Der Prinzessinnenclub
wieder auf. »Triffst du dich eigentlich noch manchmal mit Mädchen aus deiner alten Klasse?«
Emma schüttelte den Kopf. »Nein, so richtige Freundinnen hatte ich da auch gar nicht. Ich war ja so lange krank. Und als ich endlich wieder zur Schule konnte, hatte ich ständig das Gefühl, Mama hätte alle vorgewarnt. Ihr wisst schon: dass sie Rücksicht auf mich nehmen sollten und so.« Emma seufzte. »Ihr könnt euch gar nicht vorstellen, wie schrecklich peinlich das war!«
Sissi stupste sie in die Seite. »Gibt es eigentlich irgendetwas auf dieser Welt, was dir nicht ›schrecklich peinlich‹ ist, Emma?«
Emma überlegte angestrengt, aber dann schüttelte sie den Kopf. »Ehrlich gesagt, im Moment fällt mir nichts ein!«
»Ich sehe schon: Daran müssen wir arbeiten«, stellte Sissi energisch fest. Sie sah mich an. »Mit ›wir‹ meine ich natürlich den Prinzessinnenclub!«
In Emmas Augen flackerte Panik auf. »Und w-wie soll das gehen?«, fragte sie unsicher. »Ich meine, nicht dass das dann irgendwie superpeinlich wird...«
Sissi und ich sahen uns an - und prusteten los. In manchen Dingen war Emma wirklich ein hoffnungsloser Fall...!
In den letzten beiden Stunden hatten wir Biologie bei Herrn Dickefett. Herr Dickefett sah keineswegs so aus, wie man es bei seinem Namen erwartet hätte. Er war nämlich eher dünn und schmächtig. Herr Dickefett versuchte seit Kurzem, uns die vier Mägen der Kuh schmackhaft zu machen, oder besser: uns ihre Funktionen zu erklären. Bisher mit eher mäßigem Erfolg.
»Wer kann uns denn sagen, was eine Kuh frisst?« Herr Dickefett schaute erwartungsvoll in die Runde. »Na, Serena?«
»Eine Kuh frisst etwa siebzig Kilo Gras am Tag«, ratterte Serena herunter, »und sie trinkt fast einhundert Liter Wasser!«
Herr Dickefett nickte erfreut. »Sehr gut, Serena! Und kannst du uns jetzt auch noch die vier Mägen der Kuh nennen?«
»Ja... also da wäre zuerst der Pansen«, begann Serena, »dann der Netzmagen und dann... äh...« Sie stockte und schaute sich Hilfe suchend nach ihrer Tischnachbarin Babette um. Die reagierte sofort. »Herr Dickefett«, flötete Babette zuckersüß. »Sie waren doch im Urlaub im Allgäu! Gab es da eigentlich auch viele Kühe?«
Babette, so hatten wir von Serena erfahren, besaß eine ältere Schwester in der 8. Klasse, und von der wusste sie, dass Herr Dickefett nichts lieber tat, als über seine Urlaube zu referieren. Wenn man ihm das richtige Stichwort gab, laberte Herr Dickefett sofort los, und nichts auf der Welt konnte ihn mehr aufhalten. Hatte Babettes Schwester jedenfalls behauptet.
Und tatsächlich: Ein wundersames Strahlen ging über Herrn Dickefetts blasses Gesicht und dann legte er los. Die Kuhmägen waren vergessen. Jetzt kam das Allgäu. Mit all seinen Kühen und Kitzen und Bauern und Berggipfeln und …
Wir lehnten uns entspannt zurück.
»Ältere Geschwister sind eben sehr praktisch«, sagte Sissi, als wir drei Prinzessinnen uns nach Schulschluss am Tor verabschiedeten. »Echt ungerecht, dass ich nur die drei Nervzwerge zu Hause habe!«
»Also, ich hätte sehr gern einen kleinen Bruder oder eine kleine Schwester«, meinte Emma schüchtern.
Sissi warf ihr einen vernichtenden Blick zu. »Das sagst du nur, weil du nicht weißt, wie es ist, wenn dich ständig drei kleine Ungeheuer umzingeln, deine Sachen kaputt machen, mit Kaugummi vollkleben und als Dank von dir verlangen, ihre bescheuerte Kugelbahn aufzubauen.«
»Zumindest kommst du auf diese Weise doch schnell zu deinen guten Taten«, warf ich ein.
»Och, dafür brauche ich keine Kugelbahnen aufzubauen.« Sissi grinste. »Meine erste gute Tat ist bereits erledigt! Ich habe nämlich gestern einer Kundin ein Stück Schokoladentorte vorbeigebracht. - Na, was sagt ihr nun?«
Seltsamerweise war ich kein bisschen erstaunt darüber, dass ausgerechnet Sissi als Erste von uns dreien mit einer guten Tat auftrumpfen konnte.
»Ist das denn bei euch üblich?«, hakte ich nach. »Ich meine, liefert die Konditorei Lilienthal öfter Kuchen zu Leuten nach Hause?«
Sissi winkte ab. »Da hätten wir ja viel zu tun. Nein, aber die alte Frau Blümlein kauft schon seit einer Ewigkeit jeden Tag ein Stück Torte bei uns, für ihren Nachmittagstee. Aber vor einem halben Jahr hat sie sich das Bein gebrochen, seitdem kann sie nicht mehr so gut laufen. Und deswegen bringe ich ihr jetzt den Kuchen jeden Nachmittag nach Hause.«
»Na super!«, zischte ich empört. »Das heißt also, du musst dir gar
Weitere Kostenlose Bücher