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Der Prinzessinnenmörder

Der Prinzessinnenmörder

Titel: Der Prinzessinnenmörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Föhr
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nicht so in Eile gewesen. Schon als er den Wagen verlassen hatte, konnte er die Motorsäge hören. Sie heulte und stöhnte durch den Winterwald und kündete meilenweit vom Sterben der Bäume. Der Lärm wurde lauter. Hinter der nächsten Kurve würde Wallner auf Dichl treffen. Wallner ging einen Schritt schneller. Im Gehen zog er sein Handy aus der Hosentasche und warf einen Blick aufs Display. Er hatte keinen Empfang. Was immer er von Dichl erfahren würde, er müsste erst zum Wagen zurück, um es nach Miesbach durchzugeben.
    Bernhard Dichl war im Begriff, eine Zwanzig-Meter-Fichte mit der Säge zu entasten. Wallner trat seitlich an Dichl heran, um keine Schreckreaktion zu provozieren. Wallner kannte sich mit Motorsägen nicht aus, stellte sich aber vor, dass unkontrollierte Schreckreaktionen das Abtrennen von noch ganz anderen Dingen als Fichtenästen zur Folge haben könnten. Dichl brauchte eine Weile, bis er Wallner bemerkte. Er schaltete die Säge aus und nahm seinen Ohrenschutz ab. Wallners Blick verriet Dichl, dass es kein angenehmes Gespräch werden würde.
    »Grüß Gott, Herr Wallner«, begann Dichl unsicher.
    »Machen wir’s kurz. Sie haben mich belogen. Sie waren am 17 . Februar 1990 zusammen mit Lothar Eltwanger auf einer Hütte im Zillertal. Außer Ihnen war noch eine Frau namens Astrid Mikulai auf der Hütte. Die Frau hatte Eltwanger mitgebracht. Ich will wissen, wen Sie auf die Hütte mitgenommen haben.«
    »Hören Sie … wenn meine Frau davon erfährt, dann …«
    »Herr Dichl – Sie langweilen mich. Wenn diese Frau ein Kind hat, dann ist dieses Kind das nächste Opfer. Wer ist die Frau?«
    Dichl sah Wallner fassungslos an, sagte aber nichts. Wallner überkam der Drang, die Antwort aus Dichl herauszuprügeln. Er riss sich zusammen.
    »Herr Dichl! Es geht um jede Minute.«
    »Die Frau hat eine Tochter. Und die Tochter …«
    »Reden Sie weiter!«
    »Meine Frau darf nie erfahren, dass die Tochter …« Bernhard Dichl zögerte, seine Augen flackerten, er sah sich um, als sei irgendwer in der Nähe, der ihm helfen könnte. Er betrachtete die Ohrenschützer in seiner Hand. Schließlich schleuderte er die Ohrenschützer gegen einen Baum.
    »Das Kind ist von mir!«, schrie er Wallner an. »Wenn Sie das meiner Frau sagen, die bringt sich um. Verstehen S’?« Dichl ließ sich auf die halb entastete Fichte sinken.
    »Wie heißt die Frau?«
    Dichl sah zu Wallner hoch, zögerte noch einen Augenblick. Dann gab er sich einen Ruck.
    »Polcke. Melanie Polcke.«

[home]
    34 . Kapitel
    W allner lief mit großen Schritten zum Auto, immer wieder stolpernd, atemlos. Alle zwanzig Meter warf er einen Blick auf das Handydisplay. Es gab keinen Empfang. Auch im Wagen gab es keinen Empfang. Erst als sich Wallner der Bundesstraße nach Miesbach näherte, erschien auf dem Bildschirm des Telefons der Name des Providers. Wallner hatte Melanies Handynummer vor seiner Reise nach Dortmund eingespeichert. Aber das Handy befand sich jetzt im Besitz von Ralf Wickede. Wallner rief Tina an.
    »Wo warst du? Ich habe dir ein Bild aufs Handy geschickt«, sagte Tina.
    »Hatte keinen Empfang.«
    »Hast du das Bild angesehen?«
    »Das Bild interessiert mich im Augenblick nicht. Ich brauche sofort eine Handynummer. Das Mädchen heißt Conny Polcke. Eine Zeugin. Sie war mit Pia Eltwanger befreundet. Müsste ziemlich am Anfang der Akte sein. Und gib mir auch die Nummer von Melanie Polcke. Das ist die Mutter. Wenn du die nicht findest, nicht lang suchen. Conny Polcke ist wichtiger. Und beeil dich bitte.«
    »Okay, ich ruf dich zurück.«
    »Nein, ich warte.«
    »Mann, ich brauch zwei Minuten. Sieh dir inzwischen das Foto an.«
    Wallner fügte sich. Er drückte das Gespräch weg und holte das Foto, das ihm Tina geschickt hatte, auf sein Handydisplay. Es war nicht von bester Qualität, zeigte aber eindeutig den Mann, der sich Wallner gegenüber als Pfarrer Körting ausgegeben hatte. Das Handy klingelte. Es war Tina.
    »Hast du die Nummer?«
    »Hab ich. Hast du das Foto gesehen? Ist das der Mann?«
    »Ja. Mit dem hab ich im Kakadu gesprochen.«
    »Das ist Rathberg.«
    »Scheiße. Gib mir die Handynummer.«
     
    Es war fast halb drei. Rathberg und das Mädchen standen seit einer Weile auf dem Parkplatz des Gmunder Friedhofs. Genauer gesagt war es der Bergfriedhof, der etwas außerhalb des Dorfes auf einer Anhöhe lag. Hier konnte sich jedermann begraben lassen, ganz gleich, welchen Glaubens er war. Andere Regeln galten auf dem katholischen

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