine Ohren klingen ließ, doch das war ihm egal. »Esmi!«
    Nun zog sie den Thunyeri in eine noch dunklere Nebengasse! Achamian kam aus dem letzten Menschenknäuel gestolpert, hetzte zum Eingang der Gasse, zögerte aber, ehe er sich ins Dunkel warf, und ahnte plötzlich eine Katastrophe. Esmenet hier? Im Heiligen Krieg? Vollkommen ausgeschlossen!
    Das ist eine Falle, durchfuhr es ihn.
    Der Boden begann sich wieder zu

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