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Der Prinzessinnenmörder

Der Prinzessinnenmörder

Titel: Der Prinzessinnenmörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Föhr
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am ersten und nicht am zweiten Tag nach dem Mord an Gertraud Dichl. Und kaum gingen drei, vier Tage ohne Leiche ins Land, schon stellte sich ein Gefühl von Normalität ein. Als ob alles ausgestanden sei und vorüber. Als sei das alles nur ein schlimmer Spuk gewesen, der wie ein Eissturm über den Landkreis gefegt war und sich jetzt wieder in die Stille des Winters verflüchtigt hatte.
    Mike, das wusste Wallner, war dem Täter am dichtesten auf der Spur. Der Mörder musste nach menschlichem Ermessen an jenem Montag einen Wagen von SchreiberRent gemietet haben. Oder er hatte den Wagen von jemand anderem mieten lassen. Mike hatte eine Liste mit hundertdrei Namen. Einer davon gehörte dem Mörder oder einem Menschen, der den Mörder kannte. Er musste nur bei jedem überprüfen, was er zu dem Zeitpunkt getan hatte, als der Mietwagen bei Manfred Wallner im Hof stand. Die meisten würden Zeugen haben. Für Umzüge, Möbeltransporte oder was immer sie mit dem Wagen angestellt hatten. Der kleine Rest musste genauer unter die Lupe genommen werden. Allerdings war es bereits mit viel Arbeit verbunden, alle Alibis der untersuchten Personen zu verifizieren. Wie verlässlich war der Vater, Bruder, Schwager, der angeblich dabei war, als man angeblich einen Schreibtisch von Ebersberg nach Glonn gefahren hatte? Abgesehen davon waren etliche Personen auf der Liste in Urlaub oder aus anderen Gründen schwer zu erreichen oder riefen nicht zurück. Mike hatte nach vier Tagen immer noch fünfundfünfzig Namen auf der Liste, die nicht überprüft waren. Und es gab keine Sicherheit, dass man den Mörder nicht bei den anderen achtundvierzig übersehen hatte.
     
    Der 19 . Januar war ein wolkenloser Freitag. Die Wintersonne erwärmte die bayerischen Voralpen auf sieben Grad, und das Land lag unter einer geschlossenen Schneedecke. An diesem Tag fanden zwei Beerdigungen statt. Die eine, weniger beachtet, wurde in Warngau abgehalten, einem kleinen Ort fünf Kilometer südlich von Holzkirchen und nicht weit vom Dichlschen Bauernhof entfernt. Alle Bauern der Umgebung waren gekommen sowie die Mitschüler und Lehrer von Gertraud Dichl. Darüber hinaus etwa zwanzig Mitglieder des Alpenvereins Sektion Miesbach, mit denen Herr Dichl enger bekannt war. Der Schützenverein Warngau war geschlossen und in Tracht angetreten, darunter ein Bläserquartett, das einen letzten Gruß für Gertraud Dichl spielte. Vor dem Friedhof waren knapp zwanzig Reporter versammelt und noch einmal die gleiche Zahl an Schaulustigen. Bernhard Dichl stand allein am Grab seiner Tochter. Gertrauds Mutter konnte an der Beerdigung nicht teilnehmen. Sie weigerte sich immer noch, den Tod ihres Kindes zur Kenntnis zu nehmen.
    Zur Beerdigung von Pia Eltwanger waren mehr als tausend Menschen gekommen. Lothar Eltwanger war eine Person von öffentlichem Interesse. Nicht ganz vergleichbar mit den Ackermanns und Pischetsrieders der Republik. Aber er hatte schon Fernsehauftritte gehabt. Eltwangers Bekanntheit hatte mit dem Tod seiner Tochter enorm zugenommen. Es war einige Zeit her, dass der Egerner Friedhof einen derartigen Auflauf erlebt hatte. Dabei war der Ort nicht arm an Prominenten. Ludwig Thoma und Ludwig Ganghofer ruhten hier. Es war daher nicht einfach, eine Grabstelle zu bekommen. Aber man konnte davon ausgehen, dass Herr Eltwanger keine Kosten gescheut hatte, um seine Tochter an einem der schönsten Orte Oberbayerns mit Blick auf die Egerner Bucht und den Malerwinkel zu bestatten. Nachdem die Verabredung mit Eltwanger zwei Tage zuvor wegen der Verhaftung von Kohlweit geplatzt und Eltwangers Terminkalender voll war, ergriff Wallner die Gelegenheit, den Mann nach der Beerdigung abzupassen. Dreihundert enger befreundete Trauergäste würden sich im Anschluss an die Beerdigung in einem nahe gelegenen Hotelsaal versammeln, um ihrem Mitgefühl durch den Verzehr eines Fünf-Gänge-Menüs Ausdruck zu verleihen. Vermutlich hatten nicht mehr als zwei Dutzend von ihnen mit dem toten Mädchen jemals mehr als einen Satz gewechselt. Bis alle Gäste im Hotel angekommen waren und Platz genommen hatten, verging erfahrungsgemäß mindestens eine halbe Stunde. In dieser Zeit konnte Eltwanger ohnehin nichts Sinnvolles machen. Er begleitete Wallner daher ohne Murren in die um diese Zeit fast leere, aber gut geheizte Hotelbar. Beide Männer bestellten sich einen Cappuccino.
    »Der Täter hat bei seinen Opfern je eine Emaille-Plakette hinterlassen. Wenn man sie nebeneinanderhält, ergibt sich das Bild

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