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Der Prinz von Atrithau

Der Prinz von Atrithau

Titel: Der Prinz von Atrithau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. Scott Bakker
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nachdem er mit dem Messer auf einen Kameraden losgegangen war. Und noch immer donnerte das Lied so laut, dass einige sich an die Brust griffen und fürchteten, ihr Herz werde aus dem Rhythmus geraten.
     
    Zum Kriegführen sind wir gekommen,
    Und ein Gemetzel werden wir anrichten.
     
    Die Kianene kamen näher. Zigtausende von Reitern – anscheinend weit mehr, als die Anführer der Inrithi vermutet hatten – waren über den ganzen Horizont der graugrünen Ebenen verteilt und rückten heran. Ihre Trommeln dröhnten weithin durch ein Meer grollender Klänge. Die Bogenschützen der Galeoth, hauptsächlich Agmundrmänner aus den nördlichen Grenzgebieten, legten die Eibenholzbögen an und schossen ihre Pfeile ab. Einen Moment lang hatte der Himmel ein Reetdach, und ein dünner Schatten tauchte in die vorrückende Linie der Heiden ein, zeigte aber kaum Wirkung. Die Fanim waren jetzt so nah, dass die Inrithi die geschliffenen Knochen ihrer Bögen erkennen konnten, ihre eisernen Lanzenspitzen und ihre breitärmeligen, im Wind flatternden Mäntel.
    Und die frommen Ritter des Stoßzahns, die blauäugigen Krieger aus Galeoth, Ce Tydonn und Thunyerus sangen. Sie sangen, und die Luft zitterte, als wäre der Himmel ein steinernes Gewölbe.
     
    Und am Abend werden die Götter
    Aus unseren Augen schauen!
     
    Mit dem Ruf »Ehre dem Gott!« preschten Athjeäri und seine Lehnsmänner aus der Formation, kauerten sich tief auf ihren Pferden vor und senkten langsam die Lanzen. Krieger weiterer Adelshäuser wie Wanhail, Anfirig, Werijen Großherz und selbst der alte Gothyelk verließen die Schlachtordnung, ritten donnernd auf die Kianene zu und brüllten dabei: »Gott will es!« Wie eine Lawine folgte Adelshaus auf Adelshaus, bis fast die gesamte Kavallerie des Mittleren Nordens auf den Feind zustürmte. »Da!«, riefen die Infanteristen, wenn sie von ihrer Schlachtreihe aus den roten Löwen Saubons oder den schwarzen Hirsch von Gothyelk und seinen Söhnen erblickten.
    Die Angreifer spornten ihre massigen Schlachtrösser aus dem Trab in einen langsamen Galopp. Nistende Drosseln flogen hektisch zum Himmel auf. Alles war nur noch Atem und Eisen, und vorne, hinten, rechts und links donnerten die Pferde der Kameraden voran. Plötzlich gingen Pfeile wie ein Heuschreckenschwarm über ihnen nieder. Dem folgte ein Höllenlärm, der mit Pferdegewieher und erstaunten Schreien gespickt war. Schlachtrösser stürzten stolpernd zu Boden und warfen dabei ihre Reiter ab. So mancher brach sich das Rückgrat oder die Beine.
    Dann verflog der Irrsinn. Wieder waren nur das Donnern des Angriffs und die seltsame Kameradschaft von Männern zu spüren, die von einer einzigen, fatalen Absicht besessen waren. Kleine Hügel, Gestrüpp und die Knochen der Gefallenen des Gemeinen Heiligen Kriegs rasten unter ihnen vorbei. Der Wind blies durch Kettenhemden, zerzauste die Zöpfe der Thunyeri und die Helmbüsche der Tydonni. Helle Banner wehten durch die Luft. Die boshaften und gemeinen Heiden kamen immer näher. Ein letzter Pfeilhagel ging diesmal fast waagerecht nieder und schlug gegen Schild und Rüstung. Einige Kämpfer stürzten aus dem Sattel und bissen sich beim Aufschlagen die Zungenspitze ab. Die Abgeworfenen krümmten sich im Gras, schrien und hoben drohende Fäuste zum Himmel. Verwundete Pferde schäumten im Todeskampf. Die Übrigen aber donnerten weiter durchs Gras und über blühende Kreuzblumenfelder, die im Wind wehten. Zwanzigtausend Männer in Kettenhemden über dickem Filz senkten die Lanzen. Sie trugen Helme und ritten Rösser, die durch gepanzerte Schabracken geschützt waren. Die Angst entlud sich im Rausch der Geschwindigkeit, einem ungemeinen Schwung, und vermischte sich so mit Hochgefühl, dass sie kaum noch davon zu unterscheiden war. Die Männer des Stoßzahns waren ganz wild auf den Angriff. All ihre Aufmerksamkeit ruhte auf ihrer glitzernden Lanzenspitze. Und das Ziel kam näher und näher.
    Das Donnern der Hufe und Trommeln übertönte das Singen. Sie brachen durch eine dünne Wand aus Gerbersträuchern… und blickten in vor plötzlichem Schreck weit aufgerissene Augen.
    Dann der Aufprall. Das krachende Splittern von Holz, wenn Lanzen sich durch Schilde und Rüstungen bohren. Plötzlich war der Boden unter ihnen starr und fest, und von überallher waren Jammerschreie zu hören. Hände zogen Schwert oder Axt. Überall kämpften Gestalten und schlugen aufeinander ein. Pferde bäumten sich auf. Klingen ließen Blut spritzen.
    Die Kianene

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