Der Prinz von Atrithau
noch den Rückzug blockiert hatten, und weiß gekleidete Tempelritter sprengten zwischen die Inrithi und riefen: »Flieht, Brüder! Flieht!«
In Panik geratene Ritter galoppierten, rannten oder stolperten ihren Landsleuten entgegen. Blutige Scharen taumelten durch die Senke und rannten die eigenen Leute über den Haufen. Die Tempelritter kämpften noch ein wenig weiter, rissen dann ihre Pferde herum und jagten zurück – verfolgt von heidnischen Reitermassen, die ihnen als heulender Sturm aus Lanzen, Schilden, dunklen Gesichtern und schäumenden Pferden folgten, wobei dieser Sturm so breit war wie der Horizont. Hunderte von Verwundeten humpelten über das Schlachtfeld und wurden nur einen Steinwurf vor der Hauptlinie niedergestreckt. Die Männer des Stoßzahns konnten nur entgeistert zuschauen. Ihr Lied war verstummt. Sie hörten nur das Dröhnen, Dröhnen, Dröhnen der feindlichen Trommeln.
Grenzenlose Furcht und die Heiden hatten sie gepackt.
»Wir hatten sie doch schon!«, schrie Saubon und spuckte Blut.
Gotian packte ihn bei den Schultern. »Ihr hattet gar nichts, Dummkopf. Nichts! Ihr kennt doch die taktische Grundregel: Wenn Ihr Eure Gegner überrannt habt, kehrt zum Ausgangspunkt des Angriffs zurück!«
Nachdem er sich mühsam durch den Matsch des Bachs hinter die eigenen Linien gerettet hatte, hatte Gotian den Prinzen von Galeoth gesucht, der jedoch tobsüchtig geworden zu sein schien.
»Aber wir hatten sie doch!«, brüllte Saubon.
Auf einen plötzlichen Schrei hin hob Gotian reflexartig den Schild, während Saubon einfach weitertobte. »Sie sind wie Kinder zusammengeklappt…«, wütete er, während es klapperte, als würde es auf ein Kupferdach hageln. Männer schrien. »… wie Kinder. Wir haben sie in Grund und Boden gemetzelt!«
Ein heidnischer Pfeil steckte in Saubons Brust. Einen Moment lang hielt der Hochmeister ihn für tot, doch der Prinz langte nur nach dem Pfeil und brach ihn entzwei. Er hatte sein Kettenhemd durchbohrt, war aber vom Filz darunter abgefangen worden.
»Wir hatten sie!«, brüllte Saubon immer wieder.
Gotian packte ihn erneut und schüttelte ihn. »Hört mal!«, rief er. »Genau das habt Ihr glauben sollen! Die Kianene sind zu geschickt, zu geschmeidig und zu leidenschaftlich, um wirklich unterzugehen. Wenn man sie attackiert, dann, um sie bluten zu lassen, aber nicht, um sie in die Flucht zu schlagen!«
Saubon sah ihn dumpf an. »Ich hab uns ins Verderben gestürzt.«
»Jetzt reißt Euch mal zusammen!«, brüllte Gotian. »Wir sind nicht wie die Heiden. Wir sind hart, nicht geschmeidig. Wir brechen durch! Gothyelk ist verwundet, vielleicht tödlich! Ihr müsst seine Männer um Euch sammeln!«
»Ja… sammeln…« Plötzlich leuchteten Saubons Augen, als würde ein helleres Feuer in ihm lodern. »Das Schicksal meint es gut mit mir!«, rief der Prinz. »Das hat er gesagt!«
Gotian konnte ihn nur verblüfft mustern.
Coithus Saubon – ein Prinz von Galeoth und siebter Sohn des alten Fuchses Eryeat – brüllte nach seinem Pferd.
Die Lanzenreiter der Fanim brandeten zu Abertausenden in großen Wellen gegen die Schlachtreihe der Inrithi an – und prallten an ihr ab.
Pikenträger der Galeoth und der Tydonni schlitzten den gegnerischen Pferden die Eingeweide auf. Tätowierte Nangael aus dem Norden von Ce Tydonn knüppelten im Morast auf die vom Pferd Gestürzten ein. Agmundrmänner schossen mit ihren todbringenden Eibenholzbögen Pfeile durch Schilde und Brustpanzer. Auglishmänner aus den tiefen Wäldern von Thunyerus scherten aus ihrer Formation aus, als die Fanim flohen, und bewarfen sie mit Kriegsbeilen, die wie Libellen durch die Luft schwirrten.
Anderswo längs der Senke ritten in Leder gewandete Truppen der Fanim die Reihen der Inrithi entlang, schossen Pfeile und spöttische Bemerkungen ab und warfen ihren Gegnern die Köpfe der Adligen vor die Füße, die beim ersten Angriff gefallen waren. Die Männer des Nordens duckten sich nur unter ihre Schilde, ließen den Beschuss über sich ergehen und warfen den bestürzten Heiden die Köpfe alsdann zurück.
Bald schon mieden die Fanim bestimmte Abschnitte der gegnerischen Linie – die unerschrockenen Gesindalmänner und Kurigalder aus Galeoth nämlich, die grimmigen Numaineirish und die langbärtigen Piaidolmänner aus Ce Tydonn –, doch kein Gegner ängstigte sie mehr als die flachsblonden Thunyeri, deren große Schilde ihnen wie Mauern erschienen und deren mit beiden Händen geschwungene Äxte und
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