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Der Profi

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Titel: Der Profi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fernando S. Llobera
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erzählt, weshalb er den Auftrag angenommen hat?«
    »Wahrscheinlich haben Sie ihm gedroht …«, brummelte Fuad zwischen den Zähnen.
    »Weit gefehlt! Deinem Unternehmen ist ein sehr wichtiger Vertragspartner verloren gegangen, und ich hab ihn wieder zurückgeholt. Überleg doch mal! Wenn du die Angelegenheit für Zabaleta über die Bühne bringst, kannst du danach von ihm verlangen, was du willst. Jeder von uns profitiert also.«
    »Zu so was taug ich nicht«, murmelte der Marokkaner. »Ich hab im Leben nur gelernt, mein Geld auf ehrliche Art zu verdienen.«
    »Ich respektiere deinen Standpunkt«, versicherte ich. »Schau mich jetzt bitte nicht so an. Das meine ich ernst. Jeder von uns hat seine eigene Lebensanschauung. Ich will dir mal von meiner erzählen: Wir besitzen nur ein Leben auf dieser Erde, danach gibt es nur noch Staub … nichts als Staub. Ich hab schon viel zu viel Ungerechtigkeit erlebt, als dass ich an etwas anderes glauben würde.«
    Fuad rutschte unruhig hin und her. Ich nehme an, unser Gespräch bereitete ihm nur wenig Vergnügen.
    Ich zog ein letztes Mal kraftvoll an der Zigarette, dann schmiss ich die Kippe zum Autofenster hinaus.
    »Also, Fuad, du solltest es dir noch mal überlegen. Bring deine Arbeit zu Ende und setz deinen Boss unter Druck, damit er dich befördert. Ist ja nicht illegal und schon gar nicht verwerflich. Tust du es nicht, tut es ein anderer. Hast du eine Freundin?«
    Fuad kniff die Lippen zusammen.
    »Ich weiß nicht, ob ich darauf antworten soll.«
    »Tu, was du willst.«
    Nach einer halben Minute, sagte er:
    »Ja, es gibt da ein Mädchen …«
    »Aus dem Büro?«
    Fuad nickte.
    »Sie ist halb mit meinem direkten Vorgesetzten liiert. Aber sie behauptet, sie hätte nur ein freundschaftliches Verhältnis mit ihm.«
    »Mit Zabaleta?«
    Da musste Fuad lachen.
    »Nein, nicht mit dem Vorstandsvorsitzenden. Mit meinem direkten Vorgesetzten, Alejandro de Quinto. Einem eingebildeten Schnösel.«
    »Soll ich ihn umlegen? Jetzt sieh mich nicht schon wieder so an! War doch nur ein Späßchen. Du lebst weit entfernt von deiner Familie, in einer Stadt ohne Meer, mit viel zu viel Verkehrslärm um dich herum, dein direkter Vorgesetzter ist ein Hornochse, und deine Liebe ist eine rein platonische. Und da willst du noch deinem eigenen Glück im Weg stehen?«
    Während wir über all das sprachen, erreichten wir Pink Palace . Das Gebäude war wie eines jener klassischen Motels an spanischen Autobahnen. Im Stil einer riesigen freistehenden Villa. Davor ein geschotterter Parkplatz. Auf dem Dach prangte ein großes violettes Reklameschild, auf dem eine Tänzerin in einem Cocktailglas abgebildet war (in diesem Moment war die Beleuchtung noch ausgeschaltet). Das Gebäude verfügte über zwei Stockwerke mit Zimmern. Die zweifelhafte erotische Anziehungskraft, die es in der Nacht besaß, verflüchtigte sich bei Tageslicht schlagartig. Hinter dem Eingang befand sich ein großer Saal mit einer Theke in der Mitte, goldglänzenden Balustraden und Sesseln mit schwarzem Samt bezogen, wo man die Wartezeit verbrachte, bis das nächste Mädchen frei wurde. Wir läuteten mehrmals.
    »Sehen Sie nicht, dass das Etablissement geschlossen ist?«, antwortete nach einer Weile eine Stimme aus dem Lautsprecher, die sich durch meine Beharrlichkeit offenbar gestört fühlte. »Kommen Sie später wieder!«
    »Ich habe eine Verabredung mit Óscar Palacios, dem Juniorchef. Mein Name ist Lucca Corsini.«
    Die Stimme in der Sprechanlage erging sich in einem mürrischen Knurren.
    »Na gut, warten Sie …«
    Dann ging die Tür auf, und ein Mann mit grobschlächtigem Äußeren forderte uns auf, ihm zu folgen. Putzfrauen waren emsig dabei, den Boden zu desinfizieren. Wir liefen an ihnen vorbei bis zu einer am Ende des Raums gelegenen Holztür. Sie würdigten uns keines Blickes. Es roch nach kaltem Zigarettenrauch. Wir gingen durch die Tür und stiegen eine Treppe in das Obergeschoss hinauf, wo wir in ein Büro gelangten, in dem zwei Schreibtische, einige Computer und ein mit Aktenordnern vollgepfropftes Metallregal standen. In einer Ecke des Zimmers saß hinter einem der Schreibtische der frischgebackene Junior chef, der wie ein Möchtegernplayboy aussah: Er hatte ge rade erst von seinem verstorbenen Vater das Geschäft geerbt, und man merkte ihm an, dass er sich in seiner neuen Rolle als Unternehmer noch unbehaglich fühlte. Óscar Palacios hatte sich ein Leben lang nur dem Vergnügen, sich selbst und der Eroberung von Frauen

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