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Der Professor - Wie ich Schwedens erfolgreichster Profiler wurde

Der Professor - Wie ich Schwedens erfolgreichster Profiler wurde

Titel: Der Professor - Wie ich Schwedens erfolgreichster Profiler wurde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif GW Persson
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Frau und die zwei Kinder, die sie mir geschenkt hat.
    Meine älteste Tochter kommt neun Monate und eine Woche nach der Hochzeit zur Welt. Ein Umstand, der später immer wieder ein Anlass für ironische Betrachtungen unter den unmittelbar Betroffenen ist. Es ist das Jahr 1969, und ich bin bei der Entbindung dabei, aber da diese von einer sehr altmodischen Hebamme überwacht und begleitet wird, die nicht im Takt mit der neuen Zeit ist, werde ich ganz einfach des Zimmers verwiesen, als das eigentliche Finale bevorsteht.
    »Es ist jetzt Zeit, das Zimmer zu verlassen, Herr Persson«, stellt die Hebamme fest und wirft dem vierundzwanzigjährigen werdenden Kindsvater einen Blick zu, der keinen Widerspruch duldet.
    »Warum?«, will ich dümmlich und lahm wissen.
    »Weil die Regeln nun einmal so sind«, antwortet die Hebamme und schiebt mich Richtung Tür. »Es ist für die Väter nicht gut, dabei zu sein.«
    Ich werfe meiner jungen Frau (die immerhin Krankenschwester ist, sogar eine Sophiaschwester) einen hilfesuchenden Blick zu, aber da ihre Gedanken offenbar anderweitig beschäftigt sind, dringe ich nicht richtig zu ihr durch.
    Die nächste Viertelstunde bringe ich auf der falschen Seite der Tür des Kreißsaals zu, und ich habe bereits das Gefühl, ein fortgeschrittenes Alter erreicht zu haben, als schwache, wütende Schreie in mein Warten dringen. Ich breche den Weltrekord im Hochsprung aus dem Stand, und eine weitere Viertelstunde später beuge ich mich über einen Sperrholzkasten, in dem meine erstgeborene Tochter liegt. Sie ist in ein weißes Laken mit dem Wappen der Bezirksverwaltung gewickelt, und nur ihr Gesicht schaut hervor. Klein, rund und rot. Außerdem scheint sie wütend zu sein. Wahrscheinlich liegt das daran, dass sie sich fragt, wo ihr Papa wohl gewesen ist.
    Während die Hebamme grundlegende Zahlen herunterbetet, sehe ich ein, dass in dem Kasten das Schönste liegt, was ich bislang gesehen habe. Geschlecht, Gewicht, zehn Finger und zehn Zehen, gleich verteilt auf zwei Extremitäten und im Übrigen vollkommen gesund, wie es den Anschein hat.
    Anschließend darf ich die Mutter des Kindes zwei Minuten lang sehen, ehe man mir einen Zettel mit den Besuchszeiten in die Hand drückt. Ich darf zehn Stunden später, am Nachmittag wiederkehren. Diese Möglichkeit nehme ich im Übrigen wahr.
    Die sind hier doch alle vollkommen verrückt, denke ich, als ich wild entschlossen, direkt nach Hause zu gehen, um einen empörten, empörenden und prinzipiell alles entscheidenden Feuilletonartikel über den gesichtslosen Vater und die Ungerechtigkeiten im kapitalistischen Entbindungssystem zu schreiben, das Krankenhaus durch den Haupteingang verlasse.
    Stattdessen lande ich bei einem Freund, weil er in der Nähe wohnt und Mediziner ist und weil ich jemanden brauche, dem ich mein Herz ausschütten kann. Wir trinken eine Flasche Whisky und ein paar Dosen Bier, stoßen wiederholte Male auf das Wohl des Kindes und seiner Mutter an. Wir beschließen, direkt bei der Medizinalbehörde Beschwerde einzulegen. Dann fahre ich nach Hause und schlafe. Mittlerweile Mann, Ehemann und Vater. Vater war ich allerdings schon lange gewesen.
    Vielleicht erklärt auch die Tatsache, dass man mich um die eigentliche Geburt meiner ältesten Tochter gebracht hat, warum ich mich detailliert an alles erinnere, was zu Zeiten vor und nach der Entbindung geschah. Zum Beispiel auch an die Verhältnisse, in denen ich damals lebe.
    Eine typische Studentenehe. Ich studiere an der Universität und verdiene etwas Geld, indem ich Klausuren beaufsichtige, als wissenschaftliche Hilfskraft und ab und zu vertretungsweise als Lehrer arbeite. Meine Frau ist Krankenschwester, und wir wohnen in einer kleineren Dienstwohnung, die dem Krankenhaus in Bromma gehört, in dem sie arbeitet. Das Geld ist knapp, aber Geldsorgen haben wir keine. Viel später kommt es mir in den Sinn, dass sowohl Sorgen als auch Freuden damals nur wenig oder gar nichts mit meinen materiellen Umständen zu tun hatten.
    Letzteres ist nur schwer zu erklären, wenn man bedenkt, dass der Traum von und der Kampf um materielles Fortkommen einen so wichtigen Antrieb in meinem Leben dargestellt hat. Dieser hat auch mich und mein Verhältnis zu meinen Angehörigen auf eine sehr greifbare Weise beeinflusst.
    An dem Tag, an dem ich mit meiner damaligen Frau zusammenziehe, gelobe ich mir, dass wir jedes Jahr eine Wohnung beziehen werden, die ein Zimmer mehr hat. Im Laufe von sieben Jahren und fünf Umzügen

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