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Der Prinzessinnenmörder

Der Prinzessinnenmörder

Titel: Der Prinzessinnenmörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Föhr
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Felsen und zog, so stark er konnte, an dem Pulloverärmel. Lisa war schlank. Aber mit Skikleidung und Stiefeln mochte sie fünfzig Kilogramm wiegen. Zentimeter um Zentimeter zog er sie zu sich hoch. Lisa konnte jetzt mit der Spitze ihres rechten Skistiefels Halt im Schnee finden. Noch ein paar Sekunden, und er würde den Ärmel der Skijacke greifen können. Mit einem Mal sah er, dass sich der Knoten zwischen den beiden Ärmeln zu lösen begann. Das glatte Material der Skijacke bot nicht genügend Widerstand. Immer schneller glitten Pullover und Jacke auseinander, wie zwei verknäulte Schlangen, die sich einander entwanden. Lisas Füße waren inzwischen wieder beide auf festem Schneeuntergrund. »Stütz dich mit den Füßen ab!«, schrie er. Lisa stemmte die Skischuhe in den Schnee. In diesem Moment lösten sich Pullover und Jacke endgültig voneinander. Peter kippte rückwärts in den Fels. Lisa stand in dem steilen Schneehang. Sie starrte verwundert auf die Jacke in ihrer Hand. Dann zu Peter, der nur wenige Armlängen von ihr entfernt war. Ganz langsam stürzte sie nach hinten. Es schien, als begreife sie nicht, was mit ihr geschah. Ihre Lippen formten lautlos ein Wort, das Peter nicht verstand – bevor sie still in der Tiefe versank.
    Als er die Felskante erreicht hatte, wagte er lange nicht, nach unten zu sehen. Schließlich beugte er sich vornüber. Hundert Meter unter ihm war ein weiteres Schneefeld. Darauf lag sehr klein ein menschliches Wesen – Lisa. Ihre Glieder schienen seltsam verrenkt. Peter starrte lange in die Tiefe. Ihn überkam das Verlangen, sich selbst hinunterzustürzen. Selbst wenn er es schaffte, lebend von diesem Berg herunterzukommen – was sollte er Laura sagen? Peters Leben war vor wenigen Sekunden zu Ende gegangen. Nur ein Schritt trennte ihn von Lisa. Peter sah noch einmal auf. Im Westen näherte sich die Sonne den Bergspitzen. Ein warmer Windhauch streifte sein Gesicht. Peter hatte den Pullover in der Hand. Einen langen Augenblick betrachtete er das Norwegermuster. Es war rot und weiß auf schwarzem Grund, und wenn man genauer hinsah, lösten sich die verwirrenden Formen in einfache geometrische Strukturen auf. Peter betrachtete das Muster mit einer Andacht, als hoffe er, in dieser kleinen Zauberwelt zu versinken und damit allem Leid zu entfliehen, das im wirklichen Leben auf ihn wartete.
    Er ließ den Pullover sinken und sah in die Tiefe. Sah ein totes Mädchen wie auf einem weißen Laken. Der Anblick brannte sich in sein Gehirn. Er konnte seinen Blick nicht abwenden. Doch mit einem Mal wurde er gewahr, dass etwas nicht stimmte. Blut schoss ihm in den Kopf. Er schloss die Augen. Dann sah er noch einmal hin, versuchte, sich zu erinnern, rief sich das Bild vor Augen. Nein, er irrte sich nicht. Noch vor einer Minute hatte Lisa anders dagelegen. Die Beine waren gespreizt gewesen. Jetzt berührten sich die Knie. Lisa hatte sich bewegt!

[home]
    9 . Kapitel
    G egen 17  Uhr hielt Wallner eine Besprechung ab, in der die bisherigen Erkenntnisse gesichtet und bewertet wurden. Lutz und Tina hatten Pias Zimmer untersucht. Dabei war nicht viel herausgekommen. In Tinas Computer konnte man den Besuch einiger Websites nachvollziehen, die sich mit Mystik, vor allem den Rosenkreuzern, befassten. Außerdem hatten sie den Abdruck eines Liebesbriefes gefunden. Wallner wollte wissen, was sie unter »Abdruck« verstünden. Ganz altmodisch, sagte Tina. Auf einem Schreibblock. Auf dem obersten leeren Blatt habe sich die Schrift der ursprünglich darüberliegenden Seite abgedrückt. Und so könne man den Brief lesen.
    Ob das hieße, dass man einen Brief an den geheimnisvollen Liebhaber besitze?
    Das sei richtig, meinte Tina. Die entscheidenden Erkenntnisse bringe der Brief aber nicht. Sie gab Wallner eine Abschrift des Briefes. Der Adressat wurde mit »Mein Liebster« angesprochen. Es folgten Ausführungen darüber, wie die Welt in ein seidenes Licht getaucht sei, seit Pia und der Liebste zueinandergefunden hätten. Ein weiterer Absatz war dem morgendlichen Gesang der Vögel gewidmet, für den Pia jetzt derart tief empfinde, dass sie manchmal nicht umhinkönne zu weinen. Der letzte Absatz behandelte auf spirituelle Weise den Schnee auf den Zweigen des Apfelbaumes vor Pias Haus. Wallner gab Tina die Abschrift zurück.
    Gut. Was hätten sie noch?
    Ein junger Kollege aus Rosenheim hatte mit Engagement und Findigkeit dem Ursprung des Marterls nachgeforscht. Es stammte von einem Schreiner namens Siegertspfand

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