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Der Professor - Wie ich Schwedens erfolgreichster Profiler wurde

Der Professor - Wie ich Schwedens erfolgreichster Profiler wurde

Titel: Der Professor - Wie ich Schwedens erfolgreichster Profiler wurde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif GW Persson
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gibt es mehrere Gründe. Unter anderem weiß ich, dass sie das Memorandum, das der Reichspolizeichef Olof Palme übergeben hat, bereits kennen und zumindest über einen Informanten verfügen, den die anderen nicht haben und der eingehende Informationen über Lennart Geijer besitzt. Dass Erik Eriksson bereits mehrere Monate vor der Reichstagsdebatte vom 9. Mai wusste, dass der Name Thorbjörn Fälldin in Perssons Memorandum vorkam, weiß ich ebenfalls mit Sicherheit.
    Das ist natürlich selbst Peter Bratt bewusst. Nicht, über welche Informationen Studio S und andere ganz konkret verfügen, aber er weiß, dass viele seiner Kollegen und Konkurrenten dieselbe Enthüllung planen wie er selbst. Ich glaube auch, dass dies der entscheidende Grund ist, warum er es so fürchterlich eilig hat, nachdem er den Hörer nach unserem ersten Gespräch am Donnerstagnachmittag, den 17. November 1977, aufgelegt hat. Plötzlich hat man ihm den entscheidenden Teil der Geschichte über Lennart Geijer auf einem Silbertablett serviert, nämlich dass Reichspolizeichef Carl Persson nur vierzehn Tage vor der Wahl 1976 Geijers Chef, Ministerpräsident Olof Palme, ein Memorandum übergeben hat, in dem die Reichspolizeibehörde und die Sicherheitspolizei ihrer Besorgnis Ausdruck verleihen, der Justizminister könne wegen seiner angeblichen Kontakte zu Prostituierten ein Sicherheitsrisiko darstellen.
    Die Enthüllung Dagens Nyheters und Peter Bratts hat mehrere unglückliche Konsequenzen. Die Einzigen, die kurzfristig profitieren, sind Lennart Geijer selbst und Olof Palme, der diesen verteidigt, die Dagens Nyheter -Enthüllung kategorisch dementiert und Peter Bratts Artikel vollkommen niedermacht. Zu diesem Zeitpunkt sprach man ja, wie eben schon erwähnt, von der DN-Affäre oder sogar vom DN-Skandal und nicht von der Geijer-Affäre. Nicht zuletzt die anderen Zeitungen schwelgen im Misserfolg der Dagens Nyheter. Dass die größte Tageszeitung des Landes einen allgemein geachteten und respektierten Politiker schwer verleumdet hat. Sicher fluchen einige auch darüber, dass ihnen Dagens Nyheter eine gute Story gestohlen und dann nichts daraus gemacht hat.
    Gleichzeitig ist das Glück von kurzer Dauer. Wenn beispielsweise Eriksson und Elwin von Anfang an die Axt geschwungen hätten, dann hätte es keinen Platz für Dementis gegeben, davon bin ich überzeugt. Der Skandal wäre ein Faktum gewesen, und ich glaube auch nicht, dass die Diskussionen dann davon gehandelt hätten, ob die sicherheitspolitische Besorgnis, der der Reichspolizeichef in seinem Memorandum für Olof Palme Ausdruck verliehen hatte, berechtigt war. Ich bin davon überzeugt, dass Eriksson und Elwin auch diesen Teil der Argumentation bewältigt hätten. Es gab sehr viele Schweinereien, die der genaueren Betrachtung lohnten, und bedauerlicherweise auch sehr vieles, was dafür sprach, dass Lennart Geijer die Kontakte pflegte, von denen gerüchteweise die Rede war.
    Ich glaube nicht, dass Olof Palme in dieser Situation die Arena betreten hätte, um seinen ehemaligen Justizminister zu verteidigen. Jedenfalls nicht so. Man kann über Olof Palme denken, was man will, aber so dumm war er nicht. Außerdem waren ihm Geijers private Vorlieben alles andere als unbekannt. Das haben mir mehrere Personen aus seiner nächsten Umgebung bereits damals erzählt und dabei unterstrichen, wie sehr »Geijers notorische Weiberaffären« Palme bekümmerten.
    Gewisse Schlüsse sind also einfach und bieten sich an.
    Lennart Geijer hätte sich selbst verteidigen müssen.
    Olof Palme hätte zumindest in dieser Frage nichts verlauten lassen.
    Carl Persson wäre noch einige Jahre länger Reichspolizeichef geblieben. Sein Vertrag lief bis 1982, aber jetzt hört er bereits im Frühjahr 1978, ein halbes Jahr nach der Geijer-Affäre, auf.
    Erik Eriksson und Göran Elwin hätten den Großen Journalistenpreis bekommen.
    Dagens Nyheter wäre nicht in Schwierigkeiten geraten. »Sie hatten es zu eilig«, wie einer ihrer Konkurrenten die Sache zusammenfasste.
    Wenn das Wörtchen Wenn nicht wäre. Wenn ich nur Peter Bratt an diesem Nachmittag im November 1977 nicht zurückgerufen hätte. Und da ich es doch tat … wenn ich erst einmal nachgedacht und nichts gesagt hätte. Wenn …

52.

Motive
    Stattdessen kam es, wie es kam, und in den letzten 35 Jahren hatte ich natürlich unendlich viel Zeit, über meine eigenen Motive nachzudenken. Um es mit der Terminologie zu beschreiben, die ich selbst gelegentlich für Profile anderer

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