Der Problemmann (German Edition)
glatte Fläche und in ihr einen runden Schalter. Erleichtert drückte sie ihn herunter. Augenblicklich war Anna blind. Sie kniff die Augen zusammen und schaute sich um. Alles sah so aus, wie sie es erahnt hatte. Ein Kronleuchter, der stilistisch überhaupt nicht zum Rest der Einrichtung passte erhellte den Raum mit gefühlten 10.000 Watt Glühbirnen. Wie gut, dass Uta und Oliver ihr angeboten hatten nichts für den Strom bezahlen zu müssen. Allein die Inbetriebnahme dieser Lampe hätte sie in einer Woche um ihr erspartes Geld gebracht.
Die Tür stand noch immer weit auf, ein lauer Wind wehte herein und brachte Aromen von frischen Wiesenkräutern und Frühling mit sich. Die Erde roch hier anders, wesentlich würziger. Anna war müde. Der Tag war lang gewesen und sie bereits um vier Uhr am Morgen aufgestanden. Im Grunde hätte ihre Anreise kaum mehr als einen halben Tag in Anspruch genommen, wenn sie es sich hätte leisten können ein Auto zu leihen. Uta hatte ihr geholfen die richtige Busverbindung in den Ort zu finden und ihr alles minuziös aufgeschrieben. Da Anna tatsächlich kein einzige Wort Italienisch sprach, hatte Uta ihr auf Karteikarten alle wichtigen Floskeln aufgeschrieben. So könnte Anna auf diesem Wege gleich die Sprache ein wenig lernen. Anna war mehr als dankbar über diese Fürsorge, denn die Karten kamen unmittelbar nach der Ankunft in Italien zum Einsatz. Ohne erst zu versuchen ihre nicht vorhandenen Kenntnisse der Sprache unter Beweis zu stellen, zückte sie bei jeder Gelegenheit die entsprechende Karte. Teilweise hatte Uta ihr Karten für Italiener angefertigt, damit diese ihr antworten konnten. Anna hielt ihnen die Karten unter die Nase, die lachten und blätterten sie durch, bis sie eine entsprechende gefunden hatten. So schaffte es Anna recht unbeschadet durch das Land zu kommen. Vom Flughafen aus fuhr sie mit der Bahn in eine kleine Stadt, die Anna eher als Ortschaft bezeichnet hätte. Alles wirkte eher klein, was sie allerdings schnell revidierte, als sie einen Supermarkt suchte, um sich mit dem Nötigsten einzudecken. Der Bus, der sie in an ihr Ziel fahren würde, fuhr jedoch erst in zwei Stunden. Bepackt mit zwei großen Reisetaschen, einem Rucksack, in dem sich ihr Arbeitsgerät befand und einigen Tüten mit Lebensmitteln, traute sich Anna nicht den Busbahnhof zu verlassen. So saß sie die gesamte Zeit stumm auf einer Bank und überlegte, was sie hier überhaupt verloren hatte. Das Treiben einer Italienischen Kleinstadt zog an ihr vorbei. Autos hupten, Menschen im Wageninneren gestikulierten wild mit den Armen und erhoben teilweise die Lautstärke ihrer Aussprache. Für Anna hörte sich dieses Durcheinander an Geräuschen auf der einen Seite ungewohnt und beängstigend an, auf der anderen Seite fühlte sie sich wie in einem Film. Das alles schien kaum real zu sein. Sonnestrahlen wärmten sie. Sie hatte sich ihre Jacke bereist bei der Ankunft am Flughafen Venedig ausgezogen und nicht eine Sekunde darüber nachgedacht sie wieder anzuziehen. Am frühen Morgen hatte sie ein verregnetes und äußerst kaltes Deutschland verlassen, saß nach nur wenigen Stunden im Süden und genoss die Frühlingssonne.
Endlich kam der Bus, der sie weiter in den Nord-Osten fahren würde. Obwohl Anna müde war und glaubte, ihr würden jeden Moment die Augen zufallen, schaute sie dennoch gebannt aus dem Fenster. Eine wundervolle Italienische Landschaft zog an ihr vorbei, die sich veränderte je weiter sie fuhr. Am Horizont konnte Anna die Berge der Alpen ausmachen. Sie dachte darüber nach, wie gern sie ein bis zwei Tage in Venedig geblieben wäre. Wann würde sie je wieder die Chance bekommen diese traumhafte Lagunenstadt zu sehen? Für den Bruchteil einer Sekunde dachte sie an Michael und wie schön es gewesen wäre, mit ihm die Stadt der Verliebten zu erkunden. Ganz allein würde ihr das ohnehin keinen Spaß bereiten entschied sie und verdrängte so den Gedanken, dass sie lediglich kein Geld hatte sich diesen Luxus zu leisten.
Der Bus fuhr durch mehrere kleine Orte, die diese Bezeichnung in der Tat verdienten. Er quälte sich durch enge Gassen, während Anna glaubte nie irgendwo anzukommen, da sich der Busfahrer mit Sicherheit verschätzt hatte und das Fahrzeug jeden Moment an einer Häuserecke hängen bleiben würde. Zu ihrer Überraschung manövrierte der Fahrer den Bus sicher durch enge Häuserschluchten, durch die sich Anna nicht einmal mit einem normalen PKW getraut hätte.
Anna stand noch immer
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