Der Profi
kommen.
»Fuad?«
Schweigen.
»Fuad. Zwing mich nicht dazu, zu hässlichen Methoden greifen zu müssen. Überleg doch mal. Brown & McCombie hat unseren Auftrag akezptiert. Wir wissen beide, dass das Geschäft – na ja, wie soll ich es ausdrücken? – nicht gerade das ist, was man als ehrenhaft bezeichnen würde. Aber manchmal muss man eben die Zähne zusammenbeißen und im Sinne des eigenen Unternehmens denken.«
Moralische Reden sind nicht gerade meine Stärke.
»Also eigentlich müsste ich ja zur Polizei gehen …« Fuad bereute seine Worte, sobald er sie ausgesprochen hatte. Wollte er im Ernst einem Mafioso drohen?
Ich gab ihm einen Moment, um über das, was er gerade gesagt hatte, noch einmal nachzudenken.
»Das würde ich dir nicht raten, Fuad.«
»Warum ich?«
»Spricht irgendetwas dagegen? Also: Kommst du jetzt runter, oder soll ich hochkommen?«
Dann legten wir auf. Fuad blieb noch eine Weile sitzen. Er versuchte die Ereignisse, die ihn an ein so haarsträubendes Projekt gekettet hatten, noch einmal durchzugehen. Aber es gelang ihm nicht, sie in einen geordneten Zusammenhang zu bringen. Er überlegte, welche Möglichkeiten er hatte auszusteigen. Schließlich ergab er sich seinem Schicksal. Er nahm eine dreiminütige Dusche. Als er gerade damit beschäftigt war, sich abzutrocknen, läutete erneut sein Handy.
»Hey, Fuad! Ich bin’s, Marcial. Was ist eigentlich mit dir los? Bist du von der Erde verschluckt worden? Ich warte auf dich, wir wollten doch zu Barras gehen, um ihm alles zu erzählen. Um deinen eigenen Arsch zu retten! Hast du die Russen etwa schon wieder vergessen?«
»Du … ich kann jetzt nicht«, antwortete Fuad. »Dieser Italiener hat sich bei mir gemeldet. Er wartet bereits unten am Hauseingang auf mich. Er will, dass ich gemeinsam mit ihm dem Besitzer des Pink Palace einen Besuch abstatte.«
Marcial rief ihm durchs Handy zu:
»Das darfst du auf gar keinen Fall tun! Hau durchs Fenster ab oder was auch immer …«
»Ich wohne im achten Stock, Marcial … Außerdem hat er mir klargemacht, was er mit mir anstellt, falls ich nicht mit ihm zusammenarbeite.«
Während sein Freund noch entsetzt in den Hörer schrie, fuhr Fuad fort:
»Marcial, ich habe Angst. Wir müssen vorsichtig sein, es bringt uns gar nichts, wenn wir uns gegenseitig anschreien. Ich ruf dich an, sobald ich aus diesem Pink Palace zurück bin.«
Fünfzehn Minuten später stand Fuad unten am Hauseingang. Obwohl er gerade der Dusche entstiegen war, gab er einen beklagenswerten Anblick ab. Er stieg mit resignierter Miene in mein Auto ein wie jemand, der zu seiner eigener Hinrichtung geht.
»Schnall dich an, ist Vorschrift!«, versetzte ich.
Während wir durch Madrids Straßengewirr fuhren, schwiegen wir. Erst als wir durch die Unterführung der Plaza de Castilla gefahren waren und uns auf der A1 Richtung Burgos befanden, sprachen wir wieder miteinander.
»Lebst du allein in Madrid?«, wollte ich von Fuad wissen.
»Ja …«
»So, so. Woher stammst du eigentlich?«
»Aus Ceuta. Dort lebt meine Familie.«
»Gar nicht schön, wenn man so weit weg von der eigenen Familie lebt. Mein einziger Familienangehöriger ist ein Onkel zweiten Grades, er lebt in New York. In der Bronx. Warst du schon mal dort?«
Fuad schüttelte den Kopf.
»Haben wir eine weite Fahrt vor uns?«, fragte er mit brüchiger Stimme.
»Immer schön cool bleiben! Der Firmensitz von Pink Palace befindet sich etwa auf Höhe von Kilometer 30 dieser Autobahn. Im Übrigen bin ich nicht ganz so schlimm, wie du denkst: In der Regel tue ich jungen Menschen nichts, nur weil sie sich weigern, undankbare Jobs zu erledigen …«
Der junge Marokkaner sah mich aus dem Augenwinkel an.
»Was glaubst du eigentlich, Fuad? Denkst du etwa, ich bin mir nicht bewusst, dass der ganze Auftrag ein riesengroßer Dreck ist? Natürlich. Das weiß ich selbst. Aber es ist nun mal meine Mission, und du wirst dafür bezahlt. Wir haben Vorgesetzte, Chefs … und müssen am Ende Rechenschaft über unsere Arbeit ablegen. Auch wenn uns das, was wir tun, oder der, für den wir arbeiten, manchmal nicht gefällt! So ist das Leben, mein Freund. Zabaleta ist ein Lackaffe ohne Rückgrat. Ein Waschlappen, der, um seine eigene Haut zu retten, zu allem imstande wäre.«
Ich zog eine zerknitterte Schachtel Zigaretten aus der Hosentasche und reichte sie ihm. Er winkte ab. Ich klemmte mir eine zwischen die Lippen und drückte den Zigarettenanzünder des Wagens.
»Hat Zabaleta dir jemals
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