Der Protektor von Calderon
Können, und Tavi war es gelungen, alle drei in den ersten Tagen der Schlacht an der Elinarcus zu beweisen.
Niedergeschlagen ballte er die Hand zur Faust. Hier handelte es sich nicht einfach nur um ein Angebot zum Gespräch; er wurde auf die Probe gestellt, um zu sehen, wie groß der Einsatz war, den er persönlich zu bringen wagte. Ein zweites Angebot würde Nasaug nicht unterbreiten. Ganz abgesehen davon, dass Ehrens Leben auf dem Spiel stand.
Tavi konnte es sich nicht leisten, diese Gelegenheit verstreichen zu lassen, und Nasaug wusste das.
Es war die perfekte Falle.
Es war andererseits auch eine perfekte Prüfung.
Es war außerdem eine Gelegenheit, die er nicht …
Tavi schüttelte den Kopf, bevor ihm von diesen kreisenden Gedanken schwindelig wurde.
Er musste es versuchen.
» Chala «, flüsterte Kitai und strich über seinen Arm. »Bist du sicher?«
Er blickte ihr in die Augen. »Nein.«
»Aber du wirst gehen.«
»Sie haben Ehren«, sagte er.
Sie sah ihn düster an und war mit seiner Antwort nicht glücklich. »Das ist töricht.«
»Vielleicht«, bestätigte er.
»Stur. Stolz. Dumm.« Sie seufzte, beugte sich vor und küsste ihn leicht auf den Mund, mit warmen, süßen Lippen. Dann lehnte sie
sich zurück und sagte: »Am liebsten würde ich dir einen Stein auf den Kopf hauen und dich von hier wegtragen. Aber davon würde nur der arme Stein kaputt gehen.«
Tavi lächelte sie warm an und wandte sich dem gefangenen Kundschafter zu. »Also gut, Zenturio, hol deine Sachen. Was auch immer passieren wird, es dürfte ein interessantes Gespräch werden.«
15
Durias lief in raschem Tempo los, und der stämmige Sklave bewegte sich überraschend flink durch das offene Land. Wenn Tavi nicht geritten wäre, hätte er wohl kaum mithalten können, obwohl er ja durch die Übungsmärsche mit seinen Männern durchaus gut in Form war. So folgte Acteon dem schnellen Durias in einem trägen Galopp, und sie legten Meile um Meile zurück. Die Felswand neben ihnen flachte zu einem Hügel ab und verschmolz dann langsam mit dem wogenden Gelände des Tals.
Nach ungefähr einer Stunde bog Durias nach rechts ab und führte Tavi in ein junges Wäldchen. Dahinter ging es in eine schmale Schlucht hinunter, die Tavi nicht sehen konnte, ehe Durias sie betrat. Ein Bachbett wand sich durch die Schlucht, und die Wurzeln von Bäumen baumelten aus Erde und Steinen von den Wänden zu beiden Seiten herab.
Der Pfad durch die Klamm teilte sich mehrmals und führte schließlich zu einem alten Wald hinauf, der in den Farben des frischen Frühlingslaubs leuchtete. Der Boden war karg und mit niedrigem Gras bedeckt. Sonnenstrahlen spähten hier und dort
durch die Bäume, und der Wind säuselte unentwegt durch das raschelnde Blattwerk.
Nasaug erwartete ihn.
Tavi erkannte den riesigen Cane mit dem schwarzen Fell sofort wieder. Der selbst in hockender Haltung beinahe neun Fuß große Krieger saß gelassen da. Er trug eine Rüstung aus blutrotem Stahl sowie ein leicht geschwungenes Schwert in einer Scheide an der Seite. Seine Ohren zuckten nach vorn und richteten sich auf Tavi und Durias, und Tavi sah, wie sich auch die Nasenflügel blähten, als er ihre Witterung aufnahm.
Zunächst einmal suchte Tavi die Umgebung ab. Falls eine Flucht notwendig wurde, wollte er wissen, in welcher Richtung er die größten Chancen hatte. Außerdem war er sicher, dass Nasaug nicht der einzige Cane in der Gegend war. Tavi konnte sie zwar nicht sehen, aber die wolfsähnlichen Wesen handelten beinahe immer in der Gruppe.
Tavi lenkte Acteon vorwärts, und das Pferd schnaubte und warf den Kopf hin und her, weil es den Raubtiergeruch des Cane wahrnahm. Es lief nervös seitwärts, doch Tavi führte das Tier mit einer leichten Bewegung der Zügel vorwärts, und das schlachterprobte Pferd gehorchte, bis sie vielleicht zehn Fuß vor Nasaug standen.
»Hauptmann«, knurrte Nasaug. Seine Stimme war tief und volltönend, obwohl sein Aleranisch durch die Fänge und Kiefer verstümmelt wurde. Er legte den Kopf leicht nach rechts.
»Nasaug«, erwiderte Tavi und ahmte die Geste nach. »Wo ist mein Mann?«
Die Ohren des Cane zuckten: eine Geste der Zustimmung, wie Tavi mittlerweile wusste. Nasaug knurrte etwas vor sich hin, und ein anderer, kleinerer Cane mit ergrautem Fell und vielen Narben trat hinter einem dicken Baum hervor und brachte Ehren mit.
Dem Kursor waren die Handgelenke mit Lederriemen gefesselt, sein Hemd war schmutzig, und unter den Augen hatte er dunkle
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