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Der Protektor von Calderon

Der Protektor von Calderon

Titel: Der Protektor von Calderon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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Wasser verdrängte. Deshalb fiel es beträchtlich schwerer, es zu verstecken.
    »Ehren«, flüsterte Tavi heiser. »Mach uns ein Loch.«
    Ehren schluckte und schwamm hinüber zum Schiff. Er ließ Isanas Leine los und bohrte eines seiner Messer in den Rumpf. Daran hängte er sich, ließ sich vom Schiff durchs Wasser ziehen, legte die freie Hand auf den Rumpf und schloss die Augen.
    Isana ließ ihre Sinne bis zum Schiff vordringen und war erneut überrascht, wie klar sie wahrnahm, was ihr das Wirken enthüllte. Es war beinahe wie beim Heilen, wenn sie Schmerz und Schaden im Körper eines Patienten spüren konnte. Sie fühlte das Wasser um das Schiff herum, das in Berührung mit dem Rumpf kam, darunter auch eine Reihe von Stellen, wo dessen sanfte, geduldige Kraft undichte Stellen entdeckte und begonnen hatte, langsam ins Innere einzusickern.
    Sie wartete einen Augenblick, aber als Ehren enttäuscht den Kopf schüttelte und die Hand auf das nächste Brett legte, ließ sie sich näher zu ihm treiben. »Tiefer und ungefähr einen Fuß weiter in Richtung Bug«, sagte sie leise. »Dort gibt es ein kleines Leck. Sie haben es mit Teer und Segeltuch gestopft, aber die Planken sind an der Stelle geschwächt.«
    Ehren blickte sie verwundert an. Dann legte er die Hand auf die beschriebene Stelle und riss die Augen auf. Er schloss sie wieder,
spannte die Finger an und formte sie zu einer Kralle. Die drückte er mit großer Kraft ins Holz, und tatsächlich sanken die Finger einen halben Zoll in die Planke. Er gab ein zufriedenes Knurren von sich und wiederholte den Vorgang mehrmals, bis seine Hand bis zum Ende der Finger im Rumpf versunken war. Nun holte er tief Luft, drehte den Arm und zog.
    Es ertönte ein Knacken, und die Planke löste sich von ihren Artgenossen im Rumpf und brach. Ehren zog ein zwei Fuß langes Stück Brett heraus, packte die Planke unter der Öffnung, schloss erneut die Augen und brach dann ein weiteres Stück Holz heraus.
    Isana spürte, wie jemand seine Aufmerksamkeit auf sie richtete, und sie wandte sich zu Tavi um, der sie aus zusammengekniffenen grünen Augen anstarrte. Er näherte sich ihr und murmelte: »Was ist passiert?«
    Sie sah ihn kurz an und schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht genau.«
    »Alles in Ordnung?«
    »Ich …« Sie schüttelte den Kopf. »Es ist alles ein einziger Elementar. Alles zusammen. Das ganze Meer. Wenn du eine Verbindung zu einem Teil herstellen kannst, besteht eine Verbindung zum Ganzen. Es ist so viel, und ich kann nicht …« Sie unterbrach sich, als Tavi ihr die Hand auf den Mund legte.
    »Pst«, sagte er leise. »Nicht so laut. Ist wirklich alles in Ordnung?«
    Isana schloss den Mund und nickte heftig. »Aber beeil dich, wir dürfen keine Zeit verlieren. Die Sonne geht unter. Ich fühle, wie sie anfangen, sich zu regen. Wir sollten lieber nicht im Wasser sein, wenn sie wach werden.«
    Wieder erfolgte ein Krachen, und Ehren steckte den Kopf durch das Loch, das er gemacht hatte. Kurz darauf zog er ihn zurück, rümpfte die Nase und berichtete: »Bilge. Lasst mir einen Moment Zeit, um zur anderen Seite durchzukommen.« Damit verschwand der kleine Kursor im Loch. Bald darauf tauchte er erneut auf, nickte Tavi zu und streckte ihm die Hand entgegen.

    Isana spürte die Hochstimmung ihres Sohnes, ausgelöst durch das zu erwartende Abenteuer, plötzlich abebben. Stattdessen strahlte er Bedauern und stählerne Entschlossenheit aus. Er trat Wasser, packte das Messer, das Ehren als Griff in den Rumpf gestoßen hatte, und stieg mit Hilfe des kleinen Kursors ein. Wegen seiner breiten Schultern musste er einen Arm nach dem anderen durchstecken, und abermals staunte Isana, wie groß der Junge war.
    Kitai kam als Nächste an die Reihe, wobei das Marat-Mädchen Ehrens angebotene Hand kaum zu brauchen schien. Bei Kitai spürte Isana das, was eigentlich fast immer von ihr ausging - eine Art gleichgültig katzenhafter Belustigung über die Welt und eine starke Verbindung zu ihren Sinnen und ihrer Umgebung. Schließlich stieg Araris ein, der vorher jedoch Isana noch einen Blick zuwarf. Sie spürte deutlich, welche Sorgen er sich um sie machte.
    »Ach, meine Güte«, flüsterte Isana scheuchte ihn vorwärts. »Geh. Ich bin hier sicherer als du.«
    Araris blickte sie stirnrunzelnd an und zögerte.
    Isana spürte die Richtung, in die seine Gedanken gingen, die plötzliche, vernunftlose Hitze, die sie ausstrahlten, und sie wurde rot. »Mir gefällt es auch, wie du nass aussiehst«, sagte sie.

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