Der Privatdozent
immer ausziehen. Zwingt mich ja keiner, mit Lukas weiter in einer Bude zu hausen.
Plötzlich sehe ich wieder Lukas‘ Gesicht vor meinen Augen. Mensch, der Kerl sieht schon heiß aus! Und er ist ja auch eigentlich total nett, wenn da nur die Sache mit Mara nicht wäre … Aber kann ich ihm wirklich böse sein? Er hat sich in letzter Zeit so verändert. Ich denke noch mal daran, wie er total unsicher darum gebeten hat, mal mit einem Jungen rummachen zu dürfen … Ja, gut, jetzt hat er auf jeden Fall ein gutes Pfund mehr Erfahrung auf dem Gebiet, ist er deswegen aber gleich ein anderer Mensch? Ich mag ihn trotzdem. Nur Sex darf ich nicht mehr mit ihm haben!
Was Marco betrifft, sieht das alles ein wenig anders aus. Ja, auch er hat Probleme, aber er hat nicht nach Sex gefragt, ihn musste ich nicht erst in die Geheimnisse der körperlichen Männerliebe einführen. Marco kennt sich in Sachen Sex aus, sehr sogar. Und er hat nicht gezögert, als er von Lukas erfahren hat. Auch heute hat er nicht gezögert. Fast so, als ob er es darauf angelegt hätte. Die Enttäuschung sitzt tief. Eine Beziehung will er nicht, weil das zu kompliziert ist, Sex ja, aber selbst da reiche ich nicht allein. Und trotzdem kann ich ihn nicht hassen, so wie ich es jetzt gern tun würde. Habe ich nicht gewusst, worauf ich mich da einlasse? Nein, ich kann keinem von beiden die Schuld an meinem derzeitigen Gefühl geben. Weder Lukas noch Marco sind irgendwelche Verpflichtungen eingegangen. Vielleicht ist das der Grund, weshalb ich mich so beschissen fühle, weil ich es am liebsten so gehabt hätte. Allerdings haben beide heute aber auch gezeigt, dass sie noch eine andere Seite haben, die ich lieber nicht gesehen hätte. Ich will nicht, dass Lukas Mara schon hintergeht und verletzt, bevor die beiden überhaupt ein Paar sind! Und ich will keinen Marco, der sich nur sexuell für mich interessiert und mich als jederzeit austauschbar oder ergänzbar ansieht. Ich will nicht, dass er Sex zu dritt schärfer und besser findet, als wenn wir allein intim sind! Ja, das ist eigentlich der Hauptpunkt: Marco hat damit eine Beziehung, wie ich sie mir vorstelle, unmöglich gemacht. Wie können wir jetzt jemals zusammen sein, ohne dass ich das Gefühl haben muss, dass ihm was fehlt, dass er sich eigentlich noch einen Lukas dazuwünscht, oder gar zwei oder noch mehr? Was kann ich ihm schon bieten, wenn wir erst mal eine Beziehung haben, wenn wir vorher schon das Maximum rausgeholt haben? Wie könnte ich das noch steigern, um auch in Zukunft sexuell interessant zu bleiben? Muss ich mir irgendwann einen zweiten Pimmel annähen lassen?
Ich lächle ungewollt. Augenblicklich sieht mein Spiegelbild wieder netter aus. Vielleicht ist alles gar nicht so schlimm, wie es sich gerade anfühlt. Okay, das ist ein erbärmlicher Versuch. Missmutig schließe ich die Tür auf und verlasse das Badezimmer.
„Na endlich”, sagt Lukas und drängt an mir vorbei. Ich sehe seinen muskulösen Rücken in den dampfigen Raum verschwinden. Ja, er sieht toll aus, aber er muss sich jetzt den Sexschweiß abwaschen, damit er sich mit Mara treffen kann. Ist das normal?
Ich schüttle den Kopf und gehe auf mein Zimmer zu. Irgendwie fühlt sich plötzlich alles noch schlimmer an, da ich weiß, dass ich gleich allein sein werde. Warum habe ich Marco weggeschickt? Ja gut, ich hatte einen Grund dazu, aber hätte ich nicht mal eine Sekunde daran denken können, dass ich danach wieder allein sein werde? Das Leben fordert Kompromisse. Und meiner bedeutet, dass ich zwar mit allen vögeln kann, aber Liebe darf ich nicht erwarten.
Als ich meine Zimmertür aufstoße, steht ganz unerwartet Marco vor mir. Er ist angezogen, während ich mit einem Handtuch um die Hüften vor ihm stehe.
„Du … Was …”, stottere ich, bevor ich herausbekomme: „Was willst du noch hier?”
Marco räuspert sich. „Ich will gucken, ob es dir gut geht!”
„Tut’s”, gebe ich schnippisch zurück.
„Das glaubt dir der Gartenzwerg vielleicht …” Er macht einen Schritt auf mich zu, aber ich hebe abwehrend die Hand. Ich weiß, wohin das führen wird, wenn er mich jetzt umarmt. Erst werde ich heulen und danach landen wir wieder im Bett. Das scheint ein Naturgesetz zu sein zwischen uns. Alles, was wir machen, führt unweigerlich zu Sex. Nicht, dass ich das nicht auch gut finden würde, aber es ist in diesem Moment einfach nicht richtig. Und ich weiß nicht, ob es überhaupt noch mal richtig sein wird.
„Was hast du?”,
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