Der Professor
bei 60 Euro lag und sie Französisch sprach. Noch eine Schnellfeuersalve auf der Tastatur, und Lederweib Nummer 3 erschien vor ihnen mit genau derselben Offerte auf Japanisch gegen eine Gebühr in Yen. Adrian begriff die Lektion.
»Sie sehen, Professor, Sie müssen mir schon genauer verraten, wonach Sie suchen.« Der Sexualstraftäter grinste wieder. Er hatte offenkundig seinen Spaß. Wolfe klickte eine Website nach der anderen an. Kinder. Alte Menschen. Dicke Menschen. Folter. »Was lässt Ihr Herz höher schlagen? Was fasziniert Sie? Worauf fahren Sie ab? Wobei steigt Ihr Blutdruck? Denn egal, was, irgendwo da draußen ist es zu haben.«
Adrian nickte, doch im nächsten Moment schüttelte er heftig den Kopf. »Zeigen Sie mir, was
Sie
interessiert, Mister Wolfe.«
Wolfe rutschte unbehaglich auf seinem Stuhl herum. »Ich glaube nicht, dass wir dieselben Vorlieben haben, Professor. Und ich kann mir nicht denken, dass Sie mir da allzu weit folgen wollen.«
Adrian musste überlegen. Mit Hilfe des Revolvers war er bis hierher gekommen. Doch als er Wolfe forschend in die Augen sah, hatte er – mit oder ohne Waffe – nicht das Gefühl, dass der Mann ihm in seine eigene, geheime Welt Zutritt gewähren würde. Es musste eine andere Möglichkeit geben.
Er bemerkte seinen Bruder im Rücken, der offenbar auf und ab marschierte und nach einem Ausweg aus dem Dilemma suchte. Obwohl in Wolfes Haus überall Teppiche lagen, hörte er Brians Tritte auf dem Hartholzparkett. Jetzt beugte sich Brian vor, um ihm wie ein Ratgeber der Krone etwas ins Ohr zu flüstern.
»Köder ihn, Audie. Versuch’s mit Bestechung.«
Leichter gesagt als getan. »Und wie, bitte schön?« Das hatte er wohl laut gesagt, denn er sah, wie Wolfes Augenbrauen in die Höhe schnellten.
»Wen kennt ihr beide?«
Adrian nickte. »Das klingt plausibel«, sagte er. »Er weiß im Grunde nicht, weshalb ich hier bin.«
»Mit wem reden Sie da?«, fragte Wolfe nervös.
»Erklär’s ihm, Audie.«
»Es wird ihm helfen, wenn er weiß, was genau mich herführt«, antwortete Adrian seinem Bruder.
Wolfe wechselte nervös die Stellung. Es lagen nur wenige Zentimeter zwischen ihm und Adrian mit seiner Neunmillimeter, doch die Waffe schien ihm keine Probleme mehr zu bereiten. Die Nervosität, die ihm jetzt anzuhören war, hatte wohl eine andere Ursache.
»Alles in Ordnung, Prof? Sollen wir ein Päuschen einlegen?«
»Ich muss Jennifer finden. Jennifer ist jung. Sechzehn. Sie ist schön.«
»Ich komm nicht ganz mit«, sagte Wolfe. »Reden Sie jetzt mit mir?«
»Jennifer ist verschwunden«, fuhr Adrian fort. »Aber sie ist irgendwo. Ich muss sie finden.«
»Diese Jennifer, ist die Ihre Enkelin oder so?«
»Ich muss sie finden. Ich bin verantwortlich. Ich hätte sie daran hindern müssen, sie zu entführen, aber ich war nicht schnell genug. Ich versteh das nicht, Mister Wolfe. Es ist vor meiner Nase passiert, aber ich war irgendwie blind.«
»Jemand hat diese Jennifer entführt, sagen Sie?«
»Ja.«
»Hier aus der Gegend?«
»Ja, direkt vor meinem Haus.«
»Und Sie meinen, ich kenne sie? Das kann nicht sein. Die lassen mich doch gar nicht in die Nähe von Mädchen in dem Alter.«
»Sie wissen nicht, woher, aber in gewisser Weise kennen Sie das Mädchen. Es gibt eine Verbindung.«
»Ich kann Ihnen nicht folgen, Professor.«
»Das werden Sie schon, keine Sorge.«
Wolfe nickte. »Und die Bullen …«
»Die suchen nach ihr. Aber sie wissen nicht, wo.«
Wolfe schien verunsichert und frustriert. Er zeigte auf den Laptop. »Und Sie glauben, sie ist irgendwo da drin?«
Adrian nickte. »Zumindest ist es der einzige Ort, an dem wir uns überhaupt irgendwelche Hoffnungen machen können. Falls jemand Jennifer gekidnappt hat, um sie zu missbrauchen und dann zu töten, haben wir keine Chance. Falls sie aber jemand entführt hat, um anderweitig aus ihr Kapital zu schlagen … vielleicht im wortwörtlichen Sinne … und sie erst danach loszuwerden, in diesem Fall …«
»Professor, falls dieses Mädchen in Pornofilmen mitspielt oder bei Sex-Videos mitmacht oder sonst irgendwie in diese Industrie abgetaucht ist, also, dann ist es vollkommen illusorisch, sie ausfindig zu machen, indem wir hier sitzen. Die Nadel im Heuhaufen. Es gibt Millionen von Sites mit Millionen von Mädchen, die sich auf jede noch so abwegige Nachfrage spezialisieren. Und dafür
zu
wirklich
allem
bereit sind. Es gibt nichts, was Sie hier drinnen nicht finden können. Ich meine, das ist
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