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Der Prinz von Atrithau

Der Prinz von Atrithau

Titel: Der Prinz von Atrithau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. Scott Bakker
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Sarcellus vorstellte, beschäftigte ihn weit mehr.
    Noch so einer. Noch so ein Skeaös.
    »Endlich«, rief Sarcellus. Die großen Augen funkelten zwischen den Fingern seines betrügerischen Gesichts. »Der berühmte Prinz von Atrithau.«
    Er verbeugte sich tiefer als sein Rang verlangte.
    Was bedeutet das, Vater?
    So viele veränderliche Größen.
    Nachdem Saubon Vorposten aufgestellt und seine Männer rings um den Hain verteilt hatte, setzte er sich mit seinem Berater und dem Tempelritter zu Kellhus und seinen Begleitern in der verfallenen Kapelle ans Feuer. Wie es an den südlichen Höfen Brauch war, wich der Prinz von Galeoth jedem Gespräch über seine Absichten aus und wartete gewissenhaft auf das, was beim Jnan Memponti hieß – auf eine »zufällige Wendung« also, die von selbst zu gewichtigeren Themen führte. Kellhus spürte, dass Saubon die Sitten der Galeoth selbst unhöflich fand und bei jedem Atemzug mit sich kämpfen musste.
    Doch er konzentrierte sich ganz auf den Tempelritter Sarcellus – und das nicht nur wegen seines fehlenden Gesichts. Achamian sah nicht mehr entsetzt drein, aber noch immer trat ihm ängstliche Wut in die Augen, wenn er den Ritter des Stoßzahns ansah. Kellhus begriff, dass der Hexenmeister Sarcellus nicht nur wiedererkannt hatte, sondern hasste. Der Dûnyain konnte den Aufruhr in Achamians Seele geradezu hören: die kochende Wut über einen früheren Affront, die zuckenden Erinnerungen daran, geschlagen worden zu sein, die Reue…
    Nachdem Kellhus sich noch den kleinsten Hinweis Achamians, den letzten Auftrag betreffend, in Erinnerung gerufen hatte, war ihm klar, dass das, was den Hexenmeister so empörte, sich in Sumna zugetragen haben musste. Etwas ist dort zwischen ihm und Sarcellus vorgefallen. Etwas, das mit Inrau zu tun hat …
    Trotz seines Hasses hatte der Hexenmeister offenbar keine Ahnung, dass Sarcellus ein zweiter Skeaös war – ein weiterer Hautkundschafter der Rathgeber.
    Und auch Esmenet tappte im Dunkeln, obwohl ihre Reaktion die von Achamian weit in den Schatten gestellt hatte. Wie sehr sie sich schämte! Wie sehr sie fürchtete, entlarvt zu werden! Und wie sie sich zugleich in trügerischer Hoffnung wog! Sie denkt, er sei gekommen, sie zu holen… sie Achamian wegzunehmen.
    Sie war die Geliebte dieses Besuchers gewesen.
    Doch diese Rätsel verblassten vor der wichtigeren Frage: Was tat dieses Wesen hier? Nicht nur im Heiligen Krieg, sondern hier und jetzt, zu Pferd an der Seite von Saubon?
    »Wie habt Ihr uns gefunden?«, fragte Achamian.
    Saubon fuhr sich mit den Fingern durchs kurz geschorene Haar.
    »Freund Sarcellus ist ein schier unheimlicher Fährtenleser…« Er wandte sich an den Kommandierenden General der Tempelritter. »Wann hast du das noch mal gelernt?«
    »Als Jugendlicher«, log Sarcellus. »Auf den westlichen Gütern meines Vaters.« Er schürzte die wollüstigen Lippen, als wollte er ein Lächeln zurückhalten. »Beim Aufspüren von Scylvendi.«
    »Beim Aufspüren von Scylvendi«, wiederholte Saubon amüsiert. »Als es dämmerte, wollte ich umkehren, aber er versicherte mir, ihr wärt ganz in der Nähe«, setzte er hinzu, breitete die Arme aus und zuckte die Achseln.
    Schweigen.
    Esmenet saß steif da und verbarg ihre Tätowierung, wie andere sich ein Lächeln verkneifen mochten, um ihre schlechten Zähne nicht zeigen zu müssen. Achamian sah Kellhus an und hoffte, er würde das peinliche Schweigen überbrücken. Serwë spürte die unterschwellige Besorgnis und klammerte sich an Achamian. Das gesichtslose Wesen sah in seinen Weinkelch.
    Normalerweise hätte Kellhus etwas gesagt. Im Moment aber konnte er nur mit mechanischen Antworten dienen. Seine Augen nahmen alles war, ohne etwas in den Blick zu fassen. Seine Miene spiegelte nur die Gesichtszüge derer wider, die ihn umgaben. Sein Selbst war zu einem reinen Ort geschrumpft, an dem Veränderung für Veränderung bis zum gnadenlosen Ende verfolgt wurde. Ursache und Wirkung. Ereignisse, die wie konzentrische Kreise über die schwarzen Wasser der Zukunft liefen… Und jedes Wort, jeder Blick war ein Stein, der ins Wasser geworfen wurde und neue Wellen schlug.
    Von diesem Sarcellus ging große Gefahr aus. Er musste die Regeln dieser Begegnung unbedingt verstehen. Nur der Logos konnte ihm den Weg dazu bahnen… Nur der Logos.
    »Ich bin eurem Geruch gefolgt«, sagte Sarcellus nun und musterte Achamian unverhohlen. In seinen Augen schimmerte etwas Ungreifbares. Humor etwa?
    Der Witz an dieser

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