Der Profi - The Cleaner
etwas fiel Quinn auf: Wie für viele Länder der Dritten Welt typisch, schienen auch hier Verkehrszeichen eher Vorschläge zu sein als festes Gesetz. Es standen Polizisten herum, aber solange der Verkehr floss, schienen sie zufrieden zu sein und ließen alles laufen, wie es lief.
Der Fahrer seiner Motorrikscha kutschierte Quinn durch einen besonders belebten Teil der Stadt. Straßenhändler säumten die Straßen, verkauften alles, von lebenden Tieren bis zu Knallkörpern, Töpfen und Pfannen. Es war ein Angriff auf Quinns Sinne. Der Geruch, vor allem und ganz besonders, war überwältigend. Es roch nach Fisch und Schweiß und Müll, und hinzu kam der süße Duft von Blumen, Früchten und der würzige von frisch gebackenem Brot.
Der Fahrer beugte sich nach vorn und sagte: »Cholon.« Quinn erkannte den Namen aus einer der Broschüren in seinem Hotelzimmer. Es war im Wesentlichen die Chinatown von Saigon.
Nachdem sie etwa zwanzig Minuten unterwegs waren, bog der Fahrer in eine weniger befahrene Seitenstraße ein und hielt in der Mitte des Häuserblocks neben einem langen zweigeschossigen Gebäude an.
»Ist es das?«, fragte Quinn, der momentan vergaß, dass der Fahrer ihn nicht verstand. Dann wurde ihm sein Fehler klar, und er zeigte auf die Adresse, die er auf den Stadtplan geschrieben hatte.
Der Fahrer lächelte breit und nickte zu dem Gebäude hinüber. »Ici« , sagte er.
»Parlez vous français?« , fragte Quinn.
»Un peu, monsieur.«
Quinn griff in die Tasche. »Combien?« , fragte er.
»Zwei Dollar«, sagte der Fahrer auf Englisch.
In dem Moment, in dem Quinn aus der Rikscha stieg, begann es zu regnen. Er lief den rissigen Gehsteig entlang und fand genau in dem Augenblick, in dem das anfängliche Rieseln zu einem Regenguss wurde, Schutz in der Nische des Gebäudeeingangs. Er öffnete die Tür und betrat das Haus.
Am Ende der Eingangshalle war ein Empfangspult. Dahinter saß eine junge Frau, Vietnamesin, aber westlich gekleidet, und blickte Quinn entgegen. Quinn setzte ein Lächeln auf, ging zu ihr hinüber, fragte: »Sprechen Sie Englisch?«
»Selbstverständlich«, sagte sie. »Was kann ich für Sie tun?«
»Ich weiß nicht sicher, ob ich hier richtig bin«, sagte er.
»Wen suchen Sie?«
»Die Tri-Continent Relief Agency.«
Sie nickt. »Sie sind hier richtig. Zweiter Stock links, Zimmer 214. Soll ich es Ihnen zeigen?«
Quinn schüttelte den Kopf. »Vielen Dank. Das müsste ich allein finden können.«
»Wie Sie wünschen.«
Quinn nahm die Treppe zur Rechten des Empfangs. Im zweiten Stock angekommen, wandte er sich nach links und ging den Flur entlang, bis er zu Zimmer 214 kam.
Die Tür war aus festem Holz. Angebracht in der Mitte war eine Messing-Plakette mit den in Englisch eingravierten Worten Tri-Continent Relief Agency, Ho Chi Minh City Branch . Darunter in kleinerer Schrift die vietnamesische Übersetzung.
Quinn wartete einen Augenblick, ehe er klopfte. Er stand am Rand des sprichwörtlichen Punktes ohne Wiederkehr. Bis seine Hand tatsächlich die Klinke dieser Tür berührte, konnte er noch immer kehrtmachen und ins Hotel zurückfahren. Die ganze Sache abblasen.
Er holte tief Atem, hob dann die Hand und klopfte.
Gleich darauf wurde die Tür geöffnet, und vor Quinn stand ein kleiner Vietnamese mittleren Alters. Er sah Quinn erwar tungsvoll an.
»Tri-Continent-Relief-Agency?«, fragte Quinn.
»Kommen Sie herein, bitte«, sagte der Mann lächelnd.
Er machte einen Schritt zur Seite, so dass Quinn eintreten konnte. Der Raum war nicht groß. Tatsächlich, stellte Quinn fest, ungefähr genauso groß wie sein Hotelzimmer im Rex. Ein alter hölzerner Schreibtisch an einer Wand, auf dem sich Ordner und Papiere stapelten. Noch mehr Bücher und Zeitschriften stapelten sich an den verbleibenden freien Wänden. Der Tür gegenüber blickten mehrere Fenster hinaus in den düsteren Tag.
Eine Tür zur Rechten, die allem Anschein nach in einen benachbarten Raum führte, war halb geschlossen. Quinn glaubte hinter der Tür Musik zu hören. Es klang wie Edith Piaf.
»Mein Name ist Mr. Vo«, sagte der Mann. »Was darf ich für Sie tun?«
»Ist Direktorin Zhang hier?«
»Sie ist hier. Darf ich ihr Ihren Namen nennen?«
»Sagen Sie ihr, ich bin Quinn.«
Der Mann wartete auf mehr, doch als es offensichtlich wurde, dass Quinn nichts hinzuzufügen hatte, machte er kehrt und verschwand im Nebenraum.
Quinn ging zu einer großen Anschlagtafel, die an einer Wand hing. Sie war mit Dutzenden von Notizen
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