Der Prinz von Atrithau
hieß, die Heiden hätten Reiterabteilungen nach Norden in die Hügel gesandt, um die Inrithi von den Flanken anzugreifen, seien dort aber – weil Prinz Saubon dies vorausgeahnt habe – durch das taktische Geschick und den Heldenmut von Graf Athjeäri und seinen Rittern vernichtend geschlagen worden. Das ließ die Inrithi endlich stärker jubeln, und für kurze Zeit waren sie sogar lauter als das unaufhörliche Trommeln der Fanim.
Doch ihre Begeisterung währte nur kurz, denn die Heiden standen ihnen inzwischen – unter ihren dreieckigen Bannern versammelt – in breiter, gestaffelter Linie gegenüber. Die Trommeln verstummten. Einen Moment lang konnten die Männer des Stoßzahns den Wind durch die Gräser streichen hören, und sogar das Summen der Bienen, die im Zickzack über die Toten flogen, die überall in der Senke verstreut lagen, drang an ihr Ohr. Sie sahen einen kleinen Reitertrupp gebieterisch vor den Reihen der reglosen Fanim hin und her traben. Er trug das Emblem des schwarzen Schakals, das Emblem von Skauras also, dem Sapatishah-Gouverneur von Shigek. Dann hörten sie eine leise Predigt, der laute Rufe in einer ihnen unbekannten Sprache folgten.
Mit lauter Stimme bot Prinz Saubon dem Bogenschützen fünfzig Goldtalente, dem es gelänge, den Sapatishah zu töten, während ein Schütze, der ihn verletzte, immerhin noch mit zehn Goldtalenten rechnen durfte. Nachdem sie die Windrichtung ermittelt hatten, hoben einzelne Agmundrmänner ihren Bogen zum Himmel und schossen aufs Geratewohl. Die meisten Pfeile gingen weit vor dem Ziel nieder, doch einige wenige erreichten die Reihen der Heiden. Die taten, als würden sie keine Notiz davon nehmen, bis sich plötzlich einer an den Nacken schlug und vom Pferd fiel.
Die Männer des Stoßzahns brachen in Hohngelächter aus und hämmerten johlend und brüllend auf ihre Schilde ein. Das Gefolge des Sapatishah verteilte sich. Nur eine Gestalt blieb an Ort und Stelle: ein Adliger auf einem prächtigen Schimmel mit schwarzgoldener Satteldecke. Er hatte offenbar keine Angst und schien ungerührt von den Spottgesängen, die über die Ebene hallten. Und noch der letzte Inrithi begriff, wen er vor sich hatte: den großen Skauras von Nalajan, den die Nansur Sutis Sutadra nannten, den Schakal des Südens.
Pfeile, die noch im weit entfernten Galeoth befiedert worden waren, regneten rings um ihn ins Gras, doch er bewegte sich nicht. Immer mehr Pfeile gingen um ihn herum zu Boden, da die Agmundrmänner sich allmählich auf die Windgeschwindigkeit und die Entfernung ihres Gegners einstellten. Den Blick auf die Inrithi gerichtet, zog der ferne Sapatishah ein Messer aus seinem purpurroten Gürtel und begann, sich die Fingernägel zu schneiden.
Jetzt fingen auch die Fanim an zu lachen und zu brüllen und trommelten mit in der Sonne blitzenden Krummschwertern auf ihre runden Schilde. Die Erde selbst schien bei diesem infernalischen Getöse zu zittern. Zwei Heere und zwei Religionen standen einander gegenüber und waren bereit, mit Hass und Mord aufeinander loszugehen.
Dann hob Skauras die Hand, und wieder fingen die Trommeln an, unerbittlich zu hämmern. Die Fanim begannen, auf ganzer Linie vorzurücken. Die Männer des Stoßzahns verstummten, senkten die Pike nach vorn und fügten ihren Schild mit dem ihres linken und rechten Nachbarn wie zu einer Mauer zusammen. Es begann von neuem.
Staubwolken wirbelten hinter den Kianene auf, während sie schwerfällig Tempo gewannen. Als orientierten sie sich am Rhythmus der Trommeln, senkten die ersten Reihen gleichzeitig die Lanzen und spornten ihre Pferde zum Galopp. Mit einem durchdringenden Schrei warfen sie sich auf die Inrithi, während berittene Bogenschützen zu den Seiten ausschwärmten und die Männer des Nordens mit Pfeilen eindeckten. Die Fanim kamen in rasch aufeinanderfolgenden Wellen angeritten, die tiefer gestaffelt waren als am Morgen. Dort, wo die Kianene gegen die Üsgalder aus Galeoth, die blessierten Cuärwishmänner und die Nangael und Warnute aus Ce Tydonn anstürmten, gelang es ihnen, den Nordhang der Senke zu erobern und die Inrithi zurückzudrängen. Piken brachen, fuhren in Gesichter oder verhakten sich im Zaumzeug. Krummschwerter durchschlugen Helme und ließen Schlüsselbeine trotz Kettenhemd brechen. Wild gewordene Pferde gingen durch. Und immer, wenn Zahl und Elan der Heiden abzunehmen schienen, tauchten neue Scharen von Angreifern aus dem Staub auf, setzten durch die Senke, trampelten über die Toten und
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