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Der Protektor von Calderon

Der Protektor von Calderon

Titel: Der Protektor von Calderon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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Zusammenhang mit meinem Tod nennt?«
    »Du lügst«, sagte die Stecherin.
    »Und wenn nicht? Kannst du es dir leisten, das Risiko einzugehen?« Isana klang jetzt aufrichtig. »Möchtest du diese Entscheidung für ihn treffen, Navaris?«
    Tavi musste unwillkürlich grinsen.
    »Und der Singulare?«, fragte Navaris. »Warum sollte ich den verschonen?«
    »Scipio ist sein Freund«, antwortete Isana. »Tot ist er dir nicht mehr von Nutzen. Lebendig kannst du ihn als Geisel einsetzen.«
    »Tot ist er aber keine Bedrohung mehr für mich«, murmelte Navaris.
    »Das kann ich nicht bestreiten«, meinte Isana. »Ich hätte auch Angst vor ihm. Besonders an deiner Stelle.«
    Navaris’Stimme wurde sehr ruhig. »Besonders an meiner Stelle?«
    »Ja. Manchmal muss es wirklich schwierig sein für dich. Schließlich hast du schon mehr Duelle gewonnen, als Araris Valerian überhaupt ausgetragen hat. Bestimmt hast du mehr Feinde getötet als er. Und trotzdem hast du dein ganzes Leben lang in seinem Schatten gestanden. Er hat einen so großen Namen. Gleichgültig, wie oft du siegst, er gilt doch in aller Augen weiterhin als der Beste.« Sie ließ ihre Worte einen Moment lang wirken, ehe sie hinzufügte: »Wenn du gegen ihn kämpfst und verlierst, nun gut. Dann wäre es ja eindeutig bewiesen.«
    Tavi schob sich ein Stück höher, so dass er durch das Fenster spähen konnte. Isana saß auf dem Boden zwischen zwei Leichen, Ibrus und seinem Mörder, und zwar so gefasst, als würde sie in einem Salon der Hauptstadt Tee trinken. Araris lag immer noch unter den Trümmern, und einer von Arnos’ Singulares hielt ihm sein Schwert an die Kehle.

    Isana richtete ihre ganze Aufmerksamkeit auf Navaris, da sie die Reaktionen der Stecherin deutete. Mit Hilfe ihrer Wasserkräfte konnte sie genau einschätzen, was sie sagen musste und wie sie ihre Beweggründe dabei verschleiern konnte.
    »Natürlich«, fuhr Isana fort und beugte sich ein wenig vor, »wenn du ihn jetzt tötest, würdest du dir die Chance nehmen, ihn jemals zu besiegen. Niemals könntest du der Welt zeigen, dass du der größte Schwertkämpfer von Alera bist. Wenn du ihn aber lebend deinem Herrn übergibst, würde der höchstwahrscheinlich von dir verlangen, ihn zu töten und seine Leiche verschwinden zu lassen.«
    Navaris starrte Isana an, doch ihr Blick ging in die Ferne.
    »Du bist besser, Navaris«, sagte Isana. »Du hast ihn wie ein Insekt auf den Rumpf der Mactis gespießt, und wenn er nicht geflohen wäre, hättest du ihn längst erledigt. Du weißt, in einem richtigen Kampf wirst du ihn besiegen. Warum verwehrst du dir selbst die Chance, seinen Namen auszulöschen und durch deinen eigenen zu ersetzen?«
    Isana runzelte leicht die Stirn, und Tavi hörte einen mitleidigen, traurigen Unterton in ihrer Stimme. »Was bleibt dir denn sonst noch?«
    Navaris blies die Nasenflügel auf, und plötzlich zitterte ihre rechte Hand heftig. Die Anspannung breitete sich in dem schlanken Körper aus, und einige Sekunden lang atmete sie schwer.
    Dann schien sie in sich zusammenzusinken. Ihre Lider fielen herunter, die Augen schlossen sich halb. »Tandus«, murmelte sie. »Armenius. Fesselt sie. Wir nehmen die beiden mit.«
    Der Hüne, dessen Hammer die Wand zum Einsturz gebracht hatte, nickte, beugte sich über Araris, zog die Hände des Singulare auf den Rücken und band sie mit einer dicken Lederschnur zusammen.
    Der andere Schwertkämpfer schüttelte den Kopf. »Wir jagen nicht Scipio hinterher?«
    »Er heißt nicht Scipio«, sagte Navaris leise. »Er heißt Tavi von
Calderon.« Urplötzlich bewegte sie sich und schlug Isana den Handrücken mit Wucht ins Gesicht.
    Tavi umklammerte sein Schwert, beherrschte seinen Wutausbruch jedoch und verharrte still im dunklen Schatten.
    »Wir brauchen ihm nicht nachzujagen«, murmelte Navaris. »Er wird zu uns kommen.«

44
    Alles lief genau nach Plan, und das machte Amara nervös.
    Nachdem sie einen Abend und einen Morgen unter Gaius’ Anleitung geübt hatte, gelang es ihr wesentlich besser, einen Schleier zu wirken. Es ging dabei gar nicht so sehr darum, etwas Neues zu lernen, sondern vielmehr darum, etwas längst Bekanntes auf neue Weise zu betrachten. Gaius fand treffsicher alle Stärken und Schwächen ihres Elementarwirkens, und er zeigte ihr, wie sie ihr vorhandenes Können auf ganz andere Weise einsetzen konnte.
    Als die Sonne hoch am Himmel stand, konnte Amara einen Schleier in einer Breite von zehn Fuß aufrechterhalten, und zwar mit nur wenig

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