Der Profi - The Cleaner
die Hände auf beide Schultern und hielt sie fest, als sie versuchte, sich loszureißen. »Orlando, wir müssen in dieser Sache äußerst raffiniert vorgehen. Etwas zu überstürzen würde mehr schaden als helfen. Wahrscheinlich hoffen sie ohnehin, dass wir das tun.«
»Nein«, sagte sie und versuchte sich ihm zu entwinden. »Sie haben meinen Sohn!«
Er zog sie an sich, legte die Arme um sie und hielt sie fest, als sie sich gegen ihn wehrte. Allmählich hörte sie auf, ihn zu schlagen. Sie lehnte den Kopf an ihn. Aber sie schluchzte nicht, nur der tiefe, schnelle Atem der Panik und des Zorns hob und senkte ihre Brust.
»Hör mir zu«, sagte Quinn. »Wir müssen Informationen sammeln und dann aus einer starken Position heraus operieren. Genau das werden wir tun.«
Sie blickte zu ihm auf. »Du willst, dass wir einfach nichts tun und warten?«
»Warten ja. Nichts tun?« Er schüttelte den Kopf. »Wie kommst du auf die Idee?«
Beide schwiegen länger als eine Minute. Endlich löste Orlando sich von ihm. Aber es geschah sanft, sie hatte für den Augenblick aufgehört zu kämpfen.
»Gott weiß, was sie mit Garrett gerade tun«, sagte sie. »Wir sollten Hilfe holen. Du könntest deine Kontakte bei der Agency nutzen.«
»Sie werden ihm nichts tun«, sagte Quinn. »Garrett ist zu wertvoll für sie. Sie werden nur etwas tun, wenn Dahl den Eindruck bekommen sollte, dass wir ein zu großes Problem werden. Deshalb können wir niemand rufen. Das weißt du. Wir sind Garretts beste Chance. Niemand sonst.«
Ihre Schultern sackten nach vorn, und er wusste, sie hatte begriffen, dass er recht hatte.
»Ich verspreche dir«, sagte er, »in dem Moment, in dem wir eine Gelegenheit haben, uns Garrett zu holen, eine Gelegenheit, bei der wir Aussicht auf Erfolg haben, dann werden wir sie ergreifen. Bis dahin gehen wir Schritt für Schritt vor. Okay?«
Sie antwortete nicht.
Quinn griff in den Rucksack und holte die kleine Erste-Hilfe-Ausrüstung heraus. Es war nicht mehr als ein Stoffbeutel mit Reißverschluss, etwa von der Größe eines Brillenetuis. Er entnahm ihm ein kleines Päckchen, öffnete es und schüttelte zwei Tabletten auf seinen Handteller - Schlaftabletten. Er reichte sie ihr. »Ich möchte, dass du sie nimmst.«
Sie kniff die Augen zusammen und schüttelte den Kopf. »Nein.«
»Nimm sie«, sagte Quinn. »Du wirst deinem Sohn nicht helfen können, wenn du nicht hellwach bist. Und hellwach wirst du nicht sein, wenn du vorher nicht ein bisschen schläfst.«
»Ich habe nein gesagt.«
»Orlando. Bitte. Er braucht deine Hilfe, und ich brauche deine Hilfe. Aber nicht, wenn du so bist wie jetzt.«
»Ich will nicht«, sagte sie einfach, leise, nicht kämpferisch.
»Ich weiß«, sagte er, hielt ihr aber weiter die Tabletten hin.
Endlich streckte sie die Hand aus und nahm sie ihm ab. Sie starrte sie an, steckte sie dann, ohne etwas zu sagen, in den Mund und schluckte sie trocken.
»Wir holen ihn zurück. Das schwör ich dir.«
Wortlos wandte sie sich ab, ging zur Wand, setzte sich und lehnte sich mit dem Rücken an. Aus ihrer Jacke nahm sie etwas Kleines, Viereckiges. Sie hielt es in der Hand und betrachtete es, bis ihr die Augen zufielen.
Sobald sie schlief, setzte Quinn sich neben sie auf den Boden. Er schaute hinüber, um zu sehen, was sie so fest in der Hand hielt. Es war ein Miniatur-Fotoalbum aus Plastik, das mehrere Bilder enthielt. Es rutschte ihr langsam aus der Hand, und er fing es behutsam mit der Absicht auf, es neben sie auf den Boden zu legen. Stattdessen betrachtete er jedoch das Foto, das sie angesehen hatte. Garrett. Er hätte es vermuten können. Die meisten Bilder in dem Miniaturalbum zeigten ebenfalls Garrett. Nur das letzte nicht. Es war das verkleinerte Bild der Aufnahme auf dem Altar in Vietnam. Durrie.
Mit dem Gefühl, ihre Privatsphäre zu verletzen, legte er die Bilder auf den Boden.
Um sich gedanklich mit etwas anderem zu beschäftigen, holte er seinen Remote Viewing Monitor aus dem Rucksack und stellte sich ihn auf die Knie. Das Gerät war nicht viel größer als die Hardcoverausgabe eines Buchs und nur etwa einen Zentimeter dick. Im oberen Teil der glatten Vorderseite war ein Farbbildschirm, der scharfe Bilder lieferte. Unter dem Schirm lag ein Tastenfeld, ähnlich der Rechenmaschine eines Buchhalters. Das Tastenfeld erlaubte dem Benutzer, schnell von einer Kamerastellung zur anderen zu schalten. Das Gerät besaß auch ein Festplattenlaufwerk, das stundenlange Kameraaufzeichnungen
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