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Der Protektor von Calderon

Der Protektor von Calderon

Titel: Der Protektor von Calderon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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kleinen Stein vom Boden und legte ihn ungefähr auf einem Drittel des Wegs ab. »Hier sind wir.«
    Mit der nächsten Geste erhob sich die Erde auf der anderen Seite des kleinen Sumpfes zu glatten Kegeln in einem eleganten Bogen. »Das ist das Kalare-Gebirge. Es schließt das Gebiet um Kalare halb ein. Nachdem wir den Sumpf durchquert haben, müssen wir uns zu seinem Fuß aufmachen. Dann bewegen wir uns am Gebirge entlang, bis wir einen Gipfel finden, von dem aus man die Stadt sehen kann. Diesen Pass müssen wir hinaufsteigen.«
    Amara atmete tief und lange aus. Sie hatte nicht gewusst, um welche Entfernungen und um was für ein Gelände es ging. Nie zuvor hatte sie ihre Fähigkeit zu fliegen und solche Hindernisse zu umgehen so hoch geschätzt. Wenn man auf den eigenen Füßen
laufen musste und zu weiten Umwegen gezwungen war, wurde Reisen zu einer ganz anderen Herausforderung. »Wie lange werden wir dafür brauchen?«
    »Im besten Falle zwei Wochen bis zur anderen Seite des Sumpfes und einen weiteren Tag bis zum Pass durch die Berge. Unter diesen Umständen jedoch …« Bernard schüttelte den Kopf. »Drei Wochen. Vielleicht länger.«
    Amaras Mut sank. Drei Wochen lang so leben? Sie bewegte die Zehen in ihren Füßen, versuchte es wenigstens. Sie waren so feucht und kalt, dass Amara nicht sagen konnte, ob sie sich tatsächlich rührten. »Oh«, flüsterte sie.
    »Du kannst es dir nicht vorstellen«, sagte Bernard.
    »Was?«
    Er deutete auf den Sumpf. »Noch drei Wochen dies hier.«
    »Wie sollte ich mir das auch vorstellen?«, fragte Amara erschöpft.
    »Immer eins nach dem anderen«, schlug Bernard vor. »Jetzt zum Beispiel müssen wir erst einmal aufstehen.« Ihr Gemahl ließ seinen Worten Taten folgen, drückte sich müde vom Boden hoch und stand auf. Er bot ihr die Hand an.
    Amara nahm sie und erhob sich.
    »Gut«, sagte Bernard. Er zeigte ihr die letzten beiden Bäume, die er als Orientierung benutzt hatte. »Jetzt such dir deine Wegmarke.«
    Amara zog in Gedanken eine Linie zwischen zwei Bäumen und berichtigte dabei den Weg leicht nach Norden. »Gut.«
    Bernard setzte sich die Trage auf die Schulter. »Und jetzt gehen wir zur nächsten Marke.« Er blickte hinauf zum Himmel, und obwohl die Sonne hinter Wolken und Nebel verhüllt war, zuckte er zusammen und hielt sich die freie Hand vor die Augen. »Wir machen einfach immer weiter. Immer zum nächsten Baum.«
    Amara holte tief Luft und sah ihren Gemahl an. Noch immer machte sie sich große Sorgen um ihn. Ein Stoß an den Kopf konnte auch nach vielen Tagen noch zum Tod führen. Wenn er
nun viel schwerer verwundet war, als er behauptete? Wenn er eine innere Blutung im Kopf hatte und es nur noch eine Frage der Zeit war, bis der Druck ihn umbrachte?
    Gaius könnte eine solche Verletzung heilen.
    Sie biss sich auf die Unterlippe. Sie war eine Kursorin des Ersten Fürsten. Er hatte ihr einen Auftrag erteilt, und es war ihre Pflicht, ihn zu erfüllen. Selbst wenn es sie das Leben kostete.
    Oder Bernard.
    Bei diesem Gedanken bekam Amara plötzlich weiche Knie, und gleichzeitig loderte Zorn in ihrer Brust auf. Hatte sie nicht schon genug geleistet? Hatte sie nicht längst mehr als genug gegeben? Sie hatte erbittert gegen die Feinde der Krone gekämpft. Sie hatte albtraumhafte Wesen besiegt und grausame, zerstörerische Männer, und ihr Körper wies mehr als eine Narbe auf, die sie im Dienst erworben hatte. Hatte sie nicht schon genug für den Ersten Fürsten getan? Durfte er jetzt wirklich verlangen, dass sie den Mann opferte, den sie so sehr liebte?
    Das alles war leicht zu verhindern. Sie brauchte Gaius nur zu sagen, dass er sich wegen seines Fiebers selbst heilen musste. Oder, falls das nicht reichte, war es nicht schwierig, dafür zu sorgen, dass sich seine Wunden entzündeten. Sie brauchte lediglich einen Augenblick lang nicht aufzupassen, wenn sie seinen Fuß säuberte oder einen Verband anlegte. Gaius konnte sich selbst heilen, konnte Bernard heilen, und dann könnten sie alle diesen schrecklichen Ort verlassen.
    Einen Moment lang dachte sie daran, wie ein Leben ohne Bernard aussehen würde. Ohne seine Berührungen, ohne seine Stimme. Wie es wäre, wenn sie nie wieder neben ihm schlafen könnte oder in seinen Armen aufwachte, ohne jeden Zweifel daran, begehrt zu werden. Geliebt zu werden.
    Ihr Gemahl berührte sie mit sanften Fingern am Kinn, und sie sah zu ihm hoch. Seine Augen waren zwar von Schmerz überschattet, wirkten aber dennoch beinahe eindringlich

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