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Der Privatdozent

Titel: Der Privatdozent Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Seinfriend
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alles und der Kehlmann vorne wird richtig rot vor Wut.
    „Es wäre – sehr schön –, wenn wir uns jetzt nicht weiter stören lassen würden – und zum eigentlichen Thema zurückkommen könnten –, danke”, presst der Kehlmann hervor. Dabei sieht er mich mit zornigen Augen an und plötzlich wird mir ganz anders. Jo, ich habe es zu weit getrieben. Vielleicht kann ich ja am Ende unbemerkt den Raum verlassen und …
    „Das hat der mal verdient”, flüstert das Mädel neben mir und unterbricht meine Gedanken.
    Ich lächle etwas missglückt. Natürlich hat der Kerl alles verdient, was ihm gegen den Strich geht. Allerdings wird die Szene wohl noch ein blödes Nachspiel für mich haben. Von daher hält sich meine Freude in Grenzen.
    „Wenn das noch Probleme gibt, kannst du dich ja an die Fachschaft wenden.”
    Jetzt sehe ich das Mädel richtig an. Sie sieht nett aus. Aber sie hat wieder ihren mitleidigen Blick.
    „Danke”, flüstere ich zurück.
    Sie räuspert sich. „Du hast echt Mut – und bist witzig!”
    „… und ich hab jetzt ein Problem mehr, auf das ich hätte verzichten können.”
    „Vielleicht kann ich deinen Tag ja noch ein wenig retten. Hast du Lust, mit mir in der Mittagspause ’nen Kaffee zu trinken?” Sie sieht mich erwartungsvoll an.
    „Bei dem Wetter?”, frage ich und weiß, dass ich total unhöflich bin. Sie verzieht auch sofort das Gesicht, als hätte ich sie geschlagen.
    „War nur ’ne Idee”, sagt sie und richtet sich wieder nach vorn.
    „Wie wär’s mit ’nem Eis?”, frage ich, um meinen Fauxpas wieder auszubügeln. Dabei läuten schon meine Alarmglocken. Die Kleine ist wirklich süß und lieb, aber hinter dem Angebot steckt ganz bestimmt mehr, als mir lieb ist. Vielleicht sollte ich ihr einfach sagen, dass ich auf Jungs stehe? Aber es kommt mir immer so blöd vor, wenn man fremden Menschen seine sexuelle Orientierung ungefragt auf die Nase bindet.
    „Gut, dann halt ein Eis”, nimmt sie meinen Gegenvorschlag an und lächelt wieder.
    „Die Herrschaften in der letzten Reihe, Sie sind beide zu spät gewesen und stören nun durch Quatschen. Wenn Ihre Reife dermaßen zu wünschen übrig lässt, dürfen Sie gern früher das Seminar verlassen.”
    „Entschuldigung”, sagt meine Nachbarin und schlägt mir dabei aufs Bein. Wahrscheinlich will sie mich davon abhalten, noch etwas Unüberlegtes zu sagen.
    Der Kehlmann sieht uns noch ein paar unangenehme Sekunden durchdringend an. Dann geht es weiter mit irgendwelchen BWL-Vokabeln, die er aufgeblasen von sich gibt, während die Hälfte der Leute schläft und die andere Hälfte zumindest interessiert tut.
    Den Rest der Stunde schaue ich alle paar Minuten auf die Uhr. Dann ist es endlich geschafft.
    „Puh”, macht das Mädel und grinst mich an. „Ich bin übrigens Mara.”
    „Hi, ich bin Finn”, antworte ich und gebe ihr die Hand. Ein wenig nervös sehe ich nach vorn, um den Kehlmann abzuchecken. Der ist mit seinem Laptop und dem Kabelgedöns beschäftigt. Vielleicht gelingt es mir ja wirklich, im allgemeinen Aufbruchstumult einfach zu verschwinden.
    „Willst du abhauen?”, fragt Mara mich neugierig.
    „Klar, meinste, ich zieh mir jetzt noch dem sein Gelaber rein?”
    „Echt dreist”, sagt Mara. „Übertreib es bei dem nicht, der ist wirklich arschig!”
    Ich zögere kurz. Dann packe ich meine Tasche und sage: „Egal.”
    „Wenn du magst, können wir ja auch jetzt schon …”, fängt Mara an, während wir auf die Tür zugehen.
    „Entschuldigung!”, ruft der Kehlmann da. „Sie! Ich habe vorhin keinen Scherz gemacht!”
    Alles glotzt zwischen mir und dem Dozenten und der Tür hin und her. Na super! Was lasse ich mich auch von dieser Mara zuquatschen, ich hätte schon dreimal weg sein können …
    Der Kehlmann muss wohl sehen, dass ich kurz davor stehe, trotzdem einfach den Raum zu verlassen. „Wenn Sie auf unser Gespräch verzichten wollen, bitte”, sagt er versnobt, „aber dann brauchen Sie auch nicht mehr wiederzukommen!”
    „Los geh hin”, sagt Mara neben mir und drängt mich ein wenig nach vorne. Ich spüre ihre Hände an meinem Arm. Sie tätschelt mich, als wären wir schon ein Paar. „Wird schon nicht so schlimm werden. Wir treffen uns in der Pause am Kiosk, okay?”
    „Okay”, murmle ich nur. Dann dränge ich mich tatsächlich an den anderen Studenten vorbei zum Kehlmann. Ein wenig unschlüssig bleibe ich vor ihm stehen, aber er ignoriert mich erst mal. Natürlich wartet er jetzt, bis alle anderen den

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