Der Profi
erregen, doch Zabaletas Blick hing sehnsüchtig an einem Wagen, der randvoll mit Santiago-Torten, Tocino de cielo und verschiedenen Sorten Milchkaramell gefüllt war.
»Ich denke, für nächste Woche könnte ich … Aber es braucht seine Zeit, selbst wenn ich Tag und Nacht daran arbeite.«
»Tut mir leid, aber so viel Zeit haben wir nicht mehr. Konnten Sie mit den Informationen, die ich Ihnen gegeben habe, irgendwas anfangen?«
»Die Informationen waren eher dünn gesät. Ich musste praktisch bei null anfangen.« Fuad schwieg einen Moment, dann sagte er: »Darf ich Sie was fragen?«
»Nur zu«, antwortete ich.
»Es ist ein ungewöhnlicher Geschäftszweig … natürlich völlig legal, genau wie von unserer Verfassung vorgeschrieben. Ich meine damit, dass …«
Jetzt wirkte Fuad auf mich leicht desorientiert.
»Reden Sie ruhig weiter«, kam ich ihm entgegen. »Wollen Sie etwas Wasser?«
»Nein danke! Was ich damit sagen möchte, ist, dass man nicht so leicht an die Informationen herankommt. Ich denke, dass diese Art von … ich meine diese Etablissements … dass sie streng genommen nicht …«
»Nur raus mit der Sprache!«
»… sehr transparent sind. Das meinte ich!«, sagte Fuad, offenbar ein wenig erleichtert. »Wahrscheinlich ist es extrem schwierig, genaue Details über ihre Buchhaltung, Bilanzen und Konten zu erhalten. Wissen Sie, ob zu dieser Unternehmenskette irgendwelche externen Steuerprüfungen vorliegen?«
Ich schmunzelte.
»Das glaube ich kaum. Aber ich werde mich drum kümmern. Ich organisiere gleich morgen ein Treffen mit den Besitzern des Pink Palace , und wir statten ihnen einen kleinen Besuch ab. Was halten Sie davon?«
»Selbstverständlich. Klar. Wir treffen uns mit ihnen. Wo befinden sich die Büroräume der Firma?«
»Am Kilometer 30 der Autobahn A1. In einem ihrer Bordelle.«
Fuad saß wie versteinert da. Zabaleta hüstelte.
»Keine Angst, niemand wird Sie dort anbaggern! Wichtig ist auf jeden Fall, dass Sie erkennen, unter welchem Zeitdruck wir stehen. Also bitte, strengen Sie sich an! Und geben Sie mir Ihre Handynummer.«
Wieder blickte Fuad Zabaleta an. Diesmal jedoch ganz unverhüllt. Der beobachtete jedoch gedankenverloren den Pianisten im Saal. Daraufhin diktierte Fuad mir seine Handynummer wie jemand, der dem Teufel seine Adresse überlässt.
Dann sagte er mit schwacher Stimme: »Versprochen. Ich werde meine Anstrengungen verdoppeln. Wir können für das Kick-off jederzeit Datum und Stunde festlegen, um die divergierenden Aspekte des Projekts durchzu gehen …«
Da musste ich erneut schmunzeln: Das Fachchine sisch eines Unternehmensberaters war sein persönlicher Schutzschild, wenn er mit einer bestimmten Situation nicht zurechtkam.
»Ich bin völlig davon überzeugt, dass Sie eine hervorragende Arbeit leisten werden. Brown & McCombie besitzt unser vollstes Vertrauen. Ich verstehe Ihre Skrupel vollkommen. Zwar duftet ein Geschäft dieser Art nicht gerade nach frischen Rosen, aber Menschen haben nun einmal das Recht, ein paar Momente der Entspannung in angenehmer Gesellschaft zu suchen, finden Sie nicht? Es dient vor allem dazu, Spannungen abzubauen. Etwas, was in unserer heutigen Gesellschaft weitgehend fehlt. Make love, not war …!«
Jetzt sah der Junge leichenblass aus.
Ich reichte den beiden die Hand zum Abschied und ließ sie im Hotel zurück, Zabaleta auf eine riesige Topfpflanze starrend und Fuad mit einem Ausdruck des Entsetzens im Gesicht.
Nach dem Treffen erhielt ich einen Anruf von Inspektor Moraguer. Er bestellte mich noch für dieselbe Nacht in eine Lasterhölle in der Calle Atocha.
Fuad dagegen kehrte wieder an seinen Schreibtisch zurück und machte sich an die Arbeit mit den Unterlagen des Pink Palace . Er redete sich ein, es sei ja nur eine ganz gewöhnliche Arbeit für einen gewöhnlichen Kunden, aber ein gewisses Unwohlsein konnte er einfach nicht abschütteln. Hinter seinem Monitor verschanzt, brachte er den Rest des Abends damit zu, im Internet nach Unternehmensstrukturen von Freudenhäusern zu suchen, Anzahl der Etablissements, geografische Verteilung der Bordelle. Er besuchte auch die offizielle Website der Vereinigung spanischer Hostess-Clubs und fand heraus, dass in Spanien rund 300000 Prostituierte arbeiteten, weit über 1300 Hostess-Clubs existierten und die Spanier täglich 50 Millionen Euro für gekauften Sex ausgaben. Es überraschte ihn, dass die Europäische Union die Prostitution als ganz normales Gewerbe einstufte. Für Fuad war es
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