Der Protektor von Calderon
keinen Zweck erfüllt. Es ist sinnloses Verhalten. Idiotisch. Und es fällt mir schwer, Idioten zu dulden.«
»Du solltest einsehen, dass uns diese Unterhaltung angesichts der Umstände nichts einbringt. Wir sollten uns lieber überlegen, was wir jetzt unternehmen.«
»Ach?«
»Wahrscheinlich brauchen wir uns keine Sorgen zu machen. Navaris wird diesen jungen Hauptmann an die Krähen verfüttern, damit ist das Problem gelöst.«
»Tatsächlich?«, sagte sie trocken. »Ich habe bereits eine Entscheidung bezüglich dieser Probleme getroffen, Arnos.«
Der Senator klang wachsam. »Und zwar?«
»Es sind deine Probleme«, antwortete die Fürstin hart. »Löse sie allein. Wenn du überlebst, bin ich vielleicht bereit, noch einmal über ein gemeinsames Vorgehen zu verhandeln. Bis dahin bist du auf dich allein gestellt.«
Arnos öffnete und schloss mehrmals den Mund.
Fürstin Aquitania erschien am Eingang des Zeltes und sah Marcus an. Sie schenkte ihm ein Lächeln, das sofort verschwand. Dann drehte sie sich um und zischte Arnos zu: »Da kommt jemand.«
Marcus nahm das als Stichwort und schritt rasch zum Eingang. »Senator?« Er hielt eine Papierrolle in die Höhe. »Ich habe hier die Liste der Verluste, welche die Erste Aleranische erlitten hat, damit du sie dir anschauen kannst.«
Das schlichte Kleid der Fürstin war mit Blut gesprenkelt, das zweifelsohne von den Verwundeten stammte, denen sie Wasser gebracht hatte. Sie nahm das Papier und reichte es mit einem Knicks an Arnos weiter.
Arnos entrollte es. »Danke, Zenturio. Weggetreten.«
Marcus salutierte und zog sich zurück. Fürstin Aquitania gesellte sich zu ihm.
»Unvorsichtig«, sagte er leise. »So offen zu sprechen. Jemand hätte dich belauschen können.«
Sie rümpfte die Nase. »Ich habe dich mit in das Windwirken eingeschlossen.«
Marcus schnaubte.
»Das Duell soll auf der Südmauer stattfinden«, sagte die Fürstin. »Ich denke, es ist Zeit für das Balestrum.«
Marcus nickte. »Für wen?«
Sie zuckte die Achseln. »Na, wir können an allen Seiten dieser Katastrophe nur gewinnen. Wenn Arnos entlastet wird, wären wir unseren Möchtegern-Princeps los. Wenn Octavian gewinnt, schafft er mir einen nutzlosen Gefolgsmann vom Hals, der mir möglicherweise eines Tages ein Messer in den Rücken rammen würde, wenn ich gerade nicht hinschaue.«
Marcus verstand die kalte Logik dahinter. »Warte, bis es vorüber ist. Dann erschieß den Sieger.«
»Und unsere Probleme wären gelöst«, meinte Fürstin Aquitania.
»Es könnte da noch Probleme geben, an die du nicht gedacht hast. Sechzigtausend.«
Das Trauerheulen der Canim-Armee hallte durch die Nacht herüber.
Sie runzelte die Stirn und rieb mit den Händen über die Arme, als würde sie frösteln. »Das sieht ungünstig aus. Ich würde die Legionen lieber nicht verlieren, allerdings scheint ihre Lage ziemlich aussichtslos zu sein.«
»Du könntest ihren Stand verbessern.«
Die Fürstin blieb stehen und sah ihn an. »Das meinst du nicht ernst.«
»Überleg dir nur einmal die Vorteile, wenn wir Erfolg hätten«, sagte Marcus. »Nach deinem Einsatz bei dem Vord-Angriff auf die Zitadelle jetzt das hier. Du würdest als wahre Heldin des Reiches dastehen. Du könntest sogar neue Verbündete gewinnen.«
»Sofern ich nicht in diesem Kampf falle«, sagte sie. »Nein, das Risiko gehe ich nicht ein. Sollte die Schlacht einen schlechten Ausgang nehmen, bringe ich uns beide in Sicherheit.«
Nein, bestimmt nicht, dachte Marcus. Ich kenne dich, Hoheit. Warum nur zwei Dinge erledigen, wenn man leicht drei auf einen Schlag abhaken kann?
Marcus brütete einen Moment lang vor sich hin, und als die Fürstin ihr Windwirken zum Schutz vor Lauschern einstellte, wäre er beinahe mit dem Hauptmann zusammengestoßen.
»Ach, da bist du ja«, sagte der Hauptmann. »Ich habe schon nach dir gesucht. Wo hast du dich herumgetrieben, Erster Speer?«
Tavis Blick schweifte zu der getarnten Fürstin Aquitania, und er zog gleichzeitig die Augenbrauen und die Mundwinkel hoch. »Aha.«
Die Fürstin machte einen Knicks, richtete den Blick auf den Boden und wurde rot.
Marcus hustete rau und salutierte. »Hauptmann.« Er wandte sich der Fürstin zu. »Ich muss mich um meine Pflichten kümmern.«
Schweigend nickte sie, immer noch errötet - oder dies vortäuschend -, küsste Marcus auf die Wange, knickste nochmals vor dem Hauptmann und eilte von dannen.
»Ich wusste gar nicht, dass du eine Frau hast«, sagte Tavi und grinste.
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