Der Profi
eine Delikte-Historie, auf die so mancher neidisch wäre. Obwohl, wenn man es sich genau überlegt, ist er ein Volltrottel! An den Orten, wo er deine Bosse ermordet hat, hinterließ er wild verstreut Spuren und seine DNA . Schließlich haben sie ihn in der Datenbank von El Escorial gefunden. Trotzdem: Wenn du meine ehrliche Meinung wissen willst: Der Kerl hätte eine Medaille verdient! Eins versichere ich dir: Sollte er dich auch umlegen, lade ich den Typen zum Abendessen ein.«
»Und wer bezahlt dann deine Laster, Moraguer?«
»Haha. Heute Nacht vergnüg ich mich auf deine Kosten«, sagte der Inspektor unter Gekicher.
»Wer leitet den Fall?«
Er warf mir einen flüchtigen Blick zu, bevor er sich erneut in den Tanga der Tänzerin vertiefte.
»Hilario Jarrete. Der regionale Leiter der UDYCO . Er hat sich regelrecht um die Ermittlungen gerissen.«
»Was für einer ist der?«
»Er ist ziemlich gerissen …«, antwortete Moraguer anerkennend. »Er wird dich schnappen, Corsini, und dich an den Eiern aufhängen.« Erneut erging er sich in einer lauten Lachsalve. »Ich werde es genießen, wenn sie dich mit lauter warmen Brüdern in den Knast stecken. Lucca, das Geld …«
Ich übergab ihm den Umschlag. Er riss ihn auf, überprüfte dessen Inhalt und ließ ihn dann unter seinem Mantel verschwinden. Ich leerte den Whisky, aber nicht aus Höflichkeit gegenüber Moraguer, sondern weil ich ihn wirklich nötig hatte. Dann visierte ich die Dunkelhaarige auf dem Laufsteg an, sie erwiderte meine Blicke.
Als ich wieder auf der Straße war, schlug ich meinen Weg Richtung Paseo de Recoletos ein. Apolinar Estilo. Ich musste mich dringend mit El Cordobés kurzschließen. Also suchte ich ihn dort, wo man ihn für gewöhnlich fand. Aber das Glück schien mich in dieser Nacht verlassen zu haben, und als ich um fünf Uhr morgens in mein Apartment zurückkehrte, war ich völlig erledigt. Niemand schob Wache vor dem Gebäude, in dem ich wohnte: weder die Polizei noch Mafiosi oder irgendein Auftrags killer. Ich trank eine Tasse Kaffee, verdrückte ein paar Magdalenas und die Tabletten gegen Magenbrennen. Am Ende fiel ich wie ein Toter ins Bett.
»Apolinar Estilo …«, raunte ich bereits im Halbschlaf. »Jetzt gehörst du mir!«
Das Hotel Urban lag – wie der Zufall es wollte – nur ein kleines Stück von PLANET SEX entfernt, wo ich mich mit Moraguer getroffen hatte, zu Fuß waren es weniger als zehn Minuten. Im Erdgeschoss des Hotels befindet sich die »Glasbar«. Sie heißt deshalb so, weil ihre Wände durch Glasplatten ersetzt wurden, die es dem Fußgänger im Vorbeigehen erlauben, die Gäste der Bar zu beobachten, während sie teure Drinks und raffiniert ausgeklügelte Cocktails zu sich nehmen. Es war schon spät, und Barbara zog die Aufmerksamkeit eines reiferen Publikums auf sich, das sich auf Designerstühlen aus Kunststoff tummelte, obwohl für den größten Teil der Sterblichen noch immer eine halbe Arbeitswoche bevorstand.
»Kein Zweifel, Eleuterio dreht irgendein Ding, von dem niemand was weiß.«
Barbara blickte den Mann an, der neben ihr saß. Er war tadellos gekleidet und hielt einen Cognacschwenker in der Hand. Sie war ohne Zweifel extrem attraktiv. Sowohl wegen ihrer eleganten und adligen Gesichtszüge als auch wegen ihrer zehntausend Euro teuren Armbanduhr am Handgelenk. In den höheren Gesellschaftsschichten bewegte sie sich wie ein Fisch im Wasser, in geschäftlichen Dingen war sie wie ein Hai, und im Bett … da bestand sie mit »Sehr gut«.
»Warum sagst du das?«, fragte Barbara.
Andrés Barras bewegte nachdenklich den Kopf.
»Er ist in letzter Zeit verdächtig zurückhaltend. Gestern hab ich mit ihm gesprochen, und ich hatte den Eindruck … Er war sehr selbstsicher! Ehrlich gesagt wundert es mich, er müsste eigentlich längst den Strick um den Hals spüren.«
»Also, was mir nicht in den Kopf will«, versetzte Barbara und streckte die Hand nach ihrem Mojito aus, »ist, wie er es geschafft hat, Repsol zurückzuholen. Ich dachte, die hatten sich fest an Accenture gebunden.«
Barras verfolgte, wie der Cognac, je nachdem wie er gerade sein Handgelenk bewegte, die eine oder die andere Seite seines Cognacschwenkers benetzte.
»Es war eine Höllenarbeit für mich, Accenture den Vertrag zu verschaffen. Heute hatte ich mit ihrem Geschäftsführer ein ziemlich unbequemes Mittagessen … Die Bedingung für meine Einstellung ist, dass ich im Schlepptau Repsol mitbringe. Was für ein riesengroßes Arschloch ist
Weitere Kostenlose Bücher