Der Professor - Wie ich Schwedens erfolgreichster Profiler wurde
später trennen, liegt das nicht daran, dass wir uns plötzlich in unterschiedliche Richtungen bewegen, sondern daran, dass uns unsere Wirklichkeit einholt, und zwar beide gleichzeitig und aus demselben Grund. Aber bis dahin leben wir, so wie wir sind.
Im Sommer nehmen wir unsere Frauen und Kinder an einen Ort mit, der weit genug entfernt ist, um uns die Begegnung mit einer Menge normaler geldgieriger Buchhaltertypen zu ersparen. Diese langweiligen Leute, die ständig nur vom Geld reden. Wer hat in den Ferien schon Lust auf die? In den Ferien soll man sich schließlich um seine Familie kümmern.
Jetzt ist Sommer, jetzt geht es um andere Werte, und es ist höchste Zeit, dass wir unsere Lieben für zehn Monate väterlicher Vernachlässigung während eines weiteren Jahres entschädigen.
Jetzt folgt eine Skizze, die zumindest illustriert, was ich meine. Ein Jahr wie alle anderen zu dieser Zeit, und in diesem Sommer Ende der achtziger Jahre hat Kim für uns ein Haus in Montauk an der Nordspitze von Long Island gemietet. Zweihundert Kilometer von Manhattan entfernt, wenn man mit dem Auto oder Zug fährt, aber nur eine Viertelstunde, wenn man einen Hubschrauber hat, der über die Long-Island-Meerenge fliegt und beim Rockefeller Center landet.
Das Haus ist geräumig und bequem. Die Sonne scheint jeden Tag. Der Himmel ist wolkenlos. Die Einheimischen scheinen freundlich zu sein. Die Sandstrände sind unendlich lang, der Atlantik funkelt blau, und die Haie halten sich auf Abstand, so dass die kleinen Kinder im Meer schwimmen können und nicht im Pool neben dem Haus baden und dort ihren Vätern ständig störend vorführen müssen, wie gut sie schon schwimmen können.
Während unsere Ehefrauen und Kinder plus diverse Freunde und Bekannte schwimmen, in der Sonne liegen und Sachen kaufen, diskutiere ich mit Kim, wie wir durch verschiedene Finten und Tricks (sowie durch eine größere Summe, die wir aufnehmen wollen) die Kontrolle über Volvo gewinnen können, um das Unternehmen auszuschlachten, in Teilen weiterzuverkaufen und dabei viel Geld zu verdienen. Es sind die achtziger Jahre, und alle wissen, dass das die einzige Methode ist, ein Unternehmen wirklich zu optimieren und an seine versteckten Ressourcen zu gelangen. Es endlich aus den Formen zu befreien, in denen es erstarrt ist, endlich selbst an die ganze versteckte Kohle zu kommen. Im Takt der Musik der Zeit zu tanzen.
Mit Hilfe der neuen Telekommunikationstechnik sorgen wir dafür, dass uns unsere Börsenmakler in Schweden ständig mit den nötigen Informationen für die verschiedenen Strategien, den normalen Hinterhalt, den wir gerade diskutieren, versehen. Ununterbrochen und zu allen Zeiten des Tages treffen Faxe ein, und es wird telefoniert. Hätten wir damals Zugang zur heutigen Informationstechnologie gehabt, dann hätte man uns vermutlich bereits nach einem Tag in die Anstalt einweisen müssen. Dieses Leben führen wir, und so seltsam es klingen mag, geht es eigentlich nicht einmal um Geschäfte oder auch nur um Geld.
Mit anderen Worten ist es abgesehen von der Familienkomponente genau wie immer. Ungefähr wie ein Kriegsspiel, aber mit Profitinteressen, die in normalen Kriegen ja in so auffällig hohem Grad fehlen.
Wie auch immer. Der emsige Arbeiter verdient seine Pause, und um Viertel vor zwölf machen wir unseren täglichen Spaziergang zum nächsten Diner. Bis dahin braucht man nämlich nur eine Viertelstunde, und kein normaler Mensch beginnt vor zwölf Uhr mittags zu saufen. In diesem Punkt sind wir uns rührend einig, obwohl unsere Tage nach zwölf oft genug erst nach der Morgendämmerung des nächsten Tages enden.
Unser Lieblingslokal ist ein alter Bauwagen aus Holz. Der Inhaber hat die obere Hälfte der einen Längswand entfernt und in eine Bar verwandelt. Dahinter liegt die Küche. Um den Wagen herum hat unser Gastwirt einige Tische, Stühle und Sonnenschirme zum Schutz vor der Sonne aufgestellt. Abgesehen davon sieht alles genauso aus wie damals, als ich mit Papa Gustav und seinen Kollegen auf der Baustelle arbeitete.
Damals suchten wir immer den Bauwagen auf, ganz egal, wie sehr die Sonne von dem knallig blauen Himmel schien. Wir stellten unsere Henkelmänner mit Speck und braunen Bohnen in den Wärmeschrank und spielten Karten, während wir darauf warteten, dass unser Essen so warm werden würde, dass wir es im dunklen Bauwagen schweigend essen konnten. Dreißig Jahre später sind andere Zeiten, und es herrschen nach einer langen Reise andere
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