Der Profi - The Cleaner
Merkwürdigerweise schien das schützende Gummi unbeschädigt. Die Hitze des Feuers, dachte Quinn. Sie muss den Sprung verursacht haben.
Er beugte sich vor, um besser zu sehen, und erkannte sofort, dass es sich nicht um ein Stück Glas handelte, sondern um zwei dünne Stücke, jedes kaum mehr als fünfzehn Millimeter stark. Sie sahen wie ein Glassandwich aus.
Oder der Objektträger eines Mikroskops, dachte Quinn.
Widerstrebend sah er sich das Glas noch genauer an, suchte nach einem Klecks oder einem Fleck zwischen den beiden Scheiben.Aber die zerbrochene obere Scheibe machte eine Feststellung unmöglich.
Stille umgab Quinn, als er den Metalldeckel wieder auf die Kapsel legte. Er würde nicht liegen bleiben, wenn Quinn versuchen sollte, das Quadrat zu verschieben oder aufzuheben, aber erst als er den Inhalt zugedeckt hatte, wagte er wieder zu atmen. Er hatte keine Ahnung, was zwischen den beiden Scheiben war, aber sein Instinkt sagte ihm, dass die Gummiunterlage nicht nur dazu da war, den Objektträger zu stabilisieren, sondern auch zu verhindern, dass man ihn herausnahm.
»Was ist es?«, fragte Nate.
»Ich bin nicht sicher«, sagte Quinn.
In was, zum Teufel, sind wir da hineingeraten, dachte er. Quinns Instinkt riet ihm, auf der Stelle so tief unterzutauchen, dass niemand sie finden konnte, so angestrengt man auch nach ihnen suchte. Sie konnten nur außer Sicht bleiben, bis der Sturm sich gelegt hatte.
Er betrachtete wieder das Armband.
Wenn der Sturm sich legte.
Die Rechnung für den Lunch war überraschend gering: 150 000 dong , ungefähr fünf Dollar für das Essen und die Biere. Quinn legte die doppelte Summe auf den Tisch, stand auf, um zu gehen. Nate tat es ihm nach.
Anh lief eifrig zur Tür und hielt sie ihnen auf. »Bleibt ihr lang hier?«, fragte sie.
»Weiß ich nicht«, sagte Nate und sah Quinn an.
»Nicht sehr lang, glaube ich«, sagte Quinn.
Anh lächelte. »Ich hoffe, ihr kommt noch einmal, bevor ihr abreist.«
»Kein Sorge«, sagte Nate, »wir kommen wieder.«
10
Auf dem Rückweg ins Rex Hotel kaufte Quinn einen Stadtplan und sagte dann zu Nate, er könne sich jetzt eine Weile allein beschäftigen.
»Aber schlaf nicht!«, fügte er hinzu.
»Werd ich nicht.«
»Ich meine es ernst.«
»Ich hab gesagt, ich werde nicht schlafen.«
Der Stadtplan war nicht so genau, wie Quinn sich ihn gewünscht hätte, aber er fand die Straße, die er suchte. Er hatte ursprünglich gedacht, diesen Weg bis zum nächsten Morgen aufzuschieben. Ein bisschen schlafen, wacher sein. Er hatte sogar überlegt, die Sache ganz sein zu lassen. Sein Instinkt sagte ihm, dass es ein Fehler war, aber er war nicht nur nach Vietnam gekommen, weil er einen Ort brauchte, um unterzutauchen, sondern auch weil sie Hilfe brauchten. Und nachdem er das Geheimfach in dem Armband entdeckt hatte, brauchten sie diese Hilfe so schnell wie möglich.
Auf dem Gehsteig vor dem Rex ging er an der Reihe der Taxis entlang, überlegte es sich aber im letzten Moment anders und nahm eine Motorrikscha. Nur weil der Trip unvermeidlich war, hieß das nicht, dass er sich beeilen musste.
Der Fahrer, ein Mann Ende zwanzig, sprach nicht Englisch, also nahm Quinn einen Kuli aus der Tasche und schrieb auf die Rückseite des Stadtplans die Adresse auf, zu der er wollte. Der Fahrer sah sie sich an und nickte lächelnd.
Saigon - Quinn brachte es nicht über sich, die Stadt Ho-Chi-Minh-Stadt zu nennen - war ein Irrenhaus. Ein echtes, überfülltes, chaotisches Irrenhaus. Und er liebte sie. Die Stadt bebte von pulsierendem Leben und Aufregung, wie er sie nur an wenigen anderen Orten gefunden hatte.
Auf den Straßen drängten sich Motorräder, Fahrräder - normale und Räder mit Hilfsmotor - Motorroller und ab und zu sogar ein PKW oder Laster. Zwar hatte er auch andernorts in Asien ähnliche Fahrzeugansammlungen gesehen, doch dies war der erste Ort, in dem er eine ganze fünfköpfige Familie auf einem Motorrad mit Fünfzig-Kubikzentimeter-Motor fahren sah.
Das war aber nicht das Einzige, das seine Aufmerksamkeit erregte. Es gab auch noch die großen dreirädrigen, zu kleinen Lastern umgebauten Fahrräder. Über die vorderen Hälften der Räder war ein großes, flaches Rechteck montiert worden. Das erlaubte den Fahrern alles zu transportieren, von Hühnerkäfigen bis zu Stapeln alter Reifen, Schachteln und Blechdosen, und Gott allein wusste, was noch. Und all das türmte sich so hoch und breit, dass der Fahrer wohl kaum etwas sehen konnte.
Noch
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