Der Profi
normalerweise keines Blickes würdigte und höchstens ein paar Münzen für die Peep-show wechselte.
An der Bar am Laufsteg stieß ich auf Moraguer. Er hatte die Arme auf die Theke gestützt und eine slawisch aussehende Blondine im Blick, die mit wenig Enthusiasmus um eine Metallsäule kreiste. Dann ließ das Mädchen zu den dröhnenden Rhythmen eines verruchten Reggae- Songs sämtliche Hüllen fallen: Minirock, Bluse, einen schwarzen BH , bis sie nur noch im Tanga dastand. Sie war äußerst attraktiv und hatte einen unglaublichen Körper. Ihr Blick schweifte einen Moment in Moraguers Richtung, er hob zum Gruß sein Glas. Ich nahm neben ihm Platz. Der Raum, mit schwarzen Tapeten dekoriert, lag völlig im Dunkeln.
»Hallo, Corsini! Willkommen zur Party!«
Moraguer schien bester Laune zu sein. Die Blondine schien seine von Natur aus schlechte Laune zu besänftigen.
»Nimm einen Drink! Du bezahlst sowieso die Zeche …« Er lachte laut krächzend auf. »Chef«, rief er dem Kellner zu, »einen Whiskey für meinen Freund hier. Nein, verflucht! Du bist doch Itaker … dann besser einen Grappa! Aber einen von der starken Sorte … Der ist ein gestandener Mann!«
Ich gab dem Kellner zu verstehen, dass ich einen schottischen Whisky vorzog. Moraguer lachte aus voller Brust, dabei überzog er die Theke mit einem Speichelregen.
»Das Traurige ist, dass dieses Mädel nicht mit mir nach Hause gehen möchte … Häh, Lucca? Ich weiß, was gut ist! Der würde ich richtig einheizen … ja so, schau …!« Er stand vom Hocker auf und machte kreisende Bewegungen mit der Hüfte. Gleichzeitig imitierte er das Stöhnen eines weiblichen Orgasmus. Dann ließ er sich mit seinem vollen Gewicht auf den Barhocker zurückfallen und erging sich in schallendem Gelächter. Er leerte sein Glas in einem Zug. »Weißt du was, Lucca! Heute Nacht pfeif ich auf alles, und du bezahlst mir ’ne Nutte!«
Moraguer verpasste mir einen heftigen Schlag auf die Schulter, dann bekam er einen Hustenanfall, der in ein ziemlich unangenehmes Röcheln überging. Die Blondine streifte ihren Tanga ab, ihr rasiertes Geschlecht blitzte im Licht auf. Sie machte noch ein paar Kreisbewegungen und verschwand anschließend über den Laufsteg, ohne sich noch einmal umzudrehen. Das nächste Mädchen kam. Eine Dunkelhaarige. Bombenkörper. Dieselbe Leere in den Augen.
»Moraguer, mein Freund, wenn du gute Informationen für mich hast, zahl ich dir heute Nacht, was immer du willst«, versicherte ich ihm.
Obwohl das Mikrofon, das ich unterm Revers trug, der neuesten Technologie entsprach und die verzerrten Dezibel aus den Lautsprechern an der Decke gut herausfiltern würde, näherte ich mich meinem Gesprächspartner so weit wie möglich, um die beste Aufnahmequalität zu erreichen. Moraguer hatte sich bereits seit längerem sein eigenes Grab geschaufelt, ich besaß inzwischen eine Menge Tonbandmitschnitte von ihm. Eigentlich hätte ich ihn gar nicht weiter aufzunehmen brauchen. Aber es war nun mal meine Gewohnheit.
»So gefällst du mir, Corsini! Wo hast du die Kohle versteckt?«
Ich zog aus der Innentasche meines Sakkos einen Umschlag heraus und ließ Moraguer hineinblicken. Er wollte ihn mir aus der Hand reißen. Aber ich zog ihn schnell zurück.
»Zuerst bin ich an der Reihe«, warnte ich. »Also … was hast du für mich?«
Er blickte mich zornig an und stand kurz davor, eine Dummheit zu begehen.
»Ich erzähl dir alles, aber wenn du glaubst, dass du mich reinlegen kannst oder in dem Umschlag nicht die vereinbarte Summe steckt, vernichte ich dich!«
Ich erinnerte mich an mein Mikrofon und erschrak ein wenig.
»Hab ich dich jemals beschissen, Moraguer?«
Da bemerkte er, dass er den ersten Showteil der Dunkelhaarigen verpasst hatte. Sie war bereits damit beschäftigt, sich den Büstenhalter aufzuknöpfen. Moraguer ließ seine Zunge vorschnellen wie eine Viper und befeuchtete sich die Lippen. Er stöhnte und gierte das Mädchen mit hervorspringenden Augen und seinem fetten Doppelkinn an.
»Ein weiterer Russe ist ermordet worden …«
»Kalter Kaffee, Moraguer. Ich war vor Ort, als der Mord geschah.«
»Jetzt sind sie hinter dir her!«
»Verrat mir endlich etwas, was ich noch nicht weiß.«
»Sie haben den Namen des Killers.«
Das hörte sich schon besser an.
»Für die Info hast du dir dein Geld verdient!«
»Er heißt Apolinar Estilo. Auf der Straße wird er Estilete genannt. Ein Profikiller erster Güteklasse, ist in der Legion geschult worden, er hat
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