Der Prinzessinnenmörder
konnte.«
»Was ist mit Conny Polcke?«
»Die beiden waren sehr eng miteinander. Aber das war wohl das Problem.«
»Was meinen Sie?«
»Conny Polcke ist der gleiche Typ. Die kann schlecht Ratschläge geben, wie man mit anderen klarkommt.«
»Sie wissen auch nicht, ob Pia Eltwanger einen Freund hatte?«
»Ich bin mir sicher, dass sie keinen hatte. Dieses Gerede über den geheimnisvollen Afrikaner, das entbehrt jeder Grundlage. Meiner Erfahrung nach kommt so was auf, wenn die Leute zu wenig über jemanden wissen.«
»Hat Pia über spiritistische Neigungen gesprochen? Etwa über die Rosenkreuzer?«
Kohlweit überlegte kurz, dann verzerrte wieder das vorgefertigte Lächeln sein Gesicht.
»Es gibt viele junge Leute, die sich für solche Dinge interessieren. Das ist harmlos. Manchmal sogar nützlich. Es gibt ihnen Halt. Vermuten Sie einen Zusammenhang mit dem Mord?«
Wallner zuckte mit den Schultern.
»Hat sie je was von den Rosenkreuzern erwähnt?«
»Ich denke nicht.«
Der Arzt im Krankenhaus sagte, Connys Zustand sei nicht bedrohlich. Dennoch. Sie sollten das Mädchen heute in Ruhe lassen. Wallner hatte zwar das Gefühl, dass zügiges Vorgehen geboten sei. Andererseits – er konnte nur erahnen, wie es war, die beste Freundin durch einen Mord zu verlieren.
Vor dem Krankenzimmer traf Wallner – Mike hatte sich nach dem Befund des Arztes zum nächsten Metzger nach Hausham verabschiedet, um Leberkässemmeln zu besorgen – auf Melanie Polcke, die Mutter des Mädchens. Wallner stellte sich vor und erkundigte sich nach dem Befinden von Conny. Melanie Polcke sagte, sie weine und habe Angst. Die Frau, die vor Wallner stand, war Ende dreißig und nicht unattraktiv. Sie hatte blonde, kurze Haare und dunkle Augen. Die Sorge um ihr Kind ließen die Fältchen um ihre Augen wohl etwas mehr hervortreten als sonst.
»Es tut mir leid für Ihre Tochter«, sagte Wallner.
»Ist Pia wirklich ermordet worden?«
Wallner sagte, davon müsse man ausgehen. Melanie Polcke blickte Wallner besorgt an.
Sie standen sich einen Augenblick wortlos gegenüber. Wallner sah ihre vollen Lippen, die jetzt aufeinandergepresst waren. Ein warmer Duft von Parfüm drang zu ihm herüber. Wallner merkte, dass er nervös wurde.
»Pia und Ihre Tochter wollten letztes Wochenende zum Skifahren?«
Melanie Polcke war offensichtlich irritiert von der Frage.
»Nein, wieso?«
»Pias Eltern haben das gesagt.«
»Conny war zu Hause. Sie hat Samstag und Sonntag bis Mittag geschlafen. Conny fährt nicht gerne Ski. Also – nein. Sie hat nichts davon gesagt, dass sie zum Skifahren will.«
»War Ihre Tochter am Wochenende mit Pia zusammen?«
»Ich habe Pia das ganze Wochenende nicht gesehen. Sonst ist sie ständig da. Sie gehen dann auf Connys Zimmer und … keine Ahnung, was sie da machen. Was Mädchen in dem Alter halt machen.«
Wallners Atem ging schneller. Pia hatte ihre Eltern angelogen. Warum? Wenn sie nicht beim Skifahren war, was hatte sie stattdessen getan?
»Tut mir leid«, sagte Melanie Polcke. »Mehr kann ich Ihnen nicht sagen.«
»Das war schon sehr viel. Wo kann ich Sie erreichen, wenn es noch Fragen gibt?«
»Ich arbeite im Kakadu. In Schliersee.«
»Ah ja. Kenne ich. Da sind Sie dann abends oder wie?«
Melanie Polcke nickte. Dabei öffnete sie ihre Lippen leicht, und Wallner beschloss, heute Abend ins Kakadu zu gehen.
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8 . Kapitel
P eter starrte auf die Felskante tief unter ihm. Lisas Schrei hallte noch in den Felswänden. Zwanzig Meter vor der Kante lag ein Ski. Dann Schnee, der sich in der Abendsonne rötlich zu färben begann. Dann ein paar Meter Felsgestein. Dann nichts mehr. Peters Herz raste. Auf seiner Brust lastete ein Druck, dass er kaum atmen konnte. Seine Knie zitterten. Tausend Gedanken gingen ihm gleichzeitig durch den Kopf. Wie lange würde es noch hell sein? Hatte Lisa den Sturz überlebt? Wo war das nächste Telefon? Hatte er seinen letzten Alpenvereinsbeitrag bezahlt, wenn sie einen Hubschrauber brauchten? Warum hatte er in der Pension nicht hinterlassen, dass sie eine Skitour machen wollten?
Schließlich stemmte er seine Stöcke in den Schnee und fuhr nach unten. Der Schnee war schwer. Sehr schwer. Wieso hatte er Lisa das zugemutet? Er selbst hatte Probleme und konnte nur mit großem Krafteinsatz schwingen. Er widerstand der Versuchung, überstürzt zur Felskante zu fahren. Wenn auch ihm etwas passierte, dann waren sie beide verloren. Peter kam zu der Stelle, an der Lisas Ski lag. Ein paar Meter
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