Der Profi
auf – der übrigens auch Viktors Lieblingswodka gewesen war – und reichte mir eins der Gläschen. Er selbst schenkte sich einen Bourbon ein. (»Ist Getränk aus Westen, nyet ? Michail liebt Dollar mehr als Rubel.«) Dann nahm er einen Schluck, schloss die Augen und ließ die Zunge gegen seinen Gaumen schnalzen. Anschließend steckte er sich eine Zigarette an und hüllte sich in eine blaue Rauchwolke ein. Eine Glitzerkugel drehte sich im Zeitlupentempo an der Decke und warf ihre Lichtstrahlen, die sich in den gläsernen Augen der Jagdtrophäen spiegelten, als Schachbrettmuster an die Wand.
»Wir möchten Bewunderung für dich ausdrücken, Freund Lucca«, sagte Gagarin dann mit seinem schweren Akzent. »Wir nennen muda , Eier … wie du in Valencia gekämpft hast. Und du beweist Mut, wenn du in Privathaus zu Michail kommst. Von Viktors Leuten trauen sich nur wenige, seit Chef im Knast.«
»Michail, ich wünschte, ich hätte nicht kommen müssen. Und ich verstehe nicht, warum du sagst, ich sei mutig: Hab ich denn einen Grund, mich bedroht zu fühlen?«
Man merkte Gagarin an, dass ihn mein undankbares Verhalten ärgerte.
»Aber ist gut, dass du gekommen bist«, sagte der Russe leicht angespannt.
Er zog mehrmals grimmig an seiner Zigarette, bevor er es erneut mit einem breiten Grinsen versuchte, was ihm nur halbwegs gelang.
» Sa sdorowje ! Auf Viktor Stonowitsch, unseren Freund und Chef, großer Mann, der von Kapitalismus-Schweinen ungerecht behandelt wurde.«
» Sa ewo sdorowje !«, riefen die beiden anderen im Chor und kippten sich ihren Wodka hinter die Binde.
Ich zog es vor, den Wodka nicht anzurühren.
»Du trinkst nicht?«, fragte Gagarin.
»Lieber nicht. Schließlich hat Viktor mich einmal umzubringen versucht. Ich bin ja nicht masochistisch veranlagt …«
» Da , da . Verstehe! Böses Blut. Viktor bittet mich, dir zu sagen, er verzeiht. Haha! Und Leute behaupten, Viktor sei nicht großzügig. Er ist Geschäftsmann. Das Wichtigste für biznessmen ist an Zukunft denken, nicht an Vergangenheit.«
Gagarin wischte sich mit einem Stofftaschentuch den Schweiß vom Gesicht, dann schenkte er sich einen zwei ten Bourbon ein. Er rülpste laut. Die beiden anderen lachten.
»Sünden sind vergeben«, versicherte mir Michail Gagarin, woran ich natürlich nicht eine Sekunde lang glaubte. »In diesem Moment … Viktor ruht aus, denkt über Leben nach und lenkt mit meiner Hilfe Geschäfte mit sicherer Hand. Sichere Hand , du verstehst, Lucca? Viele Familien sind von Viktor abhängig, viele Mütter, viele Kinder, du verstehst?«
Er legte eine Pause ein, damit wir Zeit hatten, über die Bedeutung seiner großen Verantwortung nachzudenken. Dann fuhr er fort:
»Geschäfte im Moment sehr schwierig! Vor zwei Jahren in Spanien viele Häuser gebaut, viel Geld. Jedes Jahr wir verkaufen mehr Beton, bauen neue Wohnungen. Jetzt sind viele leer, aber uns ist egal, da ? Restaurants und Bars immer voll. Spanien ist Tourismusparadies. Touristen essen und sind betrunken ganzen Tag … Ich liebe Spanien, Lucca, ich liebe Land! Mit spanischer Regierung und Justiz keine Probleme …« Gagarin lachte. »Aber in Gegenwart nicht alles ist einfach. Viel Konkurrenz. Große Krise. Heute wir müssen schlauer sein, bizness verlangt Aufmerksamkeit. Müssen neue Lösungen suchen, wie wir Euros verdienen, da ? Drogen und Baubranche nicht genug. Aber wir haben Idee, großartige Idee! Boris Iwanowitsch ist sehr froh. Er möchte, dass du hilfst. Hilft Lucca? Natürlich, hilfst du! Sa sdorowje , mein Freund, auf enge Zusammenarbeit und gemeinsamen Erfolg! Boris Iwanowitsch ist überzeugt von Idee.«
»Wovon zum Teufel sprichst du, Michail?«
Da hob er sein Glas Bourbon und sagte triumphierend:
» Pink Palace !«
»Was ist das denn?«, fragte ich geduldig.
» Pink Palace ist Name von Bordellkette. Hundertfünfzig Bordelle in Spanien, Portugal. Sechstausend Mädchen. Superhübsch. Sexy Körper. Pizda ! Ganz großes Geschäft. Ich hatte Idee. Danach wir reden mit Boris Iwanowitsch, er schickt MHI … Moscow Hotel Investments , große Firma aus Moskau, Betreiber von Restaurants, Bars, Hotels in Spanien …«
»Ja, ja. Ich weiß, wer MHI ist«, unterbrach ich ihn. Dann bedeutete ich ihm weiterzureden.
»Also … Boris schickt Firma, soll Pink Palace kaufen. Und MHI kauft. Große Investition, Geldwäsche von Kalaschnikow-Geschäft in Irak. Araber metzeln sich ja gegenseitig nieder … brauchen Waffen! Vielleicht kaufen wir Motels und gehen an
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