Der Puls von Jandur
hauchte ihren Atem gegen Liths Hände – und bedeckte sie mit Raureif. Glitzernde Eiskristalle, die sich vermehrten, eine Eiskruste bildeten.
Kreischend ließ Lith von der Kaiserin ab. Für Sekunden hielt sich das Eis auf ihrer Haut, dann schmolz es weg. Tropfte auf den Steinboden. Ihre Finger und der Handrücken verfärbten sich erst rot, dann dunkelblau, fast schwarz. Liths Hände zuckten, sie konnte sie nicht mehr bewegen. In Matteo nahmen Schmerz und Hitze unerträgliche Ausmaße an.
Die Soldaten wollten Lith wegschleifen. Erneut bäumte sie sich auf. Trat mit den Füßen um sich und wehrte sich heftig gegen den Griff der Männer. »Veloy! Nein! Lasst ihn frei!«
»Raus!« Die Kaiserin wies zur Tür und Reylan stieß sie auf.
Liths Schreie wühlten sich in Matteos Herz. Sie würde kämpfen bis zum letzten Atemzug.
Und er auch.
Jetzt.
Er musste nichts tun, nur loslassen. Sein Puls schnellte wie ein Gummiball aus seinem Bauch und er schrie vor Schmerz auf. Vor ihm erstarrten sie zu Stein, alle, einschließlich Lith. Die plötzliche Stille hatte eine Stimme. Ein zartes Summen – es war der Puls.
Dyloras Augen blitzten. »Unglaublich«, flüsterte sie.
Ja, es war unglaublich. Der Schmerz war weg und Matteo wurde erstmals klar, dass es nicht damit getan war, den Puls nur zu entflammen. Er musste ihn am Brennen halten, sonst würde er, schwups, wieder in seinem Soplex verschwinden. Schon fühlte er, wie sich sein Bauch zusammenkrampfte und den Energiestrahl einsaugte. Shit! Er war ein Idiot!
»Bruder Pos!«, rief die Kaiserin. »Ein Hanforo, schnell! Und die Nymure!«
Am Gang hallten Schritte, dann fing Lith wieder an zu toben und Matteo erkannte verblüfft, dass sie seinen Namen schrie. Immer wieder. Maris schlug ihr ins Gesicht, das Blut schoss aus ihrer Nase, doch sie hörte nicht auf. Schrie nur noch lauter. Da trat ihr der Soldat mit dem Fuß in die Seite und Lith verstummte mit einem Stöhnen.
Matteos Wut brannte wieder auf und mit ihr der Schmerz. Sein Puls sauste als grüner Energiestrahl voran und traf Maris am Kinn. Sein Kopf wurde zur Seite geschleudert, er knallte mit dem Rücken gegen den Türstock und glitt daran zu Boden.
Bewusstlos, wow! Ein göttlicher Kinnhaken. Die Brandwunde leuchtete in fabelhaftem Rot.
Dylora ging langsam auf Matteo zu. »Reylan, ergreift ihn! Und bringt diese Squirra weg! Sofort!«
Heyden zerrte Lith hoch und schleppte sie nach draußen.
Matteo wusste nicht, wohin er sich wenden sollte. Von links nahte die Kaiserin – und ihr tückischer Atem –, von vorne Reylan. Er hatte seinen Dolch gezogen, schien aber unschlüssig, ob und wie er ihn einsetzen sollte. Seltsam – Matteo konnte seine Gedanken nahezu hören.
»Nein, Reylan.« Dylora hob abwehrend die Hand. Sie zitterte merklich. »Weg mit dem Dolch. Denkt wie bei einem Faustkampf.«
Sie bewegte sich seitlich, Matteo drehte sich mit ihr mit. Sein Puls ruhte jetzt als flackernde Kugel vor seinem Bauch und er konzentrierte sich darauf, ihn dort zu halten. Gleichzeitig durfte er Reylan nicht aus den Augen lassen, der, die Hände zu Fäusten geballt, auf einen Angriff wartete und ihn ebenfalls umkreiste. Sie waren wie Zeiger auf einem Ziffernblatt und Matteo war das Zentrum der Uhr.
»Ja, komm, mein Junge«, säuselte Dylora, als wollte sie ihn ermutigen. Oder anfeuern. Von ihrem Haarturm hatten sich Strähnen gelöst, sie klebten an ihren erhitzten Wangen. »Komm, greif mich an! Das willst du doch, nicht wahr? Du willst mich töten, ich lese es in deinen Augen.«
Wollte sie ihn aus dem Konzept bringen? Da hatte sie sich geschnitten, ihre klebrig süßliche Stimme stachelte ihn nur noch mehr an.
Reylan sprang vor und Matteos Abwehr kam schnell und gezielt. Er jagte Reylan den Pulsstrahl in den Bauch, so dass er stöhnend in die Knie brach.
Die Kaiserin lachte hell. »Gut so, Junge. Matteo. So heißt du doch. Nur weiter.«
Reylan war hart im Nehmen und er war zornig. Er griff erneut an. Matteo parierte, diesmal duckte sich Reylan und der Puls brauste gegen die Wand. Verputz rieselte herab, bizarre Sprünge kletterten über die Mauer, es knirschte. Ein riesiger Steinbrocken löste sich und krachte zu Boden. In der Tür erschien ein Quellbruder, Matteo pfefferte ihm eine Energiesalve vor die Füße. Ha! Er wurde besser und besser.
»Sehr gut!«, rief Dylora entzückt und machte Matteo damit so rasend, dass er den Lichtstrahl in ihre Richtung schickte.
Sie hob die Hand, als wollte sie sich verteidigen –
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