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Der Protektor von Calderon

Der Protektor von Calderon

Titel: Der Protektor von Calderon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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»Und warum nicht?«
    »Weil es nicht den Ausgang nehmen wird, den du erwartest«, sagte sie ruhig.
    Tavi runzelte die Stirn. »Du hast die Pläne gesehen, die Posten der Wachen, die Verteidigungsanlagen. Wenn du glaubst, der Plan sei nicht gut, warum hast du dann gestern nichts gesagt?«
    »Der Plan ist gut«, erwiderte Kitai. »Du hast nichts übersehen.«
    »Und warum sollte uns die Durchführung dann nicht gelingen?«

    »Weil immer etwas dazwischen kommt.« Kitai lächelte ihn an. »Das ist die Natur des Lebens. Irgendetwas Unerwartetes geschieht. Irgendetwas geht schief, und der Plan muss geändert werden.«
    »Falls das passiert«, sagte Tavi und betonte das erste Wort, »werden wir den Plan eben ändern.«
    »Sag mir nur eins«, meinte Kitai. »Bei deinem Plan hast du uns nicht erklärt, wie Varg reagieren wird.«
    Tavi verzog das Gesicht. »Woher soll ich das wissen«, sagte er. »Ich glaube, er wird sich uns anschließen, aber …«
    Kitai nickte zufrieden, hob ihr Seil auf und steckte es in das Lederfutteral an ihrem Gürtel. »Aber nur so lange, bis du weißt, dass es heute Nacht nicht nach Plan läuft.«
    »Schwarzseher«, erwiderte Tavi.
    »Tavi«, fragte Isana, »reichen die Kaltsteine eigentlich?«
    Er konnte sich immer noch nicht vorstellen, dass seine Mutter mitten in der Nacht mit Kitai ausgezogen war, um die Steine aus einem Dutzend Gasthäuser zu stehlen. »Müssten sie eigentlich. Ich mache mir mehr Sorgen wegen der Rüstung. Sie ist eng, aber sie ist nicht perfekt.«
    »Niemand darf ja wohl erwarten, dass man innerhalb von zwei Tagen solche Rüstungen genau nachbauen kann«, gab Kitai zurück. »Nicht einmal hier in der Hauptstadt.«
    »Ich weiß, aber …« Tavi seufzte. »Es gibt keine Möglichkeit mehr hineinzugelangen, wenn der Alarm ausgelöst wird.«
    »Wir haben uns so gut wie nur möglich vorbereitet, Aleraner«, sagte sie. »Im Augenblick gibt es überhaupt gar keinen Grund, sich Sorgen zu machen.«
    »Vermutlich«, räumte er ein.
    »Du machst dir aber trotzdem Sorgen.« Sie seufzte.
    »Vielleicht ist das gar nicht sein Fehler«, murmelte Isana. »Ich fürchte, diese Angewohnheit hat er von mir.« Sie sah Tavi an, und ihre Miene wurde ernster. »Aber sie hat recht, mein Lieber. Sorge ist Angst in Verkleidung. Und Angst frisst dich von innen heraus
auf, wenn du es zulässt.« Sie lächelte schwach. »Glaub mir, damit kenne ich mich aus.«
    Tavi seufzte tief. Wenn irgendwer in Alera einen Grund zur Sorge - und zur Angst - hatte, dann war das er. Gleichzeitig erkannte er jedoch einen guten Rat, wenn er einen bekam. Vielleicht konnte er ihn nicht befolgen, doch er würde es wenigstens versuchen, zumindest auf lange Sicht. »Ich werde mir Mühe geben, mich zu ändern«, sagte er trocken, »aber ich fange nicht heute Nacht damit an. Da habe ich schon genug im Kopf.«
    Isana lächelte. »Wir sind bereit zum Aufbruch, wenn es so weit ist«, sagte sie.
    Kitai schnaubte, während sie ein zweites Futteral am Gürtel durchwühlte und einige Werkzeuge ordentlich auslegte. »Nur, wenn wir nicht dauernd von Leuten gestört werden, die uns dumme Gespräche über Dinge aufdrängen, an denen man sowieso nichts ändern kann.«
    Tavi wollte erwidern, dass sie jetzt wohl auch noch anfingen, sich über sein Mundwerk zu beschweren, doch er überlegte es sich anders. Von allem, was er heute Nacht erwartet hatte, standen unbeherrschte Lachanfälle ganz unten auf seiner Liste. »Wir brechen auf, sobald Ehren mit den Mänteln fertig ist.«
    Er nickte ihnen zu und ging über den Korridor zurück zu seinem Zimmer. Als er dort eintrat, stand Araris in der Mitte, eingehüllt in einen langen grauen Mantel.
    »Bist du sicher, dass er nicht zu lang ist?«, fragte er. »Mäntel sehen hübsch aus, aber es lässt sich nicht gut in ihnen kämpfen, und außerdem kann man leicht stolpern, wenn man auf den Saum tritt.«
    »Nachdem du die Rüstung angelegt hast, ist er vier oder fünf Zoll kürzer«, versicherte Ehren ihm.
    Er sah Tavi an und warf ihm einen zweiten grauen Mantel zu, der zusammengerollt war. »Der dürfte dir doch bekannt vorkommen. Probier ihn mal an.«
    Tavi rollte den Mantel auf und zog ihn über. Ehren kam zu ihm
und begutachtete den Saum, der ihm halb über die Schienbeine hing. »Nicht schlecht. Nicht ganz Uniformlänge, aber im Dunkeln dürfte das niemandem auffallen.«
    »Richtig«, sagte Tavi.
    Draußen schlugen die Glocken einmal, wie zu jeder vollen Stunde zwischen Sonnenuntergang und

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