Der Professor - Wie ich Schwedens erfolgreichster Profiler wurde
einen sehr deutlichen Inhalt und gleichzeitig auch Konsequenzen, die sich in wesentlicher Hinsicht von den vorherrschenden Vorstellungen, wie Männer und Frauen zu sein und sich zueinander zu verhalten haben, unterscheiden.
Die Frauen meiner Kindheit sind Mütter und Hausfrauen. Sie stehen ganz buchstäblich am Herd und oft genug auch, während der Mann und die Kinder bereits am Tisch sitzen und essen. Zu Hause sind die Frauen omnipräsent, während die Männer dort nur vorbeischauen, um zu essen und zu schlafen, sich sonst aber woanders befinden. In ihrer eigenen geschlossenen und aufregenden Welt, der Welt, die für die heranwachsenden Knaben bald unwiderstehlich und verlockend wird. Schließlich wird man dort »groß«, dort passieren die Dinge.
Im Auto, das nur Papa fahren kann, darf ich im Unterschied zu meiner kleinen Schwester immer vorne sitzen. Die lärmenden Maschinen an Papas Arbeitsplatz, ein Elch, der plötzlich an einem frühen Herbstmorgen am Waldrand auftaucht, der Augenblick des Glücks, bei dem einem das Herz höher schlägt, wenn ein kleiner Junge zum ersten Mal den kalten Stahl des Gewehrlaufs in der Hand halten darf.
Was kann ein richtiger Mann mehr begehren, als sich selbst sein Leben aussuchen zu dürfen? Dass meine Beobachtungen als Kind häufig vereinfacht, idealisiert oder in der Sache regelrecht falsch sind, spielt keine Rolle. Es ist das Eindeutige, es sind die Vereinfachungen, die mich prägen, und darüber, wie es sich hinter dem, was ich zu sehen und zu hören meinte, wirklich verhielt, weiß ich vielleicht nur wenig. Ich will es eigentlich auch gar nicht wissen.
Mein Frauenbild ist schon recht früh jedenfalls äußerlich recht klar umrissen. Frauen sind kleiner als Männer, sie sind vorzugsweise zart, rund und weich und haben eine schmale Taille. Ihre Busen sollen groß sein wie jener, der mich während meiner ersten Zeit auf Erden nährte. Frauen riechen gut, Frauen haben ein Grübchen im Nacken, mitten in ihrem kleinen Nacken, wo der Haaransatz ist und wo ihre Haut am dünnsten ist. Dort fasse ich gerne mit dem Daumen hin und streiche mit ihm hin und her, während ich mich an sie drücke und dicht an ihrer Haut atme. So sollen die Frauen in meinem Leben einmal aussehen.
Die Frauen der Oberschicht flößen mir Angst ein. Sie sind oft so mager wie Jagdhunde und haben viel zu oft etwas Kläffendes und Unberechenbares. Sie tun und sagen Dinge, die ich bei normalen Frauen nicht sehe und höre, und ihre Töchter kichern und sind herablassend und generell unbegreiflich. Natürlich auch unerreichbar und daher attraktiv. Zumindest manchmal, vielleicht auch viel zu oft.
Erst als erwachsener Mann entdecke ich, dass auch gleichaltrige Frauen denken und reden können. Das ist ein verwirrendes Erlebnis, erschreckend und erregend zugleich, schwer zu verwinden, und mein Leben ist viel zu kurz, als dass es mir je vollkommen gelingen könnte. Aber warum soll ich mich verändern? Schon früh habe ich gewisse Tricks gelernt, und mit denen bin ich ganz gut über die Runden gekommen. Die Jahre schleifen zudem selbst den Ungehobeltsten glatt, sie können ihm sogar seine Ecken und Kanten nehmen, wenn sonst nichts hilft.
Als Erwachsener bewältige ich die Aufgabe, mich mit Frauen über viele Dinge zu unterhalten, Allgemeines, Wind und Wetter, praktische Vorhaben, intellektuelle Probleme und Gefühle im Allgemeinen. Aber ich kann nur selten über meine eigenen Gefühle sprechen, über das, was den Kern meines Inneren ausmacht. Über so etwas will ich mit niemandem sprechen, geschieht es doch, dann in einem Moment der Schwäche. Wenn beispielsweise die große Liebe mein Herz berührt hat. Mit ihr habe ich über alles sprechen können.
Ich verspreche. Wenn ich nur leben darf, wenn ich der Frau, die ich liebe, nicht in dem Augenblick folgen muss, in dem sie mich verlässt, wenn ich nur begreife, was in mir vorging, die wenigen Male, die dies geschah, dann verspreche ich, eines Tages den großen Roman über die irdische Liebe zu schreiben.
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Das kräftigende Leben beim Militär
An einem Donnerstag Mitte April lege ich die Reifeprüfung ab. Es regnet. Die ganze Woche wird gefeiert. Ich darf im Studentenheim auf der gegenüberliegenden Straßenseite das Zimmer eines älteren Freundes benutzen. Ich gehe nach Hause und packe das Notwendigste zusammen und kehre nie mehr und wenn nur noch als vorübergehender Gast in mein Elternhaus zurück. Meine kleine Schwester freut sich. Jetzt kann sie aus der
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