Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Professor - Wie ich Schwedens erfolgreichster Profiler wurde

Der Professor - Wie ich Schwedens erfolgreichster Profiler wurde

Titel: Der Professor - Wie ich Schwedens erfolgreichster Profiler wurde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif GW Persson
Vom Netzwerk:
Dienstbotenkammer aus- und in mein altes Zimmer zum Hof einziehen.
    Gut einen Monat nach meinem Abitur rücke ich zum Militär ein. Ich fahre mit der Bahn mehr als tausend Kilometer direkt nach Norden. In Stockholm ist bereits Sommer, aber als ich mein Ziel erreiche, liegt der Schnee noch fußtief vor dem Bahnhof. Ich erhalte alle Dinge, die ich für mein neues Leben benötige, jetzt, wo der richtige Ernst beginnt. Außerdem zwei Holzskier mit Stöcken, ein paar zusätzliche Stiefel und zwei Dosen Skiwachs. Der Winter war ungewöhnlich streng in diesem Jahr, selbst für die Leute hier oben, und falls der Russe kommt, gilt es, dass die Skier gut gleiten. Alles ist genau so, wie mein alter Turnlehrer, der Major, es mir in Aussicht gestellt hat, als ich noch die Unterstufe besuchte.
    Es gefällt mir ganz und gar nicht. Meine erste große Liebe musste ich in Stockholm zurücklassen, und die Briefe, die wir uns schreiben, machen alles nur noch schlimmer. Am Ende des Sommers werde ich nach Süden, nach Umeå, verlegt, um an einer gemeinsamen Stabsausbildung für den Jägerverband des Landes teilzunehmen. Ich bin 400 Kilometer nach Süden gereist, aber trotzdem trennt mich noch eine doppelt so große Distanz von Stockholm und der Liebe. Außerdem schreibt sie nicht mehr so oft wie zu Anfang.
    Ich lüge mich frei. Erzähle meinem Vorgesetzten, dass ich beschlossen habe, Arzt zu werden, und damit das Recht habe, die Wehrpflicht aufzuschieben, bis ich zumindest normalen Husten von Lungenentzündung und Tuberkulose unterscheiden kann. Ganz gleichgültig, ob ich später einmal sämtliche Patienten als Hypochonder und Simulanten bezeichnen werde. Den letzten Monat warte ich nur noch auf den Bescheid, nach Hause fahren zu dürfen.

42.

Zwei hin und eine zurück
    In der Woche vor meiner Entlassung erhalten ein Kompaniekamerad und ich ein paar zusätzliche Urlaubstage. Der Kamerad wohnt in der Nähe von Umeå, hat aber Verwandte in der Gegend von Kiruna. Diese haben ihm erzählt, dass es in diesem Herbst viele Waldvögel und Hasen gäbe. Er lädt mich ein, alles, was ich benötige, Mütze, Gewehr, Mantel und Stiefel, kann ich mir ausleihen. Ich nehme an. Vermutlich auch, damit die Zeit schneller vergeht.
    An einem Herbsttag stehen wir frühmorgens auf dem Bahnhof von Vännäs. Mein Freund kauft die Fahrkarten. Er hat gute Laune. Bald sind wir in der Natur, können den Hund von der Leine lassen, Fleischwurst braten und abends dann einen Schlachtschnaps trinken. Mit etwas Glück können wir vielleicht auch das eine oder andere Tier erlegen, aber wie es sich auch immer mit Letzterem verhält, wird uns niemand das andere nehmen können.
    »Kiruna«, sagt er. »Bitte zweimal hin und zurück.«
    »Nach Stockholm«, sagt der Schalterbeamte mit deutlichem Erstaunen in der Stimme und wirft ausgerechnet mir einen fragenden Blick zu.
    »Sind Sie verrückt?«, fragt mein Freund. »Was zum Teufel soll man in Stockholm? Wir wollen zwei Rückfahrkarten nach Kiruna, und am Sonntag fahren wir wieder nach Hause nach Vännäs.«
    Zwei hin und eine zurück, denke ich, denn ich werde weiterreisen.

V.

On the road, Kindsvater,
Kriminologe

43.

Die Schmerzen und Freuden der Vaterschaft
    Ich werde geboren, ich lebe, eines Tages werde ich sterben. Während meiner Lebensreise kommen meine Kinder zur Welt, Wegweiser meines Lebens. Manchmal deuten sie in eine andere Richtung als die, in die ich unterwegs war. Ich erinnere mich nicht, wie es war, als ich selbst zur Welt kam.
    Gewisse Leute behaupten von sich, es zu können, aber ich tue das also nicht. Hingegen erinnere ich mich an andere Geburten. Genau genommen zwei, drei oder vier, abhängig davon, welche Anforderungen man an den Beobachter stellt. Ich werde noch darauf zurückkommen und erklären, was ich meine.
    Bei der ersten Niederkunft, der ich beiwohnte, war die werdende Mutter eine Sau. Ich selbst war etwa fünf Jahre alt und ein für die damalige Zeit ganz normaler Knabe, der wiederholte Male bei verschiedenen Verwandten auf dem Land einquartiert wurde, meist bei der Großmutter. Ich hatte flachsblondes Haar, abstehende Ohren, eine kurze Hose und aufgeschürfte Knie. Ich hatte gequengelt, bis ich mitkommen durfte, denn jetzt würde die Sau Ferkel werfen. Ich war ganz bei der Sache und wahrscheinlich der ideale Beobachter trotz hochroter Wangen und klopfendem Herzen.
    Jetzt liegt die Sau bequem auf der Seite. Friedlich grunzend drückt sie eine endlose Reihe kleiner Schweine aus sich heraus,

Weitere Kostenlose Bücher