Der Professor - Wie ich Schwedens erfolgreichster Profiler wurde
hat, dass ich in der Lage bin, all das zu bejahen, was mir gefällt, auch wenn es nur etwas ist, was mir zufällig durch den Kopf geht. Ungeachtet dessen, ob es um die Arbeit geht oder um den Umgang mit der Familie. Oder alle Kleinigkeiten, die den Alltag von Arm und Reich ausmachen. In meinem Fall: Die gesammelten Werke Strindbergs in Halblederbänden zu kaufen und in den folgenden Wochen auf der Couch in meinem Arbeitszimmer zu lesen, Bücher, die ich bereits gelesen habe, um schließlich zu der Einsicht zu gelangen, dass der Text mehr bedeutet als der Einband. Oder ich reise in die Mongolei, um zu Pferd einen Monat lang Hirsche und Steinböcke zu jagen. Das ist die eine Seite der Medaille, und die Zeit, die ich früher auf der Schnäppchenjagd im Supermarkt verbracht habe, ist inzwischen Geschichte.
Ich habe auch aufgehört, Kühe auszumalen, was sowohl klug als auch moralisch vorbildlich und ganz allgemein zeitsparend ist. Merkwürdig ist in diesem Zusammenhang, dass ich plötzlich als Kriminologe umstritten bin, unabhängig davon, ob ich mich mit der Effektivität der Polizei oder mit den Maßnahmen der Gesellschaft gegen Wirtschaftsverbrechen befasse. Die Kritik richtet sich genauso oft gegen mich als Person wie gegen meine Arbeit, und da ich inzwischen kein normaler Zeitgenosse mehr bin, der Kühe ausmalt, so bereitet es mir natürlich großes Vergnügen, allen zu erklären, dass mir ihre Meinung scheißegal sei.
Ich muss mich nicht mehr mit der Tatsache trösten, dass es in einem Land wie Schweden vollkommen unmöglich ist, sich mit allen aus demselben Grund und zum selben Zeitpunkt zu streiten.
So weit ist vermutlich alles gut und schön – oder zumindest zeitsparend und erträglich –, aber dann ist es plötzlich nicht mehr so einfach, da ich inzwischen auch die Freiheit besitze, die dunklen Kräfte in meinem Inneren zu bejahen. Meinen neu entfachten Klassenhass, meine Rachsucht. Jetzt kann ich all das tatsächliche oder eingebildete Unrecht, das mir widerfahren ist, begleichen, ohne mir allzu viel Gedanken über die Schuldfrage oder darüber, ob jene, die von meiner Abrechnung betroffen sind, überhaupt mit der Sache zu tun gehabt hatten, zu machen. Ich wünsche Leute in einem Umfang zum Teufel, der glücklicherweise bei normalen und netten Leuten nicht sonderlich normal ist. Am allerwenigsten bei Leuten, die im Leben Erfolg gehabt haben.
Ein weiterer Grund für mein Verhalten sind die Angstzustände, die mich immer noch belasten. Ich habe versucht, sie zu bewältigen, indem ich sie in meinem seelischen Wäschetrockner durchgeschüttelt habe, aber jetzt steht es mir frei, meinem seelischen Druck auf die einfachste Weise freien Lauf zu lassen, indem ich einfach den Korken knallen lasse. Mir steht es plötzlich frei, mein Missfallen über alles und alle kundzutun, aber ich habe auch die Möglichkeit, jene Menschen zu umsorgen, die ich liebe, und zwar nach denselben Regeln, die einem sizilianischen Mafiaboss, Familienvater und normalen untreuen Ehemann obliegen.
So viel zu meinen Motiven und inneren Beweggründen. Die einfachste Art, ihre Auswirkungen zu beschreiben, ist eine einfache chronologische Auflistung dessen, was ich in diesen zwanzig Jahren meines Lebens eigentlich treibe. Immerhin habe ich mein Bestes versucht, und die einzige Erklärung dafür, dass die Beschreibung trotzdem mangelhaft bleibt, ist sicher der Umstand, dass ihr Gegenstand einfach unbegreiflich ist. Daraus resultiert eine Skizze, teilweise handelt es sich auch um Texte, die in dieser chaotischen Zeit entstanden sind.
Im Laufe des auf die Geijer-Affäre folgenden Jahres geht meine Ehe in die Brüche. Ich möchte das nicht auf die Aufregungen dieser Zeit schieben, denn die Dinge waren schon vorher recht kompliziert. Aber diese Sache machte sie natürlich nicht besser. Da ich plötzlich über einen Haufen Geld verfüge, lassen sich die praktischen Probleme leicht lösen. Meine erste Frau bleibt mit unseren zwei Töchtern in dem Haus in Djursholm. Ich selbst kaufe mir eine Eigentumswohnung ganz in der Nähe. Ich versuche jedenfalls alles zu bewältigen, was man von einem frisch geschiedenen Mann und Vater zweier kleiner Mädchen im Alter von zehn beziehungsweise fünf Jahren erwarten kann.
Knapp und zusammenfassend kann ich sagen, dass mir das nicht sonderlich gut gelingt. Ich habe nämlich bereits eine neue Frau kennengelernt, die aus Göteborg stammt. Ich bin wie besessen von ihr. Ich ziehe nach Göteborg, weil sie sich
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