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Der Professor - Wie ich Schwedens erfolgreichster Profiler wurde

Der Professor - Wie ich Schwedens erfolgreichster Profiler wurde

Titel: Der Professor - Wie ich Schwedens erfolgreichster Profiler wurde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif GW Persson
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Friberg verewigt hat. Am allerliebsten das Leben – das versteht sich, aber vielleicht ist es wirklich etwas übertrieben, auch nur darauf zu hoffen –, das Sherlock Holmes lebte, allerdings in der Zeit, in der ich selbst mich befinde. Aber kein Polizist, kein Leben als normaler Polizist, Polizist nie im Leben.
    Den Gedanken, auch ein singender Detektiv zu werden, gab ich allerdings schnell wieder auf, obwohl es immer noch vorkommt, dass ich Snoddas höre. Ich summe sogar »Flößerliebe«, wenn ich sechzig Jahre später in meiner großen Badewanne zu Hause auf dem Gut liege und ein Glas Wein trinke.
    Viele der besten Bücher, die ich in meinem Leben gelesen habe, handeln von Verbrechen, und ich muss nicht einmal die ganz Großen wie Dickens, Balzac, Dostojewski oder unsere eigene Selma Lagerlöf bemühen, um das zu behaupten. Es gibt viele andere Autoren, die das Böse auf eine Art beschrieben haben, wie es nur äußerst wenigen Kriminologen auch nur annäherungsweise gelungen ist. Die großen Amerikaner Hammett, Ellroy und Ellis, die Engländer wie Doyle, Greene und le Carré oder warum nicht gar ihre Kolleginnen Sayers und Christie. Dann sind da noch Georges Simenon und Patricia Highsmith, um nur einige wenige der Romanautoren zu nennen, die mich im Laufe der Jahre mehr über Verbrechen und Verbrecher gelehrt haben als ein ganzer Berg kriminologischer Fachliteratur.

15.

Über die Kunst, eine Kuh auszumalen
    Es sind die ganz frühen fünfziger Jahre. An Sonntagen fährt die ganze Familie ins Grüne. Wir sitzen im Wald auf einer Anhöhe und essen Sahnetorte direkt aus dem Karton vom Bäcker. Mama schenkt Kaffee aus einer zerkratzten Blechthermosflasche mit Korken ein. Auf der Kuhweide unterhalb steht Papas immer frisch gewachster Ford Prefect unter einem schattenspendenden Baum. Wir bewundern ihn andächtig schweigend.
    Im Herbst werde ich eingeschult. Ich besuche die erste Klasse der Gärdets Folkskola, die nur einen guten Kilometer von dem Haus, in dem ich wohne, entfernt liegt. Ich bin der Einzige in der Klasse, der bereits lesen kann, und erringe schon früh Ruhm und Ehre, indem ich einen Wettbewerb gewinne, den die Mjölkcentralen (die Milchzentrale, Vorläuferin des jetzigen Molkereiunternehmens Arla) veranstaltet und bei dem es darum geht, eine Kuh auszumalen. Da dies in den Zeiten vor der freien Pädagogik ist, ist die Kuh bereits auf dem Wettbewerbsformular vorgedruckt. Eine prima weiß- und rotscheckige schwedische Landrasse in prächtigem Profil vor weißem Hintergrund. Einfach nur noch ausmalen.
    Meine bisherigen Erfahrungen mit Kühen sind nach allen Sommern, die ich bei meiner Großmutter verbracht habe, umfassend, und ich arbeite genau und im Geiste des Naturalismus. Mein Beitrag hätte sich als Umschlag für den Jahresbericht des Bauernverbandes geeignet. Ein paar Monate später nehme ich in feierlichem Rahmen meinen Preis entgegen, was sowohl logisch als auch gerecht ist.
    Dieser Preis besteht aus einem riesigen Paket Raketost, Raketenkäse, einem Streichkäse in einem Pappzylinder, den man unten mit dem Daumen hochdrückt, um dann oben eine passende Menge mit einer Schnur abzuschneiden, die an der Verpackung befestigt ist. Neben der normalen Milch und Sahne ist Raketost eines der beliebtesten Produkte der Mjölkcentralen.
    Stolz zeige ich meiner Banknachbarin meinen prämierten Beitrag. Sie ist spindeldürr und sommersprossig und überhaupt nicht so sorgfältig gekämmt wie ihre Freundinnen aus der Klasse. Am Wettbewerb hat sie mit einer funkelnd blauen Kuh mit Hörnern wie ein Wasserbüffel teilgenommen, die sie über die vorgezeichneten Linien verlängert hat, und das alles unter einem flammend roten Himmel. Natürlich schied sie bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt aus.
    Jetzt betrachtet sie schweigend die siegreiche Kuh. Dann schiebt sie sie ungeduldig von sich und sieht mich mit ihren klaren Augen an.
    »Ach was«, sagt sie. »Das ist doch nur eine normale Kuh.«
    Diesen Herbst und Winter isst die Familie Raketost. Bei jeder Mahlzeit steht der glänzende Pappzylinder wie ein Menetekel mitten auf dem Küchentisch. Es ist ein langer Herbst und ein langer Winter. Gegen Ende wird mein Vater immer grüblerischer. Am Anfang jeder Mahlzeit betrachtet er schweigend den Käse. Dann ergreift er die Verpackung mit seiner riesigen linken Hand. Ein Augenblick der Stille, und ein Schatten scheint über sein verschlossenes Gesicht zu huschen. Dann … mit einer energischen und gemessenen Bewegung

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