Der Problemmann (German Edition)
alles genau ansehen. Sie klappte die schwere Luke wieder hinunter und ging mit den Tüten voller Lebensmittel in die Küche. Langsam bekam sie Hunger. Sie packte alles aus, steckte den Stecker für den Kühlschrank ein, schloss dessen Tür und machte sich daran die Küche zu erkunden.
Eine Stunde später saß sie an dem großen Tisch und fühlte sich verlassen. Einsam war sie ohnehin. Den ganzen Tag hatte sie nicht gesprochen. Die paar Worte hier im Haus waren die einzigen gewesen, seitdem sie in Italien angekommen war. Sollte das jetzt etwa die nächsten Wochen so ablaufen? Das alles kam ihr mehr wie ein Gefängnis in Einzelhaft vor, als denn der Aufenthalt einer eigentlich produktiven Arbeitsreise. Die Hälfte des mitgebrachten Weines hatte sie bereits getrunken und spürte die Wirkung des Alkohols. Umso besser, dachte sie, dann bin ich vielleicht betrunken und merke nicht, wenn wild gewordenen Spinnen in der Nacht über mich herfallen. Nachdem sie ihre Pasta gegessen hatte, schaute sie sich wieder um. Warum gab es hier nicht einmal ein Radio. Sehnsüchtig dachte sie an ihren Fernseher in ihrer Wohnung vor dem ab dem heutigen Tag ein andere sitzen würde. Vielleicht konnte sie morgen einfach alles auf eine Karte setzen, ihr Handy nehmen und ihren Untermieter verständigen, dass der nun leider doch wieder ausziehen müsste, sie würde sofort zurück nach Deutschland kommen. Sie stützte ihre Ellenbogen auf die massive Tischplatte, legte ihren Kopf in ihre Hände und fing an bitterlich zu weinen. Dieses Gefühl von Heimweh, das über sie kam, war unerträglich. Ihr Herz zog sich zusammen, ihr Magen drehte sich, dass sie glaubte sofort ihr Abendessen aus ihrem Körper heraus befördern zu müssen. Dieser Schmerz war sehr viel schlimmer, als alles was sie bisher erleben musste. Nicht ein einziger Mann hatte es bisher geschafft sie in eine derartige Gefühlslage zu katapultieren. Das klingeln ihres Handys riss sie aus ihrem Selbstmitleid. Verwundert hob sie ihren Kopf. Abrupt hörte das Klingeln wieder auf. Jemand hatte ihr eine SMS geschrieben. Matt erhob sich Anna und kramte aus ihrem Rucksack ihr Telefon. In dem Moment als sie Toms Zeilen las, fing sie wieder an zu weinen. Warum war der jetzt nicht bei ihr? Sie vermisste ihn. In den letzten Wochen hatte sie so viel Zeit mit ihm verbracht, dass sie sich kaum ein Leben ohne ihn vorstellen konnte. Er war ihr engster Vertrauter. Melanie hatte diesen Platz für ihn räumen müssen.
Bitte melde dich wenn du angekommen bist. Ich mache mir Sorgen. Geht es dir gut? Lieben Gruß Tom
Wieder und wieder las sie seine Nachricht. Ihre Emotionen wollten sich nicht bändigen lassen, sie machte allerdings auch wenige Anstalten sich wieder zu beruhigen. Sie gab sich diesem Schmerz hin. Wenigsten etwas, dachte sie, ich spüre dass ich noch nicht gestorben bin, wovon sie überzeugt war diesen Zustand in den nächsten Tagen erreicht zu haben.
Mit zittrigen Fingern tippte sie eine SMS für Tom. Kurz hatte sie überlegt ihn anzurufen. Aber ihr Budget war sehr begrenzt, vielleicht brauchte sie das restliche Guthaben, um morgen ihren Untermieter zu verständigen. Aus diesem Grund tippte sie schnell ein paar Zeilen, in denen sie log, dass es ihr gut ginge und alles bestens sei. Kaum hatte sie die Taste zum senden gedrückt fing sie wieder an zu weinen. Schluchzend goss sie sich den restlichen Wein in ihr Glas und nahm einen tiefen Schluck. Sofort ging es ihr etwas besser.
„Das ist doch albern“, sagte sie wieder zu sich selbst.
An den Klang ihrer Stimme in dem stillen Haus hatte sie sich mittlerweile gewöhnt. Ebenso an das ständig auftretende Knacken. Sie vermutete, dass es sich hierbei um Geräusche die das alte Haus hervorbrachte handeln musste. Es war aus Natursteinen gebaut worden, im Inneren wurden die Wände entweder verputzt oder aber mit Holz vertäfelt. Sie war aufgestanden, um sich den Abwasch vorzunehmen, als sie spürte, dass sie dringend eine Toilette aufsuchen sollte. Diesen Teil des Hauses hatte sie bisher nicht erkundet. Da sie geglaubt hatte in der unteren Etage zu wohnen, wollte sie das spärlicher ausgestattete Badezimmer im untern Bereich nutzen. Ohne Licht traute sie sich nach wie vor nicht hinunter. Neben der Küche war eine Tür hinter der das Schlafzimmer, Bad und Toilette sein mussten. Beherzt riss Anna die Tür auf, mit dem allerschlimmsten rechnend, wenn sie auch nie hätte sagen können, was sie erwarten würde. Wieder starrte sie ins Dunkel.
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