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Der Profi

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Titel: Der Profi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fernando S. Llobera
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Unterdrückung in Tibet oder der Unversöhnlichkeit des salafistischen Islam war die Welt eigentlich ein ganz vernünftiger Ort. Diese Meinung vertrat jedenfalls Fuad. Bei genauerem Hinsehen fand er jedoch, dass zu seiner Welt noch einige unabänderliche Tatsachen gehörten: die Gewissheit, dass er beruflich immer ein Underdog bleiben würde, seine unvermeidliche Tollpatschigkeit bei den Frauen, seine religiöse Familientradition und der unerschütterliche Glaube seines Vaters an Allah wie auch seine stabile Freundschaft mit Marcial, seine Verherrlichung Barbaras und bei alldem Gottes beängstigendes Schweigen … All das bildete eine Welt, die trotz ihrer Höhen und Tiefen durchaus kontrollierbar war. Probleme ließen sich lösen, gesteckte Ziele waren erreichbar.
    Bis jetzt zumindest.
    Als er nun aber entdeckte, dass Brown & McCombie mit der Russenmafia zusammenarbeitete, brach seine ganze so geordnete und alltägliche Welt in sich zusammen. Dachte man es konsequent zu Ende, dann war er selbst es ja, der für die Russenmafia arbeitete! Und Don Eleuterio? Natürlich wusste er, wer sich hinter seinem Kunden verbarg! Mit einem Mal verstand Fuad Zabaletas seltsames Benehmen während der letzten Monate, die geheimen Treffen, die Anweisung, mit niemandem über die Sache zu sprechen, seine enorme Anspannung. Moscow Hotel Investments war nur ein Scheinunternehmen, ein Deckmäntelchen für die russische Unterwelt. Und Don Eleuterio hatte, aus welchem Grund auch immer, die Zusammenarbeit mit der Mafia akzeptiert!
    Fuad lag bäuchlings im Bett, sein Kopfkissen war auf dem Boden gelandet, er hatte einen Arm unter die Matratze geschoben. Er döste vor sich hin und machte dabei eine flüchtige Bestandsaufnahme der Situation. Lucca Corsini! Er hatte also mit einem Mann Kaffee getrunken, der im Drogenhandel unterwegs war und ohne die geringsten Gewissensbisse Menschen entführte oder umbrachte. Und er hatte ihm seine Handynummer gegeben!
    Fuad hatte höllische Kopfschmerzen. Sein elender Zustand war das Ergebnis einer Kombination von zu viel Alkohol, zu wenig Essen und zu viel Stress. Plötzlich wurde ihm kotzübel. Er rannte ins Bad und beugte sich über die Kloschüssel. Anschließend blieb er noch eine Weile, keuchend an die kalten Badfliesen gelehnt, auf dem Boden sitzen und versuchte, sich die Ereignisse der vergangenen Nacht ins Gedächtnis zurückzurufen: Er hatte Marcial angerufen und sich mit ihm in einer Kneipe in der Nähe verabredet. Das war gegen Mitternacht gewesen. Fuad war als Erster eingetroffen, und weil er bemerkte, wie ihn langsam der Mut verließ, machte er es Humphrey Bogart nach und bestellte einen Johnnie Walker pur. Und dann noch einen.
    »Was gibt’s denn so Dringendes?«, hatte sich Marcial erkundigt, sobald er Fuad erkannt hatte. »Du siehst ja aus, als wäre dir ein Gespenst über den Weg gelaufen.«
    »Bestell dir was Hartes, du wirst es brauchen …«
    »Wie du meinst. Aber rück endlich mit der Sprache raus!«
    Fuad legte Marcial ein gefaltetes Blatt vor, auf dem eine Namensliste stand. Marcial las die Liste durch, hob eine Augenbraue und zuckte mit der Schulter.
    »Ja und? Acht Namen.«
    Fuad leerte seinen dritten Johnnie Walker.
    »Das sind lauter Bosse der Russenmafia in Spanien. Sogenannte vory !«
    »Faszinierend …«
    »Der erste auf der Liste zum Beispiel … Ich habe seinen Namen im Internet gesucht: ein Krimineller, der erst kürzlich von der Polizei festgenommen wurde, Mitglied der russisch-georgischen Solntsewskaia-Mafia.«
    Marcial sagte kein Wort. Er sah seinen Freund beunruhigt an.
    »Der zweite wurde im Verlauf der Operation ›Wespe‹ gefasst … Oh Gott! Inzwischen kenne ich sogar die Namen der Polizeieinsätze! Den dritten, einen gewissen Viktor Stonowitsch, haben sie im vergangenen Jahr geschnappt, er sitzt nach wie vor im Gefängnis. Und jetzt halt dich fest: Vier von ihnen sind im letzten Monat ums Leben gekommen. Ermordet! Der letzte bei einem Bombenattentat an der Plaza de la Paja. Ich hab die Artikel aus dem Internet ausgedruckt, falls es dich interessiert.«
    »Ja, alles ziemlich miese Typen. Und?«
    »Sie sind Kunden von Brown & McCombie !«
    In diesem Moment wurde in der Bar die Musik heruntergedreht.
    »Was sagst du?« Marcial sah ihn fassungslos an.
    »Marcial, du kannst dir nicht vorstellen, worauf ich bei meinen Recherchen gestoßen bin. Offenbar operieren in Spanien über fünfhundert Mafiaorganisationen, darunter Russen, Japaner, Chinesen, Albano-Kosovaren,

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