Der Protektor von Calderon
die den Tod verdient haben. Es sei denn, ich kann ihnen die Männer übergeben, die für diese Massaker verantwortlich sind. Es sei denn, ich kann die Legionen zurückrufen, damit die Canim nicht mehr bedroht werden und sich auf die Heimreise machen können.«
»Aber Tavi«, wandte Isana ein. »Es muss doch noch eine andere Möglichkeit geben, um zu …«
»Solange Arnos den Befehl hat, nicht«, unterbrach Tavi sie mit fester Stimme. »Er kann jetzt keinen Rückzieher machen und mit den Canim Frieden schließen. Nein, er wird den Kampf bis zum bitteren Ende fortsetzen und jeden Mann in der Legion opfern, wenn es sein muss, um seinen Sieg zu erringen. Und das werde ich nicht zulassen.«
»Verhafte ihn«, schlug Isana vor.
»Ich habe keine Grundlage dafür«, erklärte Tavi. »Und falls ich es wider das Gesetz versuche, werden seine Männer für ihn eintreten und ihn beschützen. Wir würden die Arbeit der Canim selbst erledigen und uns gegenseitig umbringen. Und dann würden die Canim die Überlebenden auslöschen. Der Krieg würde weitergehen. Mehr Leid. Mehr Tote.
Das Juris Macto verhindert das alles, und es ist die einzige Möglichkeit, ihn von seinem Posten abzusetzen, ohne ihn vorher in den Gerichtssaal zu bringen.«
»Aber …«, setzte Magnus an.
Tavi wandte sich dem alten Burschen zu und sah ihn düster an. »Es ist ganz einfach, Magnus: Die Canim kommen. Entweder ich gebe ihnen Arnos, oder sie bringen uns alle um und holen ihn sich. Das Duell ist meine einzige Möglichkeit, Arnos in die Hand zu bekommen.« Er sah einen nach dem anderen an. »Oder würde dem hier jemand widersprechen?«
Niemand meldete sich.
Tavi nickte langsam. »Ich werde es also tun. Wenn ihr mich schon nicht unterstützen wollt, wäre es schön, wenn ihr mir wenigstens nicht im Wege steht.«
Erneut blickte er in die Runde, und Isana betrachtete ihn fasziniert. So hatte sie ihn nie zuvor erlebt. Mit solcher Stärke und solchem Selbstbewusstsein hatte sie nie jemanden sprechen gehört. Nicht seit dem Tod von Septimus.
»Ich kann nicht«, sagte Araris sehr leise. »Ich kann es nicht zulassen. Ich werde nicht noch einmal versagen.«
Tavi blickte Araris unverwandt an und sagte sehr ruhig: »Dieser Kampf gehört mir. Ich bin dafür verantwortlich. Oder willst du mich auch vor einen Wagen stoßen, um mich aufzuhalten?«
Araris erbleichte und wandte den Blick ab.
Ehren blies vorsichtig auf ein Blatt Papier und fächelte damit, um die Tinte zu trocknen. »Fertig. Kann unterschrieben und besiegelt werden.«
Tavi wandte sich an Isana.
»Ich habe den Dolch nicht«, sagte sie leise. »Er war in meiner Tasche. Seit wir in Gefangenschaft geraten sind, habe ich ihn nicht mehr gesehen.«
Kitai ging schweigend an Isana vorbei und nahm ihren Rucksack ab. Sie griff hinein und holte einen Dolch hervor, in dessen Griff und Klinge ein blaues und rotes Filigranmuster eingearbeitet war. In den Knauf war das Siegel des Hauses Gaius graviert, ein fliegender Adler. Kitai reichte ihn Tavi.
Isana holte scharf Luft und sagte: »Du hast ihn aus meinem Gepäck genommen.«
»Weil ich dachte, ich könnte ihn möglicherweise brauchen«, antwortete Tavi.
»Du hast mir nicht vertraut.«
Tavi senkte den Blick und drehte den Dolch in seiner Hand. »Du hattest sehr viele … Vorbehalte gegen diesen Teil von mir. Ich wollte vermeiden, dass sie im falschen Augenblick vielleicht die Oberhand gewinnen.«
»Du hast mir nicht vertraut«, wiederholte Isana. Sie schüttelte den Kopf. Sie hatte ihm durchaus schwerwiegende Gründe dafür geliefert, und trotzdem tat es weh.
Tavi unterzeichnete das Schreiben und besiegelte es mit dem Dolch. Er faltete es zusammen und versah es noch einmal mit einem Siegel. »In drei Stunden«, sagte er. »Auf der Mauer. Ich möchte, dass es alle sehen.«
»Verstanden«, sagte Ehren. Er nahm den versiegelten Brief und eilte davon.
»Wenn ihr nichts dagegen habt«, sagte Tavi zu der Versammlung, »wäre ich jetzt gern ein paar Minuten allein, damit ich mich umziehen kann.«
Alle verabschiedeten sich und gingen - doch Isana blieb am Eingang stehen und wandte sich zu Tavi um.
»Kannst du siegen?«, flüsterte sie.
Er lächelte schief. »Bis jetzt habe ich noch kein Duell auf Leben und Tod verloren. Kein einziges.«
»Tavi.«
Das Lächeln verblasste, doch sein Blick blieb fest. »Ich muss. Für uns alle.« Er sah zu Boden und fügte hinzu: »Ich würde dich gern um einen Gefallen bitten.«
Isana nickte. »Sicherlich.«
»Mein
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