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Der Protektor von Calderon

Der Protektor von Calderon

Titel: Der Protektor von Calderon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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größerer Anstrengung, als sie das Fliegen kostete.
    »Exzellent«, lobte Gaius und lächelte. »Ich nehme an, Maestro Vircani war dein Lehrer im Windwirken.«
    »Ja«, antwortete Amara und grinste. Sie hätte sich nie träumen lassen, einen so großen Schleier mit solcher Leichtigkeit wirken zu können. »Ja, Maestro Vircani. Er hat nicht viel von mir gehalten, abgesehen vom Fliegen.«
    »Ein engstirniger alter Bock«, murmelte Gaius und unterdrückte ein Husten. »Er gehörte zu der Schule, die glaubte, alle
Konzepte des Elementarwirkens, die der Anwendung wert wären, würden auch schon längst benutzt, und deshalb bestehe nicht die Notwendigkeit, unterschiedliche Ansätze zu unterrichten, da sein eigener längst gut genug war.«
    »Nun ja, ich habe mir Licht einfach noch nie als Windstrom gedacht«, meinte Amara. »Nur beim Beugen, zum Beispiel als Vergrößerung. Auf Windströme kann ich mich den ganzen Tag konzentrieren.«
    »Elementarwirken hat genauso viel mit Vorstellungskraft wie mit Konzentration zu tun«, erklärte Gaius. »Daran solltest du denken, wann immer du etwas Neues ausprobierst, Gräfin. Vorstellungskraft. Verschiedene Wege, dir dein Ziel auszumalen. Ich wäre gar nicht überrascht, wenn du auch im Wetterwirken erfolgreich sein könntest.«
    Amara blinzelte. »Wirklich?«
    »Ja, natürlich.«
    Bernard murmelte: »Eine Brise, die all diese Mücken wegbläst, wäre nicht schlecht.« Er spähte durch das Gras zu dem bewachten Bereich. »Ich bin mir immer noch nicht sicher, ob wir das nicht nachts machen sollten.«
    »Wenn wir es nachts machen«, sagte Amara, »sind sie auf uns vorbereitet. Sie werden erwarten, dass wir uns hindurchschleichen. Sie werden mehr Wachen aufstellen, und die werden aufmerksamer sein - tagsüber sind sie bestimmt weniger wachsam und lassen sich leichter ablenken.«
    Bernard runzelte die Stirn. »Aber wenn einer von denen uns bemerkt, haben sie auch noch wunderbares Licht zum Schießen.«
    »Und wir haben gutes Licht, um wegzurennen - es sei denn, dir ist eine Flucht durch unbekanntes Gelände im Dunkeln lieber.«
    Ihr Gemahl verzog das Gesicht. »Vermutlich haben beide Zeiten ihre Nachteile, nicht?«
    »Genau«, murmelte Gaius müde.
    »Also gut«, hauchte Amara.

    Bernard hob Gaius’ Trage hoch und nickte Amara zu. Dann schloss er halb die Augen, und der Boden unter ihren Füßen bebte kurz, auf eine Weise, die sie kaum spüren konnte. Einen Augenblick später wiederholte es sich, im Rhythmus des Herzens eines Schlafenden.
    Amara sprach leise zu Cirrus und spürte, wie sich das Licht um sie herum ein wenig veränderte, als sie den Schleier hochzog. Alles draußen verschwamm, die Farben verblassten und überlappten sich, und die Formen zerflossen zu reinen Farbtupfern. Darin unterschied sich der Schleier eines Windwirkers von dem eines mit Holzelementaren hervorgebrachten. Durch Holzwirken verbarg und verhüllte man, solange es Schatten und Pflanzen gab, die man beeinflussen konnte. Der Schleier eines Windwirkers brauchte diese Voraussetzung nicht - aber er schränkte die Lichtmenge stark ein, die den Schleier durchdrang, und deshalb erschien die Welt draußen, als würde man sie durch trübes Glas oder schlammiges Wasser betrachten.
    »So«, sagte Amara leise. »Bernard?«
    »Bin so weit«, antwortete er.
    Sie gingen auf die Posten des Feindes zu, Amara vorneweg. Es dauerte fast den ganzen Nachmittag, bis sie den Rand des Sumpfes erreicht hatten, wo das Gelände anstieg. Amara hätte am liebsten die Luft angehalten, als sie sich dem ersten versteckten Posten näherten. Sie gingen nahe genug daran vorbei, um den Rauch des Feuers zu riechen - und den Duft des frischgebackenen Brotes. Amaras Magen rumorte unter dem Gürtel, und sogar Gaius sah hungrig aus.
    Erst nachdem sie noch einige Schritte weitergegangen war, bemerkte Amara vor dem Lager die Hunde, große Tiere mit langen Gliedern. Sie schliefen in der Sonne, und das würde vermutlich durch das sanfte Pulsieren, welches Bernard durch die Erde schickte, auch so bleiben.
    Und dann waren sie an dem vordersten Posten vorbei, und ihr Feind hatte nichts bemerkt.

    Beim zweiten Posten verlief es ähnlich. Sie gingen langsam an den Bäumen mit der Beobachtungsplattform vorbei, und niemand schien sie zu bemerken. Mehrere hundert Schritt weit zogen sie langsam über den nun glücklicherweise trockenen und festen Boden, und zwar stetig hügelaufwärts.
    So einfach konnte es doch nicht sein, oder? Amara hatte sich ein Dutzend

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