Der Privatdozent
… Ich versuche irgendwie ein Knie hochzubekommen, um ihn vielleicht … Aber ich schaffe es nicht.
„Wichser!”, keuche ich ihm zu und gebe auf. Und dann landet sein Gesicht auf meinem, ich spüre seine heißen Lippen, seine Zunge. Es ist, als hätte jemand – kni ps – mein Gehirn ausgeschaltet. Wild küsse ich das Arschloch zurück. Mein Schwanz steht augenblicklich wieder bereit, als hätte er nur auf seinen Einsatzbefehl gewartet. Ich presse mein Becken gegen den Kehlmann, rieche sein Aftershave, spüre seine rasierte Haut, nehme seine Zunge in meinen Mund auf und schmecke Pfefferminz. Mit einem Mal besteht mein ganzer Körper aus dem einzigen Wunsch, jetzt auf der Stelle mit diesem Schwachkopf zu vögeln – und zwar gleich hier im Seminarraum …
Da macht es erneut kni ps und mein Kopf funktioniert wieder. Energisch drücke ich den Kehlmann von mir weg. Er sieht ein wenig überrascht aus und erschrocken und irritiert und ängstlich und beschämt und wütend und ziemlich notgeil …
„Ich – ähm …” Er zieht sich zurück und gibt mich frei. „Also, das ist …”
„Die Tür”, unterbreche ich ihn. „Es kann doch jederzeit jemand hereinkommen.”
Ich weiß nicht, warum ich das sage. Brauche ich eine Entschuldigung, um diesen Übergriff von meinem Dozenten zu beenden? Ich spüre in mir die gleiche Gefühlsmischung, wie ich sie gerade noch auf Kehlmanns Gesicht gesehen habe. Natürlich bin ich noch wütend, weil dieses Arschloch mich geschlagen hat. Aber irgendwie bekomme ich den Kuss nicht mehr aus meinem Kopf und den Wunsch, unbedingt mehr zu wollen.
Der Kehlmann steht mit einem Ausdruck vor mir, als verstehe er die Welt nicht mehr. „Die nächste Stunde ist der Raum nicht belegt.”
„Hast du einen Schlüssel?”, frage ich und finde es ganz normal, dass ich meinen Dozenten duze.
Er schüttelt den Kopf und atmet tief durch, als ob er ein Seufzen unterdrücken will. „Die Schlüssel sind Hausmeistersache.”
„Schade”, sage ich und komme endlich auch wieder auf die Beine. Jetzt ist die Sache doch eher wieder peinlich. Wenn das mal nicht der Beginn eines unglaublichen Sexabenteuers war! Und nun ist die ganze Leidenschaft dahin, nur weil wir uns über einen blöden Schlüssel unterhalten müssen.
Ein wenig verlegen stehen wir voreinander. Er sieht gar nicht so schlecht aus, wie ich angenommen hatte. Ein beschissenes Verhalten kann schon einiges kaputt machen. Ich muss an seine muskulösen Arme denken, die mich am Ende doch recht mühelos an den Boden gefesselt haben.
„Das alles – ist mir ziemlich – unangenehm …”, sagt der Kehlmann und kann mir kaum in die Augen gucken.
„Mir auch”, erwidere ich. „Wir hätten vielleicht die Schlägerei auslassen sollen, was?”
Wow, jetzt lacht der Kehlmann sogar mal. Sieht richtig süß aus, wenn er so erhitzt ist vor Scham und Geilheit.
„Das war wirklich keine Absicht”, fängt er wieder an. „Ich – ich weiß auch nicht, was das sollte …”
Mir wird klar, dass ich wirklich mehr wollen würde. Aber die Luft ist jetzt erst mal raus. Ein wenig bereue ich, dass ich mir Gedanken über die Tür gemacht habe. Und wenn schon? Dann hätte uns halt jemand beim Rummachen erwischt …
„Also, was das mit der Fehlstunde angeht”, sagt der Kehlmann wieder einigermaßen ruhig und geschäftig, „das korrigiere ich. Ich würde Sie nur bitten, demnächst nicht ganz so viel Tumult zu machen …”
Die Rückkehr zur Dozent-Student-Hierarchie holt mich dann doch wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. „Ähm, das heißt, ich darf den Kurs weiter besuchen?”
„Ja”, sagt der Kehlmann knapp und packt seinen Kram weiter zusammen.
„Und ich darf auch zu spät kommen?”
„Übertreiben Sie es bitte nicht.”
Ich nicke. „Okay.”
„Und – ähm …” Der Kehlmann sieht mich bittend an. Dann schüttelt er aber den Kopf.
„Ja?”
„Nein, schon gut, ich denke, wir haben alles geklärt, oder?”
„Wenn Sie nichts mehr von mir wollen …”
Ich beiße mir auf die Lippe, weil das so zweideutig klingt. Aber es ist ja so. Das Erlebnis von gerade scheint in einem Paralleluniversum stattgefunden zu haben. Plötzlich ist wieder alles beim Alten – außer, dass der Kehlmann ab jetzt vielleicht ein wenig netter zu mir sein wird.
„Nein”, sagt der Kehlmann, als ob er mich bestätigen will.
„Okay”, wiederhole ich mich und wende mich zur Tür.
„Ach”, macht der Kehlmann da, „eine Sache ist doch noch.”
Ich drehe
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