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Der Professor

Titel: Der Professor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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vorbeikommen …«
    Wolfe schien sich anzuspannen wie ein Seil, das jemand straff zieht.
    »Ich möchte, dass Sie sich in jemanden hineinversetzen. Ich möchte, dass Sie sich überlegen, wie Sie wären, wenn Sie Jennifer hätten. Ich möchte, dass Sie mir sagen, was Sie mit ihr machen würden, wie Sie es machen würden und wozu. Und dann stellen Sie sich bitte vor, Sie hätten eine Frau an Ihrer Seite. Eine junge Frau, die Sie liebt und die Ihnen helfen will.« Wolfe hörte aufmerksam zu. »Und Sie sollen sich vorstellen, Mister Wolfe, wie Sie mit Jennifer Geld verdienen würden.«
    »Ich soll …«
    »Sie sollen Sie selbst sein, nur um einiges schlimmer.«
    »Nehmen wir an, ich wäre einverstanden, was springt für mich dabei raus?«
    Adrian ließ sich mit der Antwort Zeit.
»Gib ihm, was er will«,
sagte Brian.
    »Was denn?«, fragte Adrian. Wolfe sah ihn wieder misstrauisch an.
    »Das liegt auf der Hand – das, was sich jeder von seinem Schlag wünscht«,
antwortete Brian im Brustton der Überzeugung.
    Unbehelligt zu bleiben,
dachte Adrian. »Ich kann Ihnen sagen, was ich nicht tun werde: Ich werde der Kommissarin nichts davon erzählen, was Sie treiben. Ich werde ihr auch nichts vom Laptop Ihrer Mutter erzählen. Ich werde niemandem davon erzählen. Und wenn Sie Jennifer für mich gefunden haben, können Sie wieder derjenige sein, der Sie in Wirklichkeit sind, und auf den Tag warten, an dem Sie alle an der Nase herumführen können und kein Mensch auf Sie achtet.«
    Wolfe lächelte, durchaus nicht unangenehm. »Ich glaube, Professor, wir haben uns doch noch auf einen Preis geeinigt.«

30
    T erri Collins brachte den Vormittag zwischen den körnigen Schwarzweißbildern einer Überwachungskamera an einem Busbahnhof sowie zwei Erstsemesterstudenten zu, die sich vergeblich bemühten, für das Dutzend Computer, Fernsehapparate und Playstations, die ein wachsamer Streifenpolizist im Laderaum ihres Lieferwagens gefunden hatte, eine harmlose Erklärung zu finden. Der Beamte hatte sie wegen Geschwindigkeitsübertretung herausgewunken.
Wie dämlich muss man sein,
fragte sich Terri,
um nach mehreren Einbrüchen wie irre davonzujagen
? Sie musste nichts weiter tun, als die beiden jungen Männer so lange getrennt zu vernehmen, bis sich ihre Geschichten widersprachen, was unvermeidlich war.
    Die ausgemachte Dummheit bei diesen Diebstählen ödete sie einfach an. Sie wusste, dass früher oder später einer der beiden jungen Männer – kaum älter als Schuljungen – den anderen verpfeifen und den ganzen albernen Plan gestehen würde. Sie würden ein, zwei Nächte in Gewahrsam verbringen, dann würden ihre Anwälte Rechtsmittel finden, um sie freizubekommen. Allerdings würden sie ihren Familien und künftigen Arbeitgebern einiges erklären müssen. Das zumindest, tröstete sie sich, gehörte in die Rubrik
Dummheit tut weh
. Sie fertigte den Papierkram im Eilverfahren ab.
    Auf diese Weise verlor sie wertvolle Zeit, die sie lieber auf das Video verwendet hätte, das sie zugleich faszinierte und zutiefst beunruhigte, und zwar sowohl in Bezug auf das, was darauf zu sehen war, als auch das, was darauf fehlte.
    Vor allem: Jennifer.
    Es hatte sie eine Reihe Anrufe gekostet, um die Person aufzuspüren, die in Lewiston, Maine, die Kreditkarte von Jennifers Mutter gefunden und die Sicherheitsabteilung von Visa angerufen hatte. Diese College-Studentin hatte eine Geschichte zu erzählen, die, so unglaublich sie klang, zweifellos der Wahrheit entsprach. Die Studentin war zusammen mit zwei Zimmergenossinnen und einem Freund in Boston gewesen, wo sie alte Freunde von der Highschool besuchten. Schließlich hatten sie spätabends einen Bus zurück zum College genommen. Vollkommen normal.
    Erst als die Studentin beschrieb, wie sie die fremde Kreditkarte in ihrem Rucksack entdeckte, wich die Geschichte von der Normalität ab. Den Namen auf der Karte kannte sie nicht, und wie sie in die Außentasche ihres Rucksacks geraten war, konnte sie beim besten Willen nicht sagen.
    Die meisten College-Studenten hätten sie einfach weggeworfen, doch dieses Mädchen hatte sich die Mühe gemacht, die Servicenummer auf der Karte anzurufen, die rund um die Uhr zu erreichen war. Die zuständige Sicherheitsabteilung der Bank wiederum hatte Mary Riggins angerufen.
    Mit der Karte war ein Busfahrschein nach New York gekauft worden, dem Ausreißer-Mekka an der Ostküste schlechthin. Das ergab einfach keinen Sinn. Wieso die Karte anschließend nicht einfach

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