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Der Protektor von Calderon

Der Protektor von Calderon

Titel: Der Protektor von Calderon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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wach. Ganz bestimmt ahnte er, welche Gedanken ihr durch den Sinn gingen.

    »Was mache ich nur?«, flüsterte sie.
    Er schwieg einen Augenblick lang und murmelte dann: »Was dir dein Herz sagt, ist richtig. Wie stets.«
    Sie neigte den Kopf und spürte machtlose, beschämte Tränen, die in ihren Augen brannten. Aber sie weigerte sich, sie fließen zu lassen.
    Erneut sah sie ihn an. »Na los, weiter zum nächsten Baum.«

33
    Tavi sah hinauf zum Abendhimmel und schnitt den fröhlich scheinenden Sternen eine Grimasse. Für dieses Unternehmen hatte er sich eine pechschwarze Nacht gewünscht. Normalerweise hätte die Dunkelheit ein Vorhaben wie das ihre erschwert, doch aufgrund von Kitais Nachtsichtfähigkeiten wäre seine kleine Gruppe gegenüber den Männern von der Civis-Legion, der Grauen Garde und allen anderen Soldaten, die vielleicht in der Hauptstadt waren, eher im Vorteil gewesen.
    Sicherlich erschwerten täuschende Schatten und das gleichmäßige Schimmern der Sterne es noch mehr als reine Dunkelheit, ein Ziel anzuvisieren, trotzdem hätte Tavi richtige Finsternis bevorzugt; dann wäre er nämlich überhaupt nicht erst zum Ziel geworden.
    »Wenn du aus dem Fenster starrst, vergeht die Zeit auch nicht schneller«, meinte Ehren.
    Tavi wandte sich vom Fenster dem Zimmer in der Herberge zu und sah Ehren an.
    »Ich mein ja nur«, sagte Ehren und breitete die Hände aus.

    Tavi seufzte und ging hinüber zu seinem Bett. Es war mitten in der Nacht, und der Rest des Hauses schlief seit Stunden. Araris hatte sich vollständig bekleidet auf einem Bett lang gemacht und hielt ein Nickerchen. Ehren saß auf einem Stuhl an der Tür und nähte geduldig einen neuen Saum an die Verkleidungen. Seine Nadel bewegte sich unaufhörlich.
    Tavi setzte sich auf sein Bett, zog das Schwert aus der Scheide und kramte seinen Wetzstein hervor. Er spuckte darauf und begann, ihn mit sorgfältigen Strichen über die Schneide zu ziehen.
    Nach einer Weile wandte Araris den Kopf, öffnete ein Auge und sagte zu Tavi: »Gib’s auf, Mann. Wenn es bis jetzt nicht scharf ist, wird es nie mehr was.«
    »Heute Abend kann ich es wohl niemandem recht machen«, knurrte Tavi.
    Araris wandte sich an Ehren. »Fass es bitte nicht als Beleidigung auf, Ritter Ehren. Er redet immer zu viel, wenn er sich über etwas Sorgen macht. Und normalerweise bringt er sich damit erst recht in Schwierigkeiten.«
    »Ich weiß, was du meinst«, antwortete Ehren. »Einmal bei unserer Abschlussprüfung an der Akademie …«
    Tavi seufzte entnervt und erhob sich. »Ich schaue mal nach, ob Kitai und Isana noch etwas brauchen.« Er ging zur Tür, wobei er Ehrens Grinsen ignorierte, und marschierte über den Flur zum anderen Zimmer, wo er leise klopfte und sagte: »Ich bin’s.«
    Isana öffnete die Tür und lächelte. »Komm herein, mein Lieber.«
    Tavi erwiderte das Lächeln und hoffte nur, es wirkte nicht so angespannt, wie er sich fühlte. »Danke.«
    Kitai saß mit untergeschlagenen Beinen auf dem Boden und trug dunkle, enge Kleidung. Sie wickelte sorgfältig ein dünnes Seil auf. Als Tavi eintrat, sah sie auf und lächelte. » Chala . Ist es schon so weit?«
    »Noch nicht«, räumte Tavi ein.
    »Warum bist du dann hier?«, fragte sie.

    Tavi verzog das Gesicht. »Ehren und Faede finden mich zu anstrengend, glaube ich. Sie sagen, mein Mund steht nie still.«
    Kitai legte das Seil hin und starrte ihn an. Dann wandte sie sich Isana zu. Es folgte ein Moment des Schweigens, und dann begannen beide zu …
    … kichern.
    Kitai und Isana - seine Mutter - kicherten.
    Er blinzelte sie an. Dann wurde seine Miene düster, und er fragte: »Was denn?«
    Ihr Kichern steigerte sich zu schallendem Gelächter, und Isana musste sich aufs Bett setzen.
    Tavi spürte, wie er immer finsterer dreinschaute. »Heute Nacht gibt es wirklich gar nichts zu lachen.«
    Sie lachten, bis sie keine Luft mehr bekamen, und Tavi wurde immer missmutiger, denn ein Blick auf ihn genügte ihnen, um erneut weiterzulachen, sobald sie sich ein wenig beruhigten. Erst als sich Isana mit Tränen in den Augen die Hände auf den Bauch drückte, ließ der Anfall langsam nach.
    »Schön, dass wenigstens einige von uns heute Nacht ihren Spaß haben«, sagte Tavi. »Ist alles bereit?«
    »Ich denke schon«, sagte Isana, deren Stimme immer noch leicht bebte.
    »Alle Teile deines Plans sind bereit zur Ausführung, Aleraner«, meinte Kitai. »Obwohl ich glaube, die Vorbereitungen ergeben nicht viel Sinn.«
    »Ach?«, fragte Tavi.

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