Der Prinzessinnenmörder
is feig.«
»Jetzt hört’s auf mit dem Käs.«
Wallner ließ seine leere Kaffeetasse am Zeigefinger baumeln und drehte sich zu Mike. »Ist noch Kaffee da?«
»Ich hab grad gefragt. Sorry.«
Wallner stellte seine Tasse auf den Schreibtisch. Er hatte den anderen von Kohlweits Vernehmung berichtet. Es war schon gegen Abend, und die Luft war stickig im Büro und roch nach dem eingebrannten Kaffee. Aber Wallner sah noch keine Notwendigkeit zu lüften.
»Wir wissen ja gar nicht, ob das stimmt, was er uns erzählt. Was habt ihr in Kohlweits Wohnung gefunden?«
»Fast nichts«, sagte Lutz. »Keine Briefe, keine Mails, keine Fotos von den Mädchen. Keine Gläser mit Lippenstift oder … was könnt’s noch geben …«
»Lutz!« Lutz sah Wallner an, als habe der ihn gerade beim Beten unterbrochen. »Sag uns einfach, was ihr gefunden habt.«
»Zwei Haare auf einem Pullover. Die könnten zur ersten Leiche passen. Nach der DNA-Analyse wissen wir’s.«
»Das bringt uns nicht weiter. Dass er mit Pia Eltwanger ein Verhältnis hatte, das gibt er ja zu. Vorgestern Abend, siebzehn Uhr. Was hat er da gemacht?« Wallner sah Tina an.
»Da war Theaterprobe am Gymnasium. Kohlweit hat die Theatergruppe geleitet. Aber er hat sich entschuldigt wegen Darmgrippe. Angeblich war er um die Zeit zu Hause. Im Haus kann sich allerdings keiner erinnern, ob Licht in seiner Wohnung gebrannt hat.«
»Was ist mit dem Leihwagen?«
»Auf der Liste von SchreiberRent ist Kohlweit net drauf«, sagte Mike. »Möglicherweise hat er den Wagen unter falschem Namen gemietet. Is aber net einfach. Da musst ja an Führerschein vorlegen.«
»Also – wie mach’ ma weiter?«, wollte Tina wissen.
Es gab zwei Möglichkeiten, die einander ausschlossen. Entweder man konzentrierte sich darauf, Kohlweit die Morde nachzuweisen, oder man hielt Kohlweit für unschuldig und suchte einen anderen Täter. Die Ressourcen der Polizei waren begrenzt. Ging man in die falsche Richtung, kostete das Zeit, und man riskierte, Beweise zu verlieren.
Wallner stand auf und ging im Büro herum. Er betrachtete die gläserne Kaffeekanne. Die war immer noch leer.
»Jetzt mach endlich mal das Fenster auf«, maulte Mike.
Wallner schlüpfte in seine Daunenjacke, zog den Reißverschluss bis unters Kinn und riss das Fenster auf. Ein Schwall eisiger Luft flutete das Büro. Wallner spürte am Kopf, wie die verbrauchte warme Luft durch den oberen Teil des Fensters nach außen strömte. Er lehnte sich hinaus, um frische Luft in die Lungen zu saugen. Das brauchte Wallner jetzt ausnahmsweise. Er musste eine Entscheidung treffen. Er musste sie nicht jetzt treffen. Er hatte die ganze Nacht Zeit. Aber wenn morgen dreißig Polizisten vor ihm saßen, musste er ihnen etwas sagen. Bis dahin wäre die Lage keinen Deut klarer als jetzt. Nur hätte er dann eine Nacht voller Zweifel und mit wenig Schlaf hinter sich.
»Kohlweit war’s nicht. Wir müssen weitersuchen«, sagte Wallner. Ihm war klar, dass diese Entscheidung viele enttäuschen würde. Die Verhaftung Kohlweits war als Durchbruch gefeiert worden. Morgen würde Wallner seinen Leuten sagen, dass sie wieder am Anfang standen.
Dr.House war gerade besonders gemein zu einer Patientin, die an einer schwer zu diagnostizierenden, aber mit Sicherheit tödlichen Krankheit litt. Manfred musste einen Schluck Weißbier trinken, um seiner aufkeimenden Empörung Herr zu werden. Er setzte den Bierkrug klappernd ab. Manfred hasste es, Weißbier aus einem Krug zu trinken und nicht aus dem dafür vorgesehenen Glas. Aber Weißbiergläser hatten keine Henkel.
»Des is doch …«, Manfred wischte sich den Schaum vom Mund. »Des kann der doch net machen. Was is ’n des für a Arzt! Die Frau, verstehst, die stirbt noch. Geh, des is doch …« Manfred gingen die Worte aus.
»Was schaust es dir dann jedes Mal an?«
Die Frage erreichte Manfred nicht mehr. Er musste sich auf die Differenzialdiagnose konzentrieren, die Dr.House jetzt an einer Tafel aufmalte. In der Werbepause schaltete Wallner den Ton ab.
»Sag mal …«, sagte Wallner.
Manfred spähte in seinen Bierkrug. »Is noch a Weißbier im Kühlschrank?«
»Jetzt mach mal a bissl langsam mit dem Bier.«
Manfred setzte den leeren Krug wieder ab und grunzte.
»Sag mal«, begann Wallner erneut, »machst du … machst du dir Sorgen, wegen meinem … na, du weißt schon, wegen meinen Hormonen?«
Manfred hatte den Krug wieder in die Hand genommen und betrachtete begehrlich die kleine Pfütze,
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