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Der Professor - Wie ich Schwedens erfolgreichster Profiler wurde

Der Professor - Wie ich Schwedens erfolgreichster Profiler wurde

Titel: Der Professor - Wie ich Schwedens erfolgreichster Profiler wurde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif GW Persson
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abzuweichen. Ich bin betrunken, traurig, fertig. Kim ist nüchtern, da er nicht einmal mehr trinken kann, im Übrigen geht es ihm genauso wie mir, denn so war es ja immer. Wir lebten dasselbe Leben bis zum Ende. Jetzt haben wir beide keine Kraft mehr. Unsere allumfassende Gemeinschaft trennte uns. Und jetzt ist Schluss. Alles ist vorbei.
    Die andere Kim ist mir geblieben. Sie ist meine dritte und letzte Ehefrau. Sie kann nicht ausgetauscht oder ersetzt werden, da sie mich am Leben hält. Sie hat mir bereits ganz konkret das Leben gerettet. Ohne sie wäre ich gestorben. Davon später.

61.

Gustaf wie aus dem Gesicht geschnitten?
    »Er ist Gustaf wie aus dem Gesicht geschnitten.«
    Meine Mutter sagt das immer. Sie sagt das immer zu meinem Vater, obwohl sie damit gar nicht ihn meint, sondern ihren eigenen Vater Anders Gustaf, den alle immer nur Gustaf genannt haben.
    Sie meint damit sicher mehrere Dinge. Dass ich meinem Großvater in vieler Hinsicht ähnlich bin. Beispielsweise, dass ich mein Leben führe, wie ich es selbst für gut befinde. Dass ich ein Beisammensein oder ein Gespräch einfach beende, indem ich aufstehe und gehe. Genau wie Großvater das tat, wenn ihm etwas nicht passte, er brummelte was, schüttelte den Kopf und ging. Das ist ein Grund. Es gibt weitere.
    Sicher geht es auch um die Geschäfte, die ich in den 80er Jahren zu tätigen beginne und über die sie sogar in den Zeitungen lesen kann. Selten in schmeichelhaften Zusammenhängen. Großvater machte auch Geschäfte und trieb mit allem möglichen Handel, obwohl er vorgab, einfacher Tischler zu sein. Genau wie ein Kriminologe, der als Sachverständiger für das Justizministerium arbeitet und gleichzeitig Mietshäuser und Bürohäuser besitzt. »Ein Abteilungsleiter in der Regierungskanzlei«, wie das Boulevardblatt Aftonbladet es zusammenfasst, dem das Ganze offenbar nicht gefällt.
    Dass Großvater in seiner Jugend Heringe verkauft hat, war nur eine Anekdote. Dass er während des Zweiten Weltkriegs mit Schrott und Metallen handelte, darüber sprach man nur hinter vorgehaltener Hand. Von ihm war auch nie in der Zeitung die Rede. Nicht einmal in den Listen der Steuerbehörde in Dalarna, wo er wohnte, tauchte er auf. Sicher war er listiger als sein Enkel. Das entnehme ich den Worten meiner Mutter, die oft eine Spitze enthalten. Ein anderer Grund für ihre Behauptung, ich gleiche ihrem Vater so, ist sicher die Botschaft an meinen Vater. Er soll bloß nicht glauben, es sei sein Verdienst, dass er einen Sohn hat, der reich, berühmt und berüchtigt ist.
    Mein Vater ist bodenständiger, nicht zuletzt verglichen mit seinem Schwiegervater. Papa und Großvater sind niemals gleichwertig, aber ich bin einfach »gut genug«, egal, was in der Zeitung steht. Jedenfalls gut genug für meinen Vater. Verstellung und Zweideutigkeiten sind nichts für ihn. Höchstens verleiht er einmal seinen Gedanken indirekten Ausdruck, beispielsweise als ich ihn nach der Einstellung meines Großvaters zu Steuern und anderen Abgaben frage, weil die Brieftasche meines Großvaters so viel dicker ist als alle seine Steuererklärungen zusammengenommen.
    »Ich frage mich nur, mit wie viel Branntwein er diesen Strömberg im Laufe der Jahre abgefüllt hat«, meint Papa nur und schüttelt den Kopf. Strömberg war in dem Ort, in dem Großvater die letzten fünfzig Jahre seines Lebens gemeldet war, für die Steuern zuständig.
    Meine Erinnerungen an meinen Großvater stammen überwiegend aus meiner Kindheit, und aus dieser Zeit erinnere ich mich an ihn mit dem Entzücken eines Kindes, auch weil er mit mir sprach wie mit allen anderen. Eine Art Monolog, der sich den Anschein eines Gesprächs gab, in dem er im Vorbeigehen seiner Umgebung das mitteilt, was er für wichtig hält, auch wenn es sich bei seinem Publikum nur um einen Knaben handelt, der noch nicht einmal in der Volksschule begonnen hat.
    Aber warum sollte so etwas für Großvater eine Rolle spielen? Er will ins Restaurant und Mittag essen, und er braucht Gesellschaft beim Essen. Es scheint ihm auch zu gefallen. Ich bekomme Fleischbällchen und Eis mit Schokoladensauce, und auf dem Hin- und Rückweg darf ich seine Hand halten, obwohl er so alt ist, dass er sogar der Großvater meiner eigenen Mutter hätte sein können. Das hat sie mir selbst erzählt, und auch damals habe ich nicht begriffen, warum.
    Aus späterer Zeit habe ich nur wenige Erinnerungen an meinen Großvater. Ich weiß, dass ich ihn einige Male besuchte, als ich bereits

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