Der Prinzessinnenclub
du noch?«
Sissi hatte den Zettel später mit vielen kleinen goldenen Kronen verziert und sorgfältig gerahmt. Da ich als Einzige von uns dreien einen abschließbaren Schreibtisch besaß, beschlossen wir, die sieben goldenen Prinzessinnenregeln bei mir aufzubewahren. Schließlich sollten unsere geheimen Clubregeln keinesfalls Sissis Geschwistern oder Emmas besorgter Mutter in die Hände fallen!
Langsam ziehe ich jetzt die unterste Schublade meines Schreibtisches auf, hole den kleinen verschnörkelten Goldrahmen hervor und stelle ihn auf den Tisch.
Die sieben goldenen Regeln des Prinzessinnenclubs
1. Eine Prinzessin tut Gutes (mindestens dreimal pro Woche. Bei größeren guten Taten oder Ausfall durch Krankheit reicht manchmal auch eine gute Tat pro Woche).
2. Eine Prinzessin denkt nicht zuerst an sich selbst, sondern an andere. Deshalb merkt sie sofort, wenn jemand Hilfe braucht, und schreitet, ohne zu zögern, zur Tat.
3. Eine Prinzessin lügt nicht. Nur in äußerster Notlage. Und keinesfalls häufiger als einmal täglich.
4. Eine Prinzessin lästert niemals über Abwesende. Auch dann nicht, wenn sie allergrößte Lust dazu hat und es jede Menge Anlass und herrlichsten Stoff dafür gibt.
5. Eine Prinzessin vermeidet Wutausbrüche und Schimpfworte aller Art - jedenfalls in der Öffentlichkeit.
6. Eine Prinzessin steht für die andere ein. In guten, vor allem aber in schlechten Zeiten gilt: eine für alle - alle für eine!
7. Eine Prinzessin bewahrt immer (auch im Falle von Katastrophen aller Art, inklusive Erdbeben, Vulkanausbrüche, Todesdrohungen etc.) striktes und absolutes Stillschweigen über Inhalte,
Mitglieder und Regeln des Prinzessinnenclubs.
Gelesen und unterzeichnet von den eingetragenen Clubmitgliedern Prinzessin Diana, Prinzessin Emma, Prinzessin Sissi
Die 6. Regel hatte ich vorgeschlagen, weil wir drei schließlich nicht nur Prinzessinnen, sondern auch gute Freundinnen sein wollten! Und auf der 7. Regel hatte Emma bestanden. Weil sie panische Angst davor hatte, dass irgendjemand von unserem Club erfahren und sich darüber lustig machen könnte.
M einen ersten Nachmittag als frisch gebackenes Mitglied des Prinzessinnenclubs verbrachte ich zu Hause und zerbrach mir den Kopf darüber, wie ich auf meine drei guten Taten pro Woche kommen sollte.
»Ihr werdet sehen: Es ist ganz einfach«, hatte Sissi uns mit einem beglückten Lächeln versprochen und ihre Locken geschüttelt. »Wer mit offenen Augen durch die Welt spaziert, entdeckt bald unendlich vieles, was er für andere tun kann.«
Emma und ich hatten uns angestoßen und vielsagend mit den Augen gerollt. Manchmal sprach Sissi schon selber wie die »Sissi« im Film (sie hatte alle drei Filme auf DVD!). Und das klang dann immer ziemlich komisch …
»Dianaaa!« Mamas Ruf riss mich aus meiner Grübelei. »Hilfst du mir mal eben?«
Seufzend trottete ich in die Küche. Oje, Mama war dabei, den Kühlschrank abzutauen! Eine Arbeit, die sie hasste, weil diese Aktion aus unerfindlichen Gründen immer in einer Überschwemmung endete. Oder damit, dass Mama versehentlich die Kühlschrankdecke ankokelte, weil sie versuchte, das Abtauen mithilfe von Teelichtern zu beschleunigen. Mama war schrecklich ungeduldig und bei unangenehmen Arbeiten noch mehr als sonst.
Während mir Mama Butter, Käse und Gemüse in die Hand drückte, überlegte ich, ob ich diese Arbeit hier bereits auf meinem Gute-Taten-Konto verbuchen konnte. Klar, warum nicht? Auch wenn ich mir meine guten Taten als Prinzessin natürlich etwas aufregender vorgestellt hatte. Mehr so in Richtung von »einen kleinen Hund aus einem brennenden Haus retten« …
Ordentlich stapelte ich Radieschen, Gurken und Tomaten auf dem Küchentisch und sah die Szene glasklar vor mir: Wie ich todesmutig und rußgeschwärzt mit einem winselnden Hündchen auf dem Arm in letzter Sekunde aus einem lichterloh brennenden Haus stürzte. Wie ich dann mühsam nach Atem rang, während der Hund sich Schutz suchend an mich kuschelte. Wie schließlich Feuerwehrleute mit Decken auf mich zustürzten, um mich zum Krankenwagen zu geleiten, und die Hundebesitzerin (natürlich eine reizende, alte Dame) mir vor Dankbarkeit aufschluchzend um den Hals fiel und versprach, mich für den Rest meines Lebens mit selbst gebackenem Streuselkuchen zu versorgen, weil ich ihren Poldi vor dem sicheren Flammentod gerettet hatte… Ich seufzte und merkte, wie mir fast die Tränen in die Augen stiegen, so gerührt war ich schon allein von der
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