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Der Puls von Jandur

Der Puls von Jandur

Titel: Der Puls von Jandur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mara Lang
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und blies den Puls aus wie eine Kerze. Mit einem einzigen Atemstoß. Fassungslos stierte Matteo auf seinen Bauch.
    Die Kaiserin warf den Kopf in den Nacken und brach in hysterisches Gelächter aus. Sie war geisteskrank, ohne Zweifel.
    Schatten huschten vor der Tür hin und her, Stimmen wurden laut, Reylan setzte zur nächsten Attacke an, Dylora gluckste vor Begeisterung. Das war Ansporn genug.
    Matteo hieß den feurigen Schmerz willkommen wie einen Freund. Sein Puls strahlte auf, tiefgrün und kräftiger als zuvor. Ja, er konnte ihn beherrschen! Er konnte ihn wie eine Waffe nutzen, damit kämpfen. Er konnte Dylora besiegen. Er konnte …
    Ihre Hände formten eine flache Schale, die Handflächen Matteo zugewandt. Fingernägel so spitz wie Krallen. Rot lackiert.
    Lackiert? Wieso lackiert?
    Dylora bleckte die Zähne, gab einen Zischlaut von sich.
    Mit einer schnellen Bewegung zeichnete sie einen Kreis in die Luft. Unsichtbare Messerklingen schlitzten Matteos Bauch auf, heißes Blut spritzte heraus und sein Puls erglühte hell wie ein Blitz.
    Der Schmerz spaltete sein Bewusstsein.
    Lautlos sank er zu Boden und in der Stille seines Wegdämmerns begann eine Nymure zu singen.

Neunzehn
    Der Stein war kalt. Ihn fröstelte. Ein Spiegel breitete sich um ihn herum aus. Rot glänzend. Wie Dyloras Kleid.
    Matteo wollte sich aufsetzen, doch das gelang nicht. Er versuchte zumindest den Kopf zu heben, doch der war viel zu schwer, er brachte ihn nicht vom Fleck. Auch seine Arme fühlten sich tonnenschwer an. Er klebte am Boden fest.
    Über seinem Bauch erhob sich ein grünes Lichtgebilde, strahlend, pulsierend und in sich lebendig. Er suchte nach der richtigen Bezeichnung für das, was aus ihm herausragte, aber er konnte sich nicht entsinnen.
    Gesang umschmeichelte ihn, berückend und unbeschreiblich schön. Matteo wollte nichts lieber, als diese Klänge in sich aufnehmen. Er strengte sich an, durfte nicht einen Ton verpassen, nicht einen einzigen Ton. Im Lauschen wurde er ruhiger.
    Friedvoll.
    Jemand beugte sich über ihn. Ein weiß gekleideter Mann, der ein Gefäß in Händen hielt, eine Vase. Sie war blau, so blau wie … Meer. Ja, Meer. Es war ewig her, dass er am Meer gewesen war. Die Luft schmeckte dort klar. Und salzig. So wie jetzt. Er leckte über die Lippe und lächelte. Salz.
    Der Boden des Gefäßes war grün und hatte eine seltsame Form, die sich ständig änderte. Mal war es ein Stern, dann wieder ein unregelmäßiger Fleck.
    Die Hände senkten das Gefäß tiefer und tiefer, auf seinen Bauch herab. Instinktiv wusste Matteo, dass das grüne Lichtgebilde in dieses Gefäß hinein sollte. Nur - es wollte nicht. Es wich zur Seite, immer wieder. Jetzt tanzte es richtig.
    Ein Schwert jagte den Mann weg.
    »Oh nein. Nein, nein, nein, Matteo.«
    Er blickte in Liths Haselnussaugen und versuchte zu begreifen, weshalb sie so erschüttert war. Sie selbst hatte diesen Showdown inszeniert. Von Anfang an hatte sie vorgehabt, ihn an Dylora auszuliefern. Obwohl sie wusste, was die Kaiserin mit ihm vorhatte. Sie hatte ihn verraten. Wollte ihn verkaufen. Eintauschen. Gegen das Leben ihres Bruders.
    Aus irgendeinem Grund konnte er sie nicht hassen. Vielleicht, weil es ohnehin nichts mehr änderte.
    »Veloy«, zischte Lith. »Sieh zu, dass du an Quell kommst. Schnell. Nur das kann ihn noch retten. Lauf, lauf!«
    Der Junge nickte und verschwand durch die Tür.
    »Dein … Bruder?«, brachte Matteo unter größten Anstrengungen hervor. Die Ähnlichkeit war unverkennbar. Ihr Zwilling. Ihr Teil. Nur sein Gesicht war älter. Fast vier Monde Dienst im Tempel hatten ihn verändert.
    Lith nickte. »Es tut mir so leid. Alles, was ich getan und gesagt habe, war nur für Veloy. Ich musste ihn befreien. Ich musste.«
    Ja, wahrscheinlich musste sie das wirklich. Wenn man jemanden so sehr liebte, musste man ihn retten.
    Er wollte ihr das sagen, wollte ihr sagen, dass er sogar verstand, was sie getan hatte. Es ging nicht. Kein Ton kam über seine Lippen, stattdessen hustete er Blut.
    »Nicht reden. Ruhig. Wir kriegen dich wieder hin. Ich verspreche es …«
    Jetzt musste er beinahe lachen und noch mehr Blut quoll aus seinem Mund. Lith und ihre Versprechungen!
    Nach Hause …
    Lith streichelte seine Wange. Ihre Finger waren kohlrabenschwarz. Die Erfrierungen, erinnerte er sich. »Halt still«, flüsterte sie. »Ganz still.«
    Er war still. Nur seine Atemzüge, die wollten sich nicht beruhigen, und sein Herz raste. Das Blut rann über seinen Bauch, suchte

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