Der Professor - Wie ich Schwedens erfolgreichster Profiler wurde
eine journalistische Enthüllung ersten Ranges erfüllte und dass es nur zwei Fortsetzungen gab. Entweder war es so schlimm, wie der Reichspolizeichef befürchtete, dann adieu, Lennart Geijer. Oder der Reichspolizeichef hatte nur schlecht fundierte Fantasien zu Markte getragen, um einem politischen Gegner eins auszuwischen, dann adieu Carl Persson. Ungeachtet der Folgen war es ein erstklassiger Scoop.
Wenn ich bombensicher gewesen wäre, dass Lennart Geijer Huren frequentierte, wenn ich dies hätte beweisen und jegliche Zweifel hätte ausräumen können, wenn ich Peter Bratt angeboten hätte, mich in diesem Punkt wörtlich zu zitieren – etwas sagt mir, dass sowohl er als auch seine Zeitung dieses Angebot angenommen hätten –, dann wäre ich edel gewesen. In dem altmodischen Sinne, der die tragende Botschaft jener Ritterromane ausmacht, die jeder Mensch mit Grips schon hundert Jahre, bevor Dagens Nyheter über Geijer herfiel, weggelegt hatte.
Meine Motive sind auch aus einem anderen Grund zweifelhaft. Mein Arbeitgeber, die Reichspolizeibehörde, und ich selbst liefern uns schon seit Jahren einen Machtkampf mit Geijer und dem Justizministerium. Dagens Nyheter und Peter Bratt haben mir plötzlich die Chance gegeben, ihm mit Hilfe des im Grundgesetz verankerten Quellenschutzes eins auszuwischen. Dessen bin ich mir natürlich bewusst, und das ist kein bisschen edel. Außerdem war es in machtpolitischer Hinsicht vollkommen unbegründet. Geijer wäre in Rente gegangen. Die Politik, die er vertrat, war bereits Geschichte, und den Krieg, den die Reichspolizeibehörde und ich einmal gegen ihn geführt hatten, hatten wir im Wesentlichen bereits gewonnen.
Ich habe ihm nicht nur heimlich eins ausgewischt, ich habe gewissermaßen einem Liegenden einen Tritt versetzt, und weniger edel kann man sich in einem rein faustkämpferischen Zusammenhang kaum verhalten.
Meine persönliche Handlungsweise, nicht zuletzt im Hinblick auf meine Worte, weist auch ernsthafte gedankliche Mängel auf. Sie war naiv, einfältig und unnötig, und das Einzige, was ich zu meiner Verteidigung vorbringen kann, ist, dass ich mich normalerweise nicht so verhalte. Ich bin nicht im Mindesten gutgläubig, ich bin alles andere als dumm, und ich bin mir fast immer der Konsequenzen meiner Taten bewusst, und zwar oft bis ins kleinste Detail.
Möglicherweise ist die einfache Erklärung, dass es mir zu gut ergangen war. Dass mich Hochmut befallen hat, Übermut, genau wie Ikarus, als er zu nahe an die Sonne flog, seine Flügel verlor und ins Meer stürzte. Jugendlicher Übermut, und wenn Bratt mich heute anrufen würde, dann würde ich mit größter Wahrscheinlichkeit nur den Kopf schütteln und erwidern, ich wüsste nicht, wovon er überhaupt spreche.
Aber damals war es anders. Damals hatte ich gemischte Motive, und ich habe keine Veranlassung, schonender mit mir ins Gericht zu gehen.
53.
Nachwehen
Die Geijer-Affäre hat Folgen im Hinblick auf mich, nicht zuletzt persönlicher Art. Auf meiner eigenen Abrechnungsliste tauchen eine Menge Leute auf, die damals ihre Ehre verloren. Nicht nur in meinen Augen, sondern in den Augen aller, die einen Kopf zum Nachdenken und ein Herz zum Mitfühlen haben.
Für gewöhnlich pflege ich Schurken nicht nach der Schwere ihrer Taten einzuteilen. Damit dürfen sich das FBI und das Reichskriminalamt befassen, aber in diesem Fall bin ich doch bereit, für einige von ihnen eine Ausnahme zu machen.
Einer von diesen ist Peter Bratt. Er hat nicht einfach nur schlechte journalistische Arbeit geleistet. Es war noch viel schlimmer. Binnen vierundzwanzig Stunden gab er seinen vom Grundgesetz geschützten Informanten preis. Nicht nur mehreren Kollegen gegenüber Dagens Nyheter , sondern auch Journalisten anderer Redaktionen gegenüber. Das weiß ich ganz sicher und erfahre es recht bald. Peter Bratt weiß auch, dass ich darüber Bescheid weiß, und deswegen meidet er dieses Thema auch sorgfältig, als er viel später versucht, seine Rolle in dieser traurigen Geschichte zu beschönigen.
An dem Tag, an dem Dagens Nyheter seinen Artikel bringt, hat selbst er erkannt, dass ihm die Felle davonschwimmen, und in dieser Lage beginnt er seine Theorie zu verkaufen, er selbst als Enthüller der IB -Affäre sei das Opfer einer Konspiration von Seiten des Reichspolizeichefs und mir, und ich hätte ihm bewusst und im Auftrag meines höchsten Chefs falsche Informationen geliefert, um ihn fertigzumachen.
Selbst als Konspirationstheorie ist es das
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