Der Professor - Wie ich Schwedens erfolgreichster Profiler wurde
einer normalen Bockwurst mit Brot.«
Ehe ich ins Land der Kindheit weiterreise, mache ich mir die notwendigen Notizen. Über die Planung und die kommunalpolitische Lobbyarbeit, die nötig ist, alle praktischen Maßnahmen und Schritte. Da ich eine so komplexe und oft von Angstzuständen befallene Person bin, beschließe ich herauszufinden, was aus Korv-Larsson geworden ist. Ich will auf die kameralistische schwedische Weise herausfinden, ob ihn wirklich der Ruin und ein vorzeitiger Tod ereilten. Aus demselben Grunde vergesse ich das aber im selben Moment, in dem ich mir ausreichend über etwas anderes Sorgen mache.
Ich parke vor dem Haus im Tegeluddsvägen, und zwar genau dort, wo der Kommissar sechzig Jahre zuvor seinen schwarzen Citroën abstellte, um wenige Minuten später eine Fünfjährige auf einen Speicher zu locken, damit sie dort seinen Schwanz anfasst. Damals war noch Linksverkehr, und sein Kühler stand in der anderen Richtung, Richtung Värtavägen und Stadt. Der naheliegende Fluchtweg, sollte er nötig werden.
Der Film wird erneut in meinem Kopf abgespult. Sein Auto stand zwanzig Meter von der Hausecke entfernt. Ich messe die Entfernung mit Schritten ab. Sicherheitshalber zwei Mal. Alles stimmt. Der Meisterdetektiv hatte genug Zeit für seine Beobachtungen.
Du hattest Glück, denke ich, wäre das zwanzig Jahre später passiert, hätte ich dafür gesorgt, dass du in den Knast kommst.
Das Haus im Tegeluddsvägen steht noch. Inzwischen handelt es sich um Eigentumswohnungen, und alles ist sogar noch ordentlicher als zu Zeiten meines Vaters. Die Rocky Mountains sind auch noch da, die Felsen unterhalb der Furusundsgatan und vor der Wiese vor unserem Haus, die alle Kinder im Winter auf dem Hosenboden herunterschlitterten.
Im Winter waren wir alle ordentlich eingepackt. Lange Unterhosen, lange Strümpfe, Leibchen, dicke Wollsocken und gestrickte, kratzende Wollpullover. Darüber ein dicker Overall. Pelzgefütterte Stiefel, Ledermützen mit Ohrenklappen, Fausthandschuhe aus Leder. Darüber zum Schutz eine Latzhose aus Wachstuch, ein ausgezeichnetes Kleidungsstück für alle, die auf dem Hosenboden Schlitten fahren wollen.
Wir fangen oben an der Sandhamnsgatan an und schlittern auf dem Hosenboden die Rocky Mountains herunter, und die Bahn wird immer besser, je mehr Kinder herunterschlittern. Schließlich besteht sie aus blankem Eis, und man gelangt bis weit vors Haus. Als Sune einmal mit einem Schlitten herunterfuhr, kam er bis in die Mitte des Tegeluddsvägen und wäre beinahe von einem Kohlenlaster auf dem Weg zum Frihamnen überfahren worden.
Die Rocky Mountains sind immer noch da, aber nicht so, wie ich mich an sie erinnere. Der Hang ist nur ungefähr 25 Meter lang, und das Gefälle beträgt bis zur Wiese, wo die Rodelbahn endete, nur knapp acht Meter. Ein runder Felsbuckel in der Mitte der Bahn erhöht das Tempo noch zusätzlich. Das ist, betrachtet mit Augen, die sechzig Jahre älter sind, alles. Hosen aus Wachstuch, nicht die runden Blechtabletts, auf denen meine ältesten Kinder Schlitten fuhren und die Untertassen genannt wurden. Normale Wachstuchhosen, nicht die ergonomisch perfekten Plastikschlitten, auf denen meine jüngsten Kinder gefahren sind.
Die Konditorei, die Tante Eleonora gehörte und die im Nachbarhaus lag, gibt es noch. Sie heißt immer noch Eleonoras Konditorei. Eleonora war immer nett zu uns Kindern. Ihre Kopenhagener mit Marmelade, gelber Vanillecreme und Zuckerguss waren berühmt. Wenn sie mit dem Backen fertig war, stellte sie die schwarzen Bleche zum Abkühlen ins Fenster, und wir kratzten ab, was hängengeblieben war, und aßen es auf. Die Konditorei ist zwar noch da, aber es duftet nicht mehr nach Kopenhagenern. Verschwunden sind auch die roten Holzhäuser der Eisenbahner. Sune und seine Mutter sind verschwunden. Das habe ich inzwischen herausgefunden. Sune starb, als er gerade dreißig geworden war, seine Mutter im Jahr darauf mit 52.
Alle Gärten sind verschwunden und alle Häuser aus dem 19. Jahrhundert. Einige waren noch älter. Stattdessen stehen dort moderne Bürogebäude, Handelsbanken, Verwaltungsgericht, TV 4 und Länsförsäkringar. Es gibt ein Friskis och Svettis-Fitnessstudio, in dem sich alle Zahlenjongleure abmühen können, wenn sie keinen Nerv mehr haben weiterzurechnen, auf ihre Computermonitore zu starren, mit ihren Handys zu telefonieren oder italienische Kaffeespezialitäten zu trinken. Jetzt herrschen andere Zeiten.
Ich gehe in dem Viertel, in dem ich
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